Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den formellen Anforderungen entspricht, kann der oder die Abmahnende vom Gegenüber Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Das Stellen einer Rechnung mit einer Summe von 180 Euro zuzüglich Steuern ins Blaue hinein ist jedoch nicht möglich. Außerdem: Die fehlende Systembeteiligung sowie die Werbung mit einer LGA-Prüfung.
Diese Abmahnung wirft Fragen auf
Wer? Ein Online-Unternehmen
Wie viel? 214,20 Euro
Wer ist betroffen? Online-Händler:innen allgemein
Die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer greifen bei Verdacht auf einen Wettbewerbsverstoß auf eine Rechtsanwaltskanzlei zurück, denn zu komplex ist das Rechtsgebiet und zu umfangreich die einzuhaltenden Formalien im Falle einer Abmahnung. Einige Menschen wollen jedoch besonders clever sein und mahnen selbst und im eigenen Namen ab. Sie stellen, wie es eine beauftragte Kanzlei tun würde, auch eine Rechnung und entwerfen eine Unterlassungserklärung.
Bei einem aktuellen Schreiben gibt es jedoch einige Punkte, die beweisen, dass das ohne juristische Expertise keine gute Idee ist. Das Schriftstück wurde von dem abmahnenden Unternehmen selbst erstellt und versendet und ohne nähere Begründung ein Verstoß behauptet, der nicht nachvollziehbar war. Auch die verlangten 180 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer sind nicht nachvollziehbar, denn anders als die Rechtsanwaltschaft mit einer festen Gebührenordnung darf man im Abmahnfall lediglich „die erforderlichen Aufwendungen“ verlangen. Bis auf die Kosten für die Briefmarke oder einen Testkauf fallen Ausgaben bei Abmahnungen in Eigenregie aber nicht an.
Formell und inhaltlich bedarf jegliche Abmahnung daher einer rechtsanwaltlichen Überprüfung. Da es sich lediglich um einen Einzelfall handelt, haben Online-Händlerinnen und Händler derzeit keine neue Welle zu befürchten. Aus diesem Grund haben wir die Abmahnerin auch anonymisiert.
Fehlende Systembeteiligung
Wer mahnt ab? Landratsamt Steinfurth
Wie viel? –
Wer ist betroffen? Online-Händler:innen allgemein
Bekannt ist unter Online-Händlerinnen und Online-Händlern, dass in Sachen Verpackungsgesetz ein erhebliches Abmahnrisiko besteht. Grund dafür ist besonders das Verpackungsregister LUCID: Wer hier nicht auftaucht, ist auch nicht registriert. Und wer nicht registriert ist, obwohl die Registrierung Pflicht wäre, der wird von potenziellen Abmahnern im öffentlich einsehbaren Register schnell einmal vermisst und erhält teure Post. So geschehen in einem Anhörungsschreiben, welches uns ein Unternehmen zur Verfügung stellte.
Dass es neben den klassischen Abmahnungen auch Ärger mit den Behörden geben kann, ein Fehlen der Systembeteiligung ist bußgeldbewehrt, beweist ein aktuelles Schreiben.
Werbung mit einer LGA-Prüfung
Wer? Quante-Design GmbH & Co. KG (über die Kanzlei Dr. Bahr)
Wie viel? 1.242,84 Euro
Wer ist betroffen? Händler von Sonnenschirmen, Sonnensegeln und Zubehör
Eine weitere Abmahnung beweist, was so offenkundig erscheint: Siegel und Zertifikate werden getreu dem Motto „Je mehr, desto besser“ verwendet. Ein Testergebnis darf aber nur verwendet werden, wenn dabei über die Grundinformationen (wie Prüfkriterien und Prüfergebnisse) informiert wird. Nichts anderes gilt für die Aussage „LGA geprüft“. Das urteilte übrigens schon 2016 der BGH: Es sei erforderlich, bei der Bewerbung einer Ware mit den Prüfzeichen (hier: "LGA tested Quality" und "LGA tested safety") anzugeben, wo der Verbraucher Informationen zu den der Vergabe dieser Zeichen zugrunde liegenden Prüfverfahren finden kann (BGH, Urteil vom 21. Juli 2016, Az.: I ZR 26/15).
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