Die Meinungen zum Thema Abmahnungen sind geteilt: Einige Online-Händler finden sich schlicht und ergreifend damit ab, dass sie mit Abmahnungen im E-Commerce leben müssen. Andere hingegen geben auf und machen bei größeren finanziellen Engpässen die Schotten dicht. Aber es geht auch anders: Getreu dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ können Abmahnungen wegen Rechtsmissbrauchs bekämpft werden.
Wie erkenne ich eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung?
Welche Indizien für einen Rechtsmissbrauch sprechen, haben wir mehrmals als Thema unserer Beiträge gehabt, unter anderem in diesen:
Ausnutzung des fliegenden Gerichtsstandes ist Rechtsmissbrauch?
Wann sind Abmahnungen rechtsmissbräuchlich?
Rechtsmissbrauch: 43 Abmahnungen in einer Woche
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten: Abmahnungen sind zwar eine legale Maßnahme, um den ordnungsgemäßen Wettbewerb zu sichern. Wenn der gerügte Verstoß aber nur deshalb geltend gemacht wird, um „überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen“ zu verfolgen, ist dies rechtsmissbräuchlich.
Die neueste Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch
Nicht alle Abgemahnten lassen sich eine Abmahnung gefallen. Hat ein Abmahner erst ein neues Gewerbe angemeldet und bereits kurze Zeit später 16 Abmahnungen bei einem einzigen Gericht in Bearbeitung, sei dies „äußerst ungewöhnlich“. Erst recht, wenn der Verkäufer selbst erst zehn Käufer hatte und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Umsätze im unteren vierstelligen Bereich erzielt hat (Landgericht Kempten, Urteil vom 14.11.2016, Az.: 23 O 1660/16). Die Rechtsanwaltskanzlei des Abgemahnten hat das Urteil im Volltext auf ihrer Webseite veröffentlicht. Über ein weiteres ähnliches Verfahren (Urteil vom 14.11.2016, Az.: 22 O 1659/16) berichtet die Kanzlei Faustmann-Neumann hier (Abmahner Arthur Schifferer).
Auch haben bereits mehrere Gerichte entschieden, dass Abmahnungen zur reinen Gewinnerzielung rechtsmissbräuchlich seien. Ein ganz aktueller Fall bestätigt dies: Verfolgt ein Unternehmen überwiegend Eigeninteressen, namentlich die Erzielung von Abmahnkosten und die Zahlung von Schadensersatz, sei dies ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen (Landgericht Hamburg, Urteil vom 07.02.2017, Az. 312 I 144/16).
Praxistipp
Fallen beim ersten Lesen die sehr kurzen Fristen oder extrem hohe Gebühren auf, kommt bei vielen Händlern der Verdacht auf, dass es nicht in erster Linie um den fairen Wettbewerb geht. Spätestens an diesem Punkt sollte sorgfältig geprüft und abgewogen werden, ob neben der eigentlichen Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen noch andere Motive eine Rolle spielen. Ist die Abmahnung tatsächlich rechtsmissbräuchlich, kann der Abgemahnte die Erstattung der eigenen Rechtsverfolgungskosten verlangen. Nichtsdestotrotz sind die überwiegende Anzahl der Abmahnungen berechtigt und inhaltlich nicht mit dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs angreifbar.
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Mit freundlichen Grüßen
Bonface
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Ich kann mich nur wiederholen. Die Abmahnungen sind zu 99% Abzocke.
Der "Streitwert" steht in keinem angemessenen Verhältnis zum herbei gewünschten "Wettbewerb" - oft das Tausendfache und höher.
"Fliegendes Gerichte" sind Helfer der Abmahnindustrie . Das es um fairen Wettbewerb geht ist fast immer eine Lüge der Abmahner.
Es soll mir doch einer mehrere Fälle belegen wo tatsächlich ein tatsächlicher Wettbewerbsnach teil in angemessener Höhe - z. B. das 10Fache des Produktpreises bestraft wurde.
VW verschaffte sich ein Wettbewerbsvort eil mit falschen Angaben und zahlt in Deutschland 0,00 €.
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