Formfehler: Welche Mindestanforderungen gibt es bei Abmahnungen?

Veröffentlicht: 21.08.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 21.08.2017

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Auch die Abmahner und deren Anwälte sind nicht fehlerfrei. Wer Abmahnungen am Fließband produziert, dem unterlaufen auch Fehler. Das kann für die Betroffenen eine Chance sein, dem Abmahner den Spiegel vorzuhalten.

Kämpfen
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Keine Vorwarnung nötig

Für viele betroffene Händler ist die Abmahnung an sich schon ein großes Ärgernis. Sie sind also schon mit dem kostenpflichtigen Schreiben einverstanden. Doch dazu ein Hinweis gleich vorweg: Es ist nicht erforderlich, dass der Abmahner den Konkurrenten bereits auf der Vorstufe kostenfrei auf den Fehler hinweist. Im Gegenteil, der Abmahner kann im Ernstfall sogar sofort zu Gericht gehen und den Mitbewerber auf Unterlassung (der Fehler) verklagen. Dies kann zwar negative Kostenfolgen für den klagenden Unternehmer haben. Eine rechtmäßige Option ist es dennoch.

Anforderungen an den Inhalt

Obwohl das Gesetz selbst keine konkreten Anforderungen an den Inhalt stellt, den eine Abmahnung haben muss, haben Praxis und Rechtsprechung bestimmte Mindestanforderungen entwickelt.

  • Darlegung des Wettbewerbsverhältnisses

Zur Abmahnung ist, abgesehen von bestimmten Verbänden und Vereinen, der Mitbewerber berechtigt. Um für den Abgemahnten auch sinnvoll nachzuvollziehen, soll im Abmahnschreiben auch genannt werden, wer abmahnt und in welchem Verhältnis beide Parteien zueinander stehen. In der Abmahnung muss das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses in nachvollziehbarer Weise behauptet werden (OLG Hamburg, Beschluss vom 20.2.2009, Az.: 3 W 161/08, Tz. 6).

Das gilt auch für Abmahnverbände und –vereine. Verbände, deren Anspruchsberechtigung nicht weithin geläufig ist, müssen in einer von ihnen ausgesprochenen Abmahnung nähere Angaben zu ihrer Abmahnberechtigung machen (OLG Hamm, Beschluss vom 23.2.2017, Az.: 4 W 102/16, Tz. 7). Eine Pflicht, die einzelnen Verbandsmitglieder namhaft zu machen, treffe einen Verband bei der Abmahnung aber noch nicht. 

  • Beschreibung des gesetzeswidrigen Verhaltens

Selbstredend sollte der Kern, um den es in der Abmahnung geht, auch einen wesentlichen Teil des Schreibens einnehmen. Nur, wenn der Abgemahnte weiß, was ihm zur Last gelegt wird und wo dafür die Grundlage liegt, kann er seinen Fehler nachvollziehen, überprüfen und abstellen. Dabei sind keine seitenweisen Ausführungen zu rechtlichen Grundlagen notwendig, jedoch muss der Kern der Verletzung genannt werden. Beweismittel brauchen nicht enthalten sein.

  • Die Forderung der Abgabe der Unterlassungsverpflichtung

In einer Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Online-Händler gegenüber dem Abmahnenden, zukünftig das konkrete wettbewerbswidrige Verhalten zu unterlassen. Zur Abgabe einer Unterlassungserklärung soll bereits in der Abmahnung aufgefordert werden, sie muss jedoch nicht notwendigerweise in vorformulierter Form beiliegen. Vorformulierte Unterlassungserklärungen sind jedoch die Regel. Achtung: Der Abgemahnte ist nicht geschützt vor einer zu weitgehenden Unterlassungserklärung. Auch mit falschem Inhalt sind sie verbindlich.

  • Frist

Nicht fehlen darf natürlich die Frist, bis zu der die Unterlassungserklärung unterschrieben zurückgesendet werden muss. Dass sie subjektiv meist viel zu kurz erscheint, ändert nichts an deren Rechtmäßigkeit.

  • Inaussichtstellen gerichtlicher Schritte

Nur die Abgabe einer Unterlassungserklärung gibt dem Abmahner die Garantie, dass der Abgemahnte den Fehler künftig nicht mehr begehen wird. In einigen Fällen ist der Abmahner jedoch nicht gewillt, das freiwillig zu tun. Nur ein Gericht kann dann noch Abhilfe schaffen und durch eine sogenannte Einstweilige Verfügung Rechtssicherheit herstellen. Drohende gerichtliche Schritte muss der Abmahner in der Abmahnung daher zumindest androhen.

Eine Mitsendung der Vollmacht des Rechtsanwaltes ist zwar weit verbreitet und üblich, jedoch keine Pflicht, wenn der Abmahnung die vorformulierte Unterlassungserklärung beiliegt.

Besonderheit: Anforderungen bei urheberrechtlichen Abmahnungen

Bilder- und Contentklau nehmen zwar leicht ab, wie der Händlerbund in einer Studie durch den Vergleich der Jahre 2016 und 2015 herausgefunden hat. Weil die Kosten hier jedoch um Einiges höher als bei einem Wettbewerbsverstoß sein können, sind die Anforderungen an die Abmahnungen auch etwas schärfer.

Der Verletzte soll vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und dem Gegner Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung beizulegen.

Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise

  • Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
  • die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
  • geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
  • wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Eine Abmahnung, die nicht die vorgenannten Mindestinhalte enthält, ist unwirksam.

Anforderungen an die Form

Obwohl es für viele ungewöhnlich erscheint, eine vorgeschriebene Form gibt es für Abmahnungen jedoch nicht. Es ist also keine Pflicht, die Abmahnung per Brief zu senden. Sie darf per Fax oder E-Mail verschickt werden. Der Regelfall ist jedoch immer noch die schriftliche Abmahnung, ggf. kombiniert mit einer Vorabübersendung per Fax. Der Abmahnende muss nur die Absendung der Abmahnung nachweisen. Das Risiko des Zugangs trägt der Abgemahnte. 

Um die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu wählen, ist professionelle Hilfe unverzichtbar. Ob die Abmahnung unbegründet ist oder aus formellen Gründen lückenhaft, Möglichkeiten der Verteidigung können am besten mit dem Rechtsanwalt entwickelt werden.

In eigener Sache

Nicht wenigen Händlern stellt sich die Frage, wie sie sich gegen eine Abmahnung wehren können - gilt hier „Auge um Auge, Zahn um Zahn“? Verteidigungsmaßnahmen gibt es viele, die entweder für sich genommen oder in Kombination infrage kommen. Einen Überblick können sich Abgemahnte in unserem Onlinehändler Magazin-Artikel aus dem April holen. Unter folgendem Link können Sie sich die Ausgabe kostenlos herunterladen. Viel Spaß beim Lesen und Kämpfen! 

Onlinehändler Magazin 04/2017 kostenlos downloaden!

 

Kommentare  

#2 LohrerMopper 2017-08-24 08:30
Die Möglichkeit der Abmahnung wurde vor langer Zeit zum Schutze der Verbraucher eingeführt. Daraus hat sich, gerade durch die Zunahme des Online-Handels eine Industrie entwickelt, die mit dem Verbraucherschu tz noch sehr wenig zu tun hat.

Gerade das Abmahnen von privaten Händlern auf der Ebay-Handelspla ttform. diese würden gewerblich handeln, ist eine Ungerechtigkeit.
Schließlich kann jeder Privatmann an jedem Wochenende auf jeden Flohmarkt unbehelligt seine Waren anbieten. Er braucht kein Impressum, keinen OS-Link, nichts.

Ist das Gerecht ?
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#1 Roland Bär HV 2017-08-23 15:14
diese "Mindestanforde rungen" sind lächerliche Hürden.
Solange keiner den angeblich möglichen Nachteil begründen muss und ein konkretes tatsächliches Wettbewerbsverh ältnis vorweisen muss ist und bleibt es STAATLICH LEGITIMIERTE ABZOCKE.
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