Wie gelingt es, gegen den Missbrauch von Abmahnungen vorgehen? – Eine Frage, mit der sich auch die Politik in den vergangenen Monaten immer wieder auseinandergesetzt hat. Um das Problem zu lösen, plant Justizministerin Katarina Barley (SPD) ein neues Gesetz. Und damit will sie Abmahnern den Missbrauch schwerer machen.

Das System der Abmahnungen, das eigentlich den fairen Wettbewerb stärken soll, wird – zum Leidwesen der Branche – nicht selten auch missbraucht. Zum Beispiel wird es genutzt, um Mitbewerber zu diskreditieren. Darüber hinaus gilt es auch als Einnahmequelle für Kanzleien und andere Marktteilnehmer.
Um einen solchen Missbrauch künftig zu unterbinden, gab es in den vergangenen Monaten bereits einige Vorschläge aus der Politik, von denen es jedoch noch keiner bis zur „Marktreife“ geschafft hat. Nun hat sich Justizministerin Katarina Barley von der SPD zu Wort gemeldet: Sie plant ein neues Gesetz, das dem Abmahnmissbrauch Einhalt gebieten soll. Der Grundgedanke dahinter ist: Barley will die Anforderungen an Abmahner so weit hochschrauben, dass vielen unseriösen Abmahnern quasi die Klagebefugnis entzogen wird.
Regeln für Abmahner sollen strenger werden
„Abmahnungen sollen im Interesse eines rechtsneutralen Wettbewerbs beziehungsweise der Durchsetzung von Verbraucherrecht erfolgen und nicht zur Generierung von Aufwendungsersatz und Vertragsstrafen genutzt werden“, zitiert das Handelsblatt aus dem entsprechenden Gesetzentwurf. Dieser befindet sich aktuell in der regierungsinternen Ressortabstimmung. Dabei gibt es ganz konkrete Strategien, um dem Abmahnmissbrauch beizukommen. Das Maßnahmenbündel sieht folgende Aspekte vor:
Höhere Anforderungen an die Klagebefugnis
Wenn höhere Anforderungen an eine Klagebefugnis gestellt werden, heißt dies zugleich, dass jene Marktteilnehmer nicht mehr abmahnen können, die den erhöhten Standards nicht mehr gerecht werden. Vielen unseriösen Abmahnern würde somit die Grundlage ihres Geschäfts verloren gehen.
„Mitbewerber sollen nur dann klagebefugt sein, wenn sie ‚in nicht unerheblichem Maße ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen‘“, heißt es beim Handelsblatt weiter. Händler aus anderen Segmenten oder Händler, die quasi nur zum Schein eine Handvoll Produkte verkaufen, um sich vormals auf diesem Wege eine Klagebefugnis zu sichern, würden dann durch das Raster fallen und dem Abmahnmissbrauch nicht mehr dienen können.
Hohe Abmahn-Anforderungen an Verbände
Wie bereits in der Vergangenheit, sollen auch in der Zukunft Wirtschaftsverbände die Möglichkeit haben, abzumahnen. Klageberechtigt sollen sie allerdings nur sein, wenn sie es auf eine Liste von „qualifizierten Wirtschaftsverbände“ schaffen. Um dies zu erreichen, müssen sie eine Zahl von mindestens 50 Unternehmern als Mitglieder vorweisen können, „die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“.
Darüber hinaus – und das ist entscheidend im Kampf gegen den Abmahnmissbrauch – dürften sie die Ansprüche, die sie im Rahmen einer Abmahnung oder Vertragsstrafe erheben, nicht vorwiegend aus dem Grund geltend machen, um selbst Einnahmen zu generieren.
Streitwert soll gedeckelt werden
Auch die Höhe des Streitwerts soll mit Blick auf unerhebliche Verstöße begrenzt werden, um Abmahnanwälten sozusagen Grenzen zu setzen. Hintergrund ist, dass sich aus dem Streitwert die Vergütung der Rechtsanwälte bemisst. Das heißt, dass Fälle mit potenziell geringem Streitwert für Abmahnanwälte tendenziell uninteressanter sein können als Fälle mit hohem Streitwert. Im Blick hat der neue Gesetzesentwurf eine Höhe von maximal 1.000 Euro.
Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes
Im Rahmen des sogenannten „fliegenden Gerichtsstandes“ konnten sich Abmahner bisher selbst aussuchen, bei welchem Gericht sie gegen Verstöße von Mitbewerbern vorgingen. Das hat für sie den Vorteil, dass sie sich dabei in der Regel für jene Gerichte entscheiden, die in vergleichbaren Fällen für die Abmahner entschieden haben. Somit steigt die Erfolgschance. Und genau dieses Prozedere soll nach dem neuen Gesetzesentwurf ebenfalls abgeschafft werden.
Schadensersatzansprüche müssen nachvollziehbar sein
Der neue Entwurf sieht außerdem vor, dass der Abmahner „nachvollziehbar und verständlich“ erklärt, worauf seine Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche fußen und welche Kriterien dabei berücksichtigt werden. „Dies erhöht die Transparenz für den Abgemahnten und versetzt ihn in die Lage, bereits vorgerichtlich zu überprüfen, ob die geltend gemachten Ansprüche der Höhe nach berechtigt sind“, zitiert das Handelsblatt aus dem Gesetzentwurf.
Abschließend kann zum Entwurf noch Folgendes gesagt werden: Während es in der Vergangenheit bereits Vorschläge gab, Gesetze auf den Weg zu bringen, um DSGVO-Abmahnungen bzw. Abmahnungen, die in Verbindung mit dem Datenschutz stehen, zu untersagen, sieht der neue Gesetzesentwurf ein solches Vorgehen nicht vor. Wenn Unternehmen Datenschutzverstöße in erheblichem Maße begehen und sich auf diese Weise womöglich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen, muss es demnach auch die Möglichkeit geben, diese Verstöße zu ahnden.
Dennoch schätze das Ministerium die Lage so ein, „dass mit den geplanten Vorgaben 50 Prozent der missbräuchlichen Abmahnungen im Wettbewerbsrecht verhindert werden können“.
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Verstöße (vor allem Folgeverstöße gegen Unterlassungsve rträge) geschehen u.a. deshalb so oft, weil
Plattformen anfällig für IT-Fehler sind und die entsprechenden Informationen darüber von den Plattformen
unterschlagen werden. Das Dramatische: Die IT-Fehler (= Abspeichern von Änderungen funktioniert in
einzelnen Produkten nicht) werden als Flüchtigkeitsfe hler interpretiert !
Insgesamt muss aber zwischen folgenden Problembereiche n unterschieden werden, welche - insbesondere
auf Plattformen - außerhalb der Kontrolle der Händler liegen:
a) Von internationalen Plattformen werden oft keine rechtssicheren Rahmenbedingung en zur Verfügung gestellt (z.B. Grundpreisangab en oder Lieferzeitangab en können nicht oder nur notdürftig korrekt angegeben werden.).
b) Darstellungsfehler: Rechtlich relevante Informationen werden nicht korrekt dargestellt, z.B. in Abhängigkeit von der gewählten Browsereinstell ung oder aufgrund von BUGs (aktuelles Beispiel: Auf der Plattform Etsy werden die zusätzlichen Pflichtinformat ionen zu E-mail-Adresse und Telefonnummer im Impressum nicht zuverlässig dargestellt - damit sind alle Etsy-Händler abmahngefährdet)
c) IT-Fehler führen dazu, dass "alte Texte" in den Produkten auftauchen bzw. alte Widerrufbelehru ngen wieder anhängig sind (z.B. aufgrund von Serverüberlastu ngen). Auf diese Art und Weise entstehen viele der sogenannten Bagatellverstöß e in einzelnen Produkten.
Gerade während einer Abmahnwelle passieren diese Fehler besonders häufig, wenn extrem viele Produkte gleichzeitig bearbeitet, gelöscht oder pausiert werden - ganze Shops nacheinander schließen.
Und: Bei allen Verstößen, welche durch diese Systemfehler zustande kommen, müssen immer die Händler haften ! Beispiele dafür gibt es genug: Händler auf Amazon haften für die Fehler Dritter. Amazon selbst greift teilweise wettbewerbswidr ig in die Produktbeschrei bungen eingreift. Die aktuellen Probleme auf Ebay wegen willkürlicher Änderung der Angaben zur Widerrufsfrist. Fehler in der vollständigen Anzeige des Impressums bei Etsy... die Liste ist endlos. Mal ganz abgesehen von schlichten Abspeicherungsf ehlern - die an der Tagesordnung sind !
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Es existieren keine valide, repräsentative Daten, welche eigentlich die Grundlage eines Gesetzesentwurf es sein sollten !!! Wie kann das sein ? Dies machen die "Kleinen Anfragen" von FDP und den Grünen deutlich.
Daten zur Häufigkeit und Gründen (differenziert abgefragt !!!) sollten dringend zunächst über eine große angelegte, wissenschaftlic he durchgeführte Studie erhoben werden. Löblich, was Trusted Shops hier angestoßen hat - aber natürlich werden durch diese Studie - zumindest auch - wirtschaftliche Interessen verfolgt.
Dies ist nicht Aufgabe eines Wirtschaftunter nehmens, dass letzten Endes auch mit vom Abmahnwesen profitiert - sondern wohl eher Aufgabe des Staates.
Langfristig dürfte jedoch wohl die Einrichtung einer zentralen Meldestelle (Vorschlag der Grünen-Abgeordn ete Dr. Manuela Rottmann) unabdingbar sein. Nicht nur als "Diagnoseinstru ment" sondern vor allem auch als "Präventiv-Maßn ahme". Eine zentrale Stelle, an der alle Abmahner ihre Abmahnung/Vertr agstrafenforder ungen melden müssen, würde die Hemmschwelle für den Missbrauch durch massenhafte Abmahnung von Kleinunternehme rn wegen geringfügiger Verstöße deutlich anheben. Die Trusted Shops Studie bietet dafür einen guten Ansatzpunkt, ist jedoch kein Ersatz für eine objektive und wissenschaftlic h angelegte Studie.
Dennoch sind die Ergebnisse erschreckend und sprechen für sich:
55% aller Abmahnungen werden durch einen einzelnen Verband ausgesprochen!
Abmahnmissbrauc h findet also nicht in erster Linie durch einzelne Betrüger statt - natürlich auch, aber nicht in der Häufigkeit ! Abmahnmissbrauc h geschieht durch etablierte Vereine, die sich nicht vorrangig an den Abmahnkosten des einzelnen Falles bereichern, sondern an der hohen Anzahl (!) und vor allem an den Vertragsstrafen . Vereine, die Rechtsmissbrauc h mit System betreiben, durch Abmahnung von Verstößen, die auch ein geübter Laie finden kann. Wobei Ihnen nicht nur die unübersichtlich e Gesetzeslage hilft, sondern: Auch der wachsende Handel auf Online-Marktplä tzen. Konsequenz: leichte Auffindbarkeit und IT-Fehler, in Kombination mit der fahrlässigen Informationspol itik von Plattformen, die noch nicht einmal ein rechtssicheres Grundgerüst zur Verfügung stellen.
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Danke schon mal im Voraus an die Justizministeri n Katarina Barley (SPD).
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Hab selbst in 2 ähnliche Fälle innerhalb 3 Jahren (2x JUS DIREKT) teilweise zahlen müssen.
Von dieser Anwaltskanzlei kommen sogar die ABMAHNUNGEN SONNTAGS um 18 Uhr. Zeichen, dass die Anwälte eine Quelle (Gesetzlücke) für leicht verdientes Geld gefunden haben.
GRUND FÜR ABMAHNUNGEN:
1x Rückgabe auf eBay nicht richtig beschrieben. Der Anwalt von JUTDIREKT verlangte 700,00 Euro dafür.
1x Verlinkung auf eBay zu der "EU Plattform für die außergerichtlic he OnlineStreitbei legung (OS-Plattform)" war nicht richtig aktiviert. Der Anwalt von JUTDIREKT verlangte 700,00 Euro dafür.
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Das kompletten Summen wurden mit viel Mühe reduziert. Fehler oder Unwissen möglich?!?! Trotzdem ist das ungerecht!
Für ein Textfehler oder fehlender Link mit 1.500,00 Euro als Abmahnung zu kassieren und unglaublich. >> Und die Anderen Händler müssen dafür arbeiten. Ich hoffe das Gesetz kommt bald und erschwert diese Anwaltsabzocke.
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Am Entwurf erkenne ich die Lobbyarbeit der Abmahnmafia.
IDO, Sandhage sollten allesamt zur Wiederaufforstu ng des illegalen Holzeinschlages nach Sibirien verbannt werden.
Ich frage mich wie rechtfertigen diese Verbrecher Ihren Kindern, Verwandten und Bekannten, Freunde haben sicherli kaum, ihren Gelderwerb.
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Wenn man dazu wirklich etwas tun will dann dürfen keine interpretations fähigen Begriffe verwendet werden (wie z.B. erheblich,..).
Ein alter Vorschlag würde das Problem einfach und leicht prüfbar, nachvollziehbar beheben.
1. Anschreiben betreffend Abmahnung: Kosten 50,00€ - max. 100,00€
Angabe: was wird bemängelt
Wer abmahnen darf muss m. e. wie oben eingeschränkt werden.
Verbände (sprich Abmahnvereine) dürfen NICHT abmahnen!
Bei unberechtigten Mängeln Schadensersatzp flicht des Abmahners.
Abmahnungen mit den üblichen Wortklaubereien dienen nur den Abmahnern - der "Kunde" hat davon keinerlei Vorteile.
2. Wenn nach dem ersten Mahnschreiben (innerhalb von 2-4 Wochen) bei berechtigten Mängeln nichts geändert wird: Abmahnung wie bisher möglich.
Im 1. Schritt ist nichts zu verdienen - und damit lohnen sich Abmahnungen nicht mehr. Dann und nur dann ist das Thema praktisch vom Tisch.
Die Ausführungen von AundM bestätige ich gerne.
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Da trüge der Abmahner zunächst die Auslagen und würde sich das überlegen. Und der Abgemahnte hätte die Möglichkeit, einen - in aller Regel geringen - Verstoß zu korrigieren.
Ausnahmen wären erhebliche Verstöße z.B. gegen das Urheberrecht o. ä.
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Unsere Gesellschaft besteht immer mehr aus Neidern die anscheinend Spaß daran haben anderen zu schaden und Sie in den Riun zu treiben.
Armes Deutschland. Und unsere Poliker haben eh keinen A..... mehr in der Hose um dagegen vorzugehen.
Mit solchen lapidaren Gesetzen wird sich nichts ändern.
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