Warum eine harmlose Suchfunktion im Shop zur Abmahnfalle werden kann

Veröffentlicht: 05.06.2025
imgAktualisierung: 05.06.2025
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 2 Min.
05.06.2025
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ca. 2 Min.
Virtuelle Suchfunktionen auf Webseiten
Variant / Depositphotos.com
Jeder Shop hat eine Suchfunktion. Doch was kaum jemand weiß: Genau diese Funktion kann zur markenrechtlichen Abmahnfalle werden.


Ein Kunde tippt „Adidas Sneaker“ in die Suchleiste deines Shops – du verkaufst die Marke aber gar nicht. Statt einer Fehlermeldung zeigt dein System clevererweise nun Sportschuhe von Nike, Vans und Converse an. Du denkst: Super, alles richtig gemacht. Hauptsache, der Kunde kauft etwas. Doch plötzlich flattert eine markenrechtliche Abmahnung ins Haus. Wie kann das sein?

Markennutzung durch die interne Suchfunktion

Was viele Händler:innen nicht wissen: Auch wenn sie selbst keine geschützten Markennamen in ihrem Shop einsetzen (z. B. in der Werbung), kann schon die bloße Anzeige von Produkten nach einer markenbezogenen Suchanfrage eine Markenrechtsverletzung darstellen. Wie im Beispiel unserer Sneaker. Ein weiterer bekannter Fall ist auch das sogenannte Ortlieb-Urteil des Bundesgerichtshofs. Nutzer:innen suchten auf Amazon nach „Ortlieb“, einer Marke für Fahrradtaschen. Amazon zeigte auch Produkte anderer Hersteller an und ein jahrelanger Streit nahm seinen Anfang.

Halten wir also fest: Wenn jemand nach einem bekannten Markennamen sucht – und der Shop alternative Produkte zeigt, die nichts mit der Marke zu tun haben, kann das ein Verstoß sein, wenn man damit die Strahlkraft einer bekannten Marke nutzt, um Kund:innen auf das eigene Angebot zu lenken. Das ist ein bisschen so, als würde man ein Schild mit „Coca-Cola-Verkauf hier!“ aufstellen – und wenn jemand kommt, drückt man ihm einfach eine Pepsi in die Hand.

Aber man sieht doch, dass die Sneaker nicht von Adidas sind!?

Nun wird man einwenden, dass doch alle sehen können, dass es im Shop nur Alternativen gibt. Schließlich steht der Markenname ja auch nirgends beim Artikel, sondern Nike. Verständlich also, dass viele Unternehmen so eine Strenge für übertrieben halten. Doch die Gerichte sehen darin oft mehr als nur ein technisches Ergebnis und verlangen von Verbraucher:innen nicht so viel Cleverness.

Fest steht, dass nicht jegliche Maßnahmen tabu sind. Knackpunkt ist dabei nur die fehlende Klarstellung: Es wird in den meisten Fällen nicht ersichtlich, dass es sich um Alternativprodukte handelt. Wie man es richtig umsetzt, schauen wir uns nun an.

Praxis: Wie betreibt man eine sichere Suchfunktion?

Hier sind aber einige praxisnahe Schritte, um die Suche rechtskonform zu gestalten.

  • Suchfunktion analysieren: Simuliere als Nutzer verschiedene Markensuchen: Was passiert, wenn du nach „Nike“, „Apple“, „LEGO“ oder anderen bekannten Namen suchst? Erscheinen Produkte, obwohl du diese Marken gar nicht führst? Die automatische Vervollständigung von Suchbegriffen kann zudem ein Risiko darstellen, wenn dort fremde Markennamen auftauchen. Besser ist es, diese Funktion zu deaktivieren oder ebenfalls auf vorhandene Marken einzuschränken.
  • Erkennbarkeit schaffen: Kommt es nun zu einem Szenario, dass nicht geführte Marken gesucht werden, muss deutlich darauf hingewiesen werden. Wenn du Alternativprodukte zeigst, stelle deutlich sichtbar klar, dass diese nicht von der gesuchten Marke stammen.
    Beispiele:
    „Deine Suche nach Adidas Sneaker ergab 0 Treffer. Ähnliche Produkte anderer Hersteller: …“.
    „Du hast gesucht nach ‚RayBan Sonnenbrille‘. Versuche es mit einem anderen Suchbegriff oder prüfe die Schreibweise. Das könnte dir auch gefallen: ...“

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 05.06.2025
img Letzte Aktualisierung: 05.06.2025
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
11 Kommentare
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18.06.2025

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So funktioniert aber die Suche in einem Shop nicht und hat sie noch nie. Wenn ich nach "Nike" suche verstehe ich, dass nichts auftauchen darf, aber wenn ich nach "Nike Sneaker" suche wird einem jetzt ein Strick drauß gedreht, dass der Shop "Sneaker" anzeigt? Dann dürfte kein Shop mehr eine Suchfunktion haben.
Flo
17.06.2025

Antworten

Hallo Frau Bachmann, ich kann leider nicht auf Ihre Antwort antworten. Noch eine kurze Nachfrage: Wenn man die keywords nicht ausschließt und abgemahnt würde, könnte der Wettbewerber dann direkt Schadensersatz wg. entgangenem Umsatz z. Bsp. einklagen oder ist hier immer erstmal nur eine Abmahnung möglich? Denn ein entgangener Umsatz kann ja unmöglich ermittelt werden. Was schätzen Sie, wären die Kosten für eine solche Abmahnung?
Redaktion
19.06.2025
Hallo Flo, die gute Nachricht zuerst: Wettbewerber werden das gar nicht abmahnen, sondern nur die Markeninhaber. Hier wird ein möglicher Schadensersatz danach ermittelt, was eine Lizenz kosten wird. Markenabmahnungen selbst haben Kosten im unteren vierstelligen Bereich plus Schadensersatz. Viele Grüße, die Redaktion
Flo
15.06.2025

Antworten

Hallo Frau Bachmann, bei Google Ads ist es ja das gleiche. Z. Bsp. Rayban Sonnenbrille. Wenn ich Sonnenbrillen verkaufe, habe ich ja Sonnenbrille als Keyword und meine Werbeanzeige wird bei jeder Eingabe einer Marke + dem Sonnenbrille Wort ausgespielt. Wenn mein Shop nun keine Abgrenzung zur Marke zeigt (z. Bsp. nur www.sonnenbrille.com lautet) und ich nur Noname Artikel verkaufe, muss ich also nach aktueller Rechtsprechung jede bekannte Marke als auszuschließendes keyword hinterlegen oder ist das bei Google etwas anderes?
Redaktion
16.06.2025
Hallo Flo, ja, bei Google Ads gilt Ähnliches wie im Shop: Wenn Sie Marken wie "Ray-Ban" nicht verkaufen, sollten diese Begriffe besser als ausschließende Keywords hinterlegt werden. Kritisch wird es, wenn Anzeige oder Zielseite den Eindruck erwecken, die Marke werde angeboten. Fehlt eine klare Abgrenzung, kann das rechtlich heikel werden. Unsere Empfehlung: Bekannte Marken ausschließen, wenn sie nicht im Sortiment sind. So sind Sie auf der sicheren Seite. Viele Grüße, die Redaktion
Frank Pagenkemper
11.06.2025

Antworten

Dieses Beispiel ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Gesetzgeber eine Abmahnindustrie mit gesetzlichen Regeln füttert, die Anwälte und Abmahnvereine fett machen. Keine Frage Regelverstöße die dazu führen, dass man damit unverschämte Gewinne macht gehören sich nicht. In meiner nun mehr als 30 jährigen Beruferfahrung sieht das allerdings ganz anders aus. Einige Male war ich auch von Abmahnungen betroffen, die aber unvermeidbar waren, weil der Fehler beim Hersteller lag. Dennoch waren es fast immer, nein, eigentlich immer Artikel mit "Bleivermerk". Die wollte niemand kaufen und ich habe meistes auch nicht einen Artikel davon verkauft. Ganz nebenbei gesagt sollte es doch auch im Geschäftsleben möglich sein auf einen Fehler zunächst hinzuweisen, meinethalben auch mit einer Gebühr von 25 Euro. Und wenn das dann nicht funktioniert, gerne mit dem großen Hammer. In der jetzigen Praxis gehen die Abmahner gleich mit der dicken Berta auf kleine Händler los. Die haben ja keine Rechtsabteilung und fürchten den Rechtsstreit. Ein Rechtsstreit macht nur Anwälte glücklich! Die Frage ist ja, wie der Handel soviel Druck auf die Politik hinbekommt, dass es geändert wird.
Peter
11.06.2025

Antworten

Falls dies ein realer Fall ist, dann hat der Richter nicht begriffen, wie eine Suche in einem Shop funktioniert. Sollte dies ein hypothetischer Fall sein, dann die Autorin dies nicht ganz verstanden....? Bei der Suche im o.g. Bsp. wird die Datenbank nach 2 Begriffen durchsucht: "Adidas" und "Sneaker". ALLE Produkte die EINES dieser Suchbegriffe enthält, wird dann in den Suchergebnissen angezeigt. Also JEDER Sneaker egal von welcher Marke. Das Gleiche gilt auch für die RayBan Sonnenbrille. Das lässt sich in einem Standard-Shop-System (ohne enormen Aufwand) auch gar nicht verhindern. Ein Suchfeld ist zu dumm um zu erahnen, was die Verbraucher oder der Abmahnanwalt genau meint... Zu verlangen, dass nichts angezeigt wird, ist doch auch fern jeder Praxis. Man stelle sich bitte mal einen Schuhverkäufer im Laden vor, der sich den Mund zuhält, wenn er nach Adidas-Sneakern gefragt wird obwohl er ein großes Regal mit verschiedenen Sneakern hat...
Fran
10.06.2025

Antworten

Und wie ist es mit Marken, die in den "normalen" Sprachgebrauch übergegangen sind? Niemand würde noch "Papiertaschentücher" suchen, sondern nach "Tempo"... und ein Taschenschirm ist im Allgemeinen ein "Knirps". Oder bestelle in Berlin mal eine "Selters"...da gibt's ggf. auch eine andere Marke, die serviert wird und keiner wird sich beschweren...Hauptsache es blubbert. Es gibt noch zig Beispiele, bei denen ich zwar die Marke suche/benutze, aber lediglich die Art des Produktes finden will. Bestes Beispiel ist der "Fön" (inzwischen "Föhn"), der als Deonym gilt. Und wenn ich nach "Nutella" frage, möchte ich, dass mir auch andere Schokocremes angeboten werden... Insfern finde ich es sogar hilfreich für den Nutzer, eine breitere Palette an Produkten angeboten zu bekommen, um die entsprechende Wahlmöglichkeit zu haben.
Alex
06.06.2025

Antworten

Kann man das Problem nicht einfach umgehen, indem man bei jeder Suche schreibt: "Wir empfehlen bei einer Suche nach [Suchbegriff] folgende Produkte:" => dann handelt es sich ja immer nur um eine Empfehlung und offensichtlich nicht um notwendigerweise um Markenprodukte, auch wenn jemand nach der Marke XYZ sucht.
Achimberlin
06.06.2025

Antworten

Das ist doch konstruiert ? Woher will der Kläger überhaupt wissen was mein Shop anzeigt, wenn er selber nicht nach einer Geldquelle sucht. Apropos suche nach unerschöpliche Geldquelle. Verklagt Dich die Deutsche Bank, weil dort dann Dein Abmahnverein auftaucht, und keine Bank.
Torsten
06.06.2025

Antworten

"Cleverness" der Käufer. Das Niveau wird von Jahr zu Jahr herunter gesetzt. Vor 10, 12 Jahren musste ein Shop noch von einen 5-Klässler bedienbar sein. Heute von einem Kindergartenkind in einfacher Sprache. Gibt es diese Standpunkte im Ausland auch? Ich suche auf Amazon auch wie im Text beschrieben, und erhalte ebenfalls andere Produkte als die Marke die ich gesucht habe. Aber auch ohne Studium erkenne ich das und würde nicht auf die Idee kommen, Amazon abzumahnen. Eine Suche im Shop ist auch nur bis zu einem bestimmten Punkt kontrollierbar. Suche ich eine Marke + Bezeichnung, kann durchaus ein Fehler passieren. Ich habe das bei einem Kunden eben getestet. Da gibt es nur Kissen und die Suche nach "Apple Kissen" bringt die gleichen Ergebnisse, wie ohne der Marke. Die Suche wurde technisch nicht verändert. Was also tun? Die Suchfunktion deaktivieren? Es wird immer skurriler..