Fliegengitter-Streit: Schadensersatz wegen Negativbewertung abgelehnt

Veröffentlicht: 09.03.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 09.03.2015

Im Streit zwischen einem Amazon-Verkäufer und einem Kunden um eine Negativbewertung auf Amazon verlangte ein Online-Händler von seinem Kunden einen Schadensersatz per Klage. Objekt eines Rechtsstreites waren (unzureichende) Beschreibungen in einer Anleitung für den Aufbau eines Fliegengitters im Wert von knapp über 20 Euro - wir berichteten.

Rote Karte

 (Bildquelle Rote Karte: Joel_420 via Shutterstock)

Gütlich konnten sich die zwei Streithähne über die Negativbewertung nicht einigen, jegliche Vergleichsverhandlungen schlugen fehl, weshalb schließlich das Oberlandesgericht München mit der Klärung des Falls in der Berufungsinstanz befasst wurde (Beschluss vom 12.2.2015, Az.: 27 U 3365/14).

Für Werturteil kein Schadensersatz

Die Negativbewertung „in der Anleitung steht ganz klar, man muss den Innenraum messen, das ist falsch! Damit wird das Ganze zu kurz!" und „Ich habe beim Verkäufer angerufen, Fazit: Er will sich dazu lieber nicht äußern, allein das ist eine Frechheit", um die es konkret ging, stufte das Gericht als Werturteil ein, welche als Meinungsäußerung grundrechtlich geschützt sind.

Werturteile – wie hier - bilden im Gegensatz zu unwahren Tatsachenbehauptungen keine Grundlage für einen Schadenersatzanspruch, so die klare Ansage des Oberlandesgerichts.

Beweis für Unwahrheit trägt Online-Händler

Selbst wenn man von einer unwahren Tatsachenbehauptung in einer Onlinebewertung ausginge, welche die Grundlage für einen Schadenersatzanspruch bilden soll, ist von der Schadenersatz einfordernden Partei die Unrichtigkeit der Aussage zu beweisen. Dass die Montageanleitung anders als vom Kunden behauptet richtig war, musste daher der Verkäufer beweisen – es gelang ihm jedoch nicht.

Für den Beweis der Richtigkeit dieser Montageanleitung genügt es nicht, die Anleitung vorzulegen und sich auf unzählige beschwerdefreie Verkäufe zu beziehen. Es muss bewiesen werden, dass der Inhalt der Anleitung richtig ist.

Fazit

Der Rechtsstreit erregte im vergangenen Jahr großes Aufsehen, weil sich viele Betroffene von dem Urteil einen Hinweis erhofften, wie man in Zukunft mit Negativbewertung umgehen soll. Hier musste sich der Online-Händler zwar geschlagen geben. Dennoch ist der Ausgang bei einer anderen Bewertung mit anderer Sachlage völlig offen. Besonders wenn aufgrund einer oder mehrerer Negativbewertung die Sperrung des Kunden-Accounts auf großen Online-Marktplätzen und damit möglicherweise der geschäftliche Ruin droht, macht es durchaus Sinn, sich zur Wehr zu setzen.

Kommentare  

#1 Conny 2015-05-23 13:33
Ich finde es völlig richtig, dass die Klage des Online-Händlers abgewiesen wurde. Denn wenn ein Händler sich nicht kundenfreundlic h verhält, sollten andere potentielle Kunden dies recherchieren können. Solange jemand bei der Wahrheit bleibt, ist doch wohl nichts dagegen zu sagen, wenn derjenige seine Meinung äußert. Schließlich herrscht bei uns in Deutschland Meinungsfreihei t. Wenn Händler negative Bewertungen vermeiden wollen, dann müssen sie sich halt kundenfreundlic h und serviceorientie rt verhalten.
Ich liege selbst derzeit auch im Clinch mit einem Händler, der Fliegengitter vertreibt. Allerdings handelt es sich in meinem Fall um wirklich hochpreisige Fliegengitter einer Firma, die sich selbst als Marktführer bezeichnet und über die man hier im Internet zahlreiche Einträge findet. Wieso sollte ich, wenn ich nicht zufrieden bin und die Gründe für diese Unzufriedenheit belegen kann, dies nicht zum Ausdruck bringen dürfen, ohne Angst haben zu müssen, dass mich die Firma dann möglicherweise belangt, nur damit das Geschäft dieser Firma nicht beeinträchtigt wird?
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