Rechtsmissbrauch: 43 Abmahnungen in einer Woche

Veröffentlicht: 01.12.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 01.12.2015

Verschafft sich ein Händler einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil, indem er seine Kunden täuscht, ist das nicht hinzunehmen. Eine Abmahnung ist natürlich immer dann gerechtfertigt, wenn sie den fairen Wettbewerb wieder herstellt. So alt wie die Abmahnung selbst ist jedoch auch der Missbrauch, der damit getrieben wird. Leider haben Händler mit diesem Einwand selten vor den deutschen Gerichten Erfolg.

Tauziehen
(Bildquelle Tauziehen: ArtFamily via Shutterstock)

Abmahnung: legitimes Mittel zur Wiederherstellung eines fairen Wettbewerbs

Wettbewerbsverstoß hin oder her… Der Verdacht hat sich sicherlich schon bei etlichen betroffenen Online-Händlern eingeschlichen, dass mit kurzen Fristen und „massenhaft“ versendeten Abmahnschreiben etwas nicht stimmt. Die Abmahnung ist zwar ein legitimes Instrument, um insbesondere wettbewerbswidriges Verhalten zügig und kostengünstig zu unterbinden. Jedoch darf dieses Instrument nicht als neue Einnahmequelle missbraucht werden. Auch der Händlerbund versucht dieser Industrie mit seiner Fair-Commerce-Initiative den Garaus zu machen, indem wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten auf ihren Kern reduziert werden – die Schlichtung von Streitigkeiten und damit einzig und allein die Sicherung eines „fairen Handels“.

Nicht alle Händler lassen sich jedoch davon abhalten, teure Abmahnungen in großer Zahl über einen Rechtsanwalt versenden zu lassen. Es spricht dann Einiges für einen Rechtsmissbrauch, wenn der Abmahnende kein Interesse an der Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen hat, sondern die Abmahnung allein oder ganz überwiegend andere Motive hat. In der Theorie bedeutet dies, dass „überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen“ verfolgt werden.

Rechtsmissbrauch bei 43 Abmahnungen in sieben Tagen

Darauf, dass die wettbewerbsrechtliche Abmahnung durchaus ein legitimes Mittel zur Beseitigung von Wettbewerbsverstößen ist, weist auch das Oberlandesgericht Hamm hin. Eine umfangreiche Abmahntätigkeit kann für sich genommen noch keinen Rechtsmissbrauch begründen, wenn zugleich umfangreiche Wettbewerbsverstöße vorliegen (Urteil vom 15.09.2015, Az.: 4 U 105/15). Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die die Missbräuchlichkeit der Anspruchsgeltendmachung begründen können. Damit bestätigt das Oberlandesgericht auch die bisher gängige Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen.

Solche Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn die Abmahntätigkeit sich derart verselbstständigt hat, dass sie in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu der (eigentlichen) gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht. Im konkreten Fall soll dies zumindest bei 43 Abmahnungen innerhalb von sieben Tagen der Fall gewesen sein. Für einen Rechtsmissbrauch sprach in dem konkreten Fall vor allem, dass das durch die Abmahntätigkeit eingegangene Kostenrisiko in keinem Verhältnis zum erzielten Umsatz steht.

Fazit zum Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen

Eine pauschale Antwort auf die Frage „Rechtsmissbrauch ja oder nein?“ gibt es auch mit diesem Urteil nicht. Jede Abmahnung ist anders und muss individuell beurteilt werden. Indizien und Beispiele haben wir an dieser Stelle gesammelt.

Kommentare  

#1 Nicole Eggerstedt 2015-12-05 15:00
Warum muß man sich dann trotzdem auf einen Vergleich einlassen, obwohl eine Firma offensichtlich nur der Tätigkeit der Abmahnungen nachgeht ? Diese Firma noch nicht mal einen Internetauftrit t hat, eine Lizenz bzw. ein Patent dem schon widersprochen wurde ? Die Testkäuferin beim gegnerischen Anwalt tätig ist ?
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