Erneut: Bundesgerichtshof zu negativen Bewertungen im Internet

Veröffentlicht: 02.03.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 02.03.2016

Kundenbewertungen sind für potenzielle Käufer äußerst wichtig. Fast zwei Drittel aller Internetnutzer lassen sich davon beeinflussen. Die Kehrseite der Medaille: Die meisten Online-Händler waren auch schon mit negativen Bewertungen unzufriedener Kunden konfrontiert. Am gestrigen Dienstag, dem 1. März 2016, kam es in Karlsruhe zu einer weiteren wegweisenden Entscheidung im Umgang mit negativen Bewertungen.

Icons von Menschen mit bunten Sprechblasen.

(Bildquelle Feedback: VLADGRIN via Shutterstock)

Online-Bewertungen sind grundsätzlich hinzunehmen

Schlechte Bewertungen im Internet sind kein Einzelfall. Die Klagen der Betroffenen beschäftigen immer häufiger die deutschen Gerichte. So wendete sich bereits ein Gynäkologe gegen die Betreiberin eines Portals zur Arztsuche und Arztbewertung. Der Bundesgerichtshof hatte die Revision des Arztes damals zurückgewiesen und den Anspruch des Arztes auf Löschung seiner Daten sowie der Bewertungen aus einem Ärztebewertungsportal abgelehnt (Urteil vom 23. September 2014, Az.: VI ZR 358/13).

Der Bundesgerichtshof schätzte in diesem Urteil die Kommunikationsfreiheit des Ärztebewertungsportals sowie das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen als höher ein als das Recht des Arztes.

Bundesgerichtshof will Rechtsprechung konkretisieren

Erneut wendete sich ein Arzt gegen Bewertungen auf einem Portal zur Arztsuche und -bewertung. Der Zahnarzt klagte gegen eine Bewertung durch einen anonymen Nutzer, in der der Arzt ausdrücklich nicht weiterempfohlen wurde. Als Gesamtnote wurde 4,8 gewählt, die sich unter anderem aus der Note "6" für die Kriterien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" berechnete. Der Zahnarzt bestritt, dass er den Bewertenden behandelt hatte. Das Ärztebewertungsportal reagierte auf Löschungsanfragen des Arztes jedoch letztendlich nicht.

Haftung für Bewertung wegen Verletzung von Prüfpflichten möglich

Das Portal haftet für die vom Nutzer abgegebene Bewertung dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. In einem bereits entschiedenen Fall des Bundesgerichtshofes wurde einem deutschen Hotelbewertungsportal keine Mithaftung für eine negative Bewertung auferlegt. Es dürfe einem Betreiber keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Bei dem beklagten Ärztebewertungsportal hat der Bundesgerichtshof jedoch andere Maßstäbe festgesetzt und eine Verletzung der Prüfpflichten gesehen. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen (Urteil vom 1. März 2016, Az.: VI ZR 34/15).

Bewertungsportal muss bei Sachverhaltsaufklärung vermitteln

Vor diesem Hintergrund hätte die Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen.

Weitere Tipps zum Umgang mit negativen Bewertungen finden Sie hier.

Kommentare  

#1 Peter Kemper 2016-03-02 18:39
Bravo, endlich mal wieder ein Urteil dass dem Recht gibt, der richtig handelt und nicht automatisch dem Verbraucher, der ansonsten heutzutage das Recht offensichtlich nur deswegen erhält, weil er der Verbraucher ist oder irgendeine Birne von Richter zu blöde ist 1 und 1 zusammenzuzähle n.

Fakt: der Richter hat Jura studiert und hat im Studium ja nichts gelernt ausser Rechtswissensch aften. Für die anvertrauten Fälle hat er ja keinerlei Rüstzeug mitbekommen. Dem Rechtsanwalt in seiner Funktion kann ja wenigstens zu Gute gehalten werden, dass er bei Vorhandensein eines Kollegen auf der anderen Seite (ob RA im privatrechtlich en oder Staatsanwalt im Strafprozess) wenigstens den Ball hin und her spielen kann, um so die Wahrheitsfindun g anzukurbeln.
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