Vertriebsbeschränkungen: Hersteller darf Verkauf über Plattformen nicht verbieten

Veröffentlicht: 25.11.2013 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 27.11.2013

Schon seit Jahren ist den Markenherstellern der Verkauf der eigenen Markenwaren über Internetplattformen wie eBay ein Dorn im Auge. Doch dass die Markenhersteller die „Verramschung“ nicht immer unterbinden können, zeigte jetzt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Kiel.

Richterhammer auf einer Tastatur

Mit dieser Feststellung beendete das Landgericht Kiel einen Rechtsstreit um die Zulässigkeit von Vertriebsbeschränkungen zwischen einem Kamera-Hersteller und einem Online-Händler (Urteil des Landgerichts Kiel vom 08.11.2013, Az.: 14 O 44/13 Kart. - nicht rechtskräftig).

Das Landgericht hatte den Hersteller von Kameraprodukten auf Antrag der Wettbewerbszentrale untersagt, den Verkauf seiner Produkte in seinen Händlerverträgen durch Vertriebsbeschränkungen zu reglementieren und den Handel über Internetplattformen - wie beispielsweise eBay und Amazon Marketplace - zu verbieten.

Streitgegenstand war folgende Vereinbarung zwischen Hersteller und Einzelhändlern, die in den Händlerverträgen verwendet wurde:

„Der Verkauf über so genannte 'Internet Auktionsplattformen' (z.B. eBay), 'Internetmarktplätze' (z.B. Amazon Marketplace) und unabhängige Dritte ist nicht gestattet.“

Die Wettbewerbszentrale hatte diese Vertragsregelung beanstandet, weil sie darin eine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung sah.

Vertriebsbeschränkungen hier unzulässige Wettbewerbsbeschränkung

Das Landgericht Kiel sah in dem Verbot des Vertriebs über Internetplattformen ebenfalls einen Kartellrechtsverstoß: Mit dem an die autorisierten Händler gerichteten Verbot, über diese Märkte zu verkaufen, werde der besonders intensive Wettbewerb zwischen den Händlern auf Internetauktionsplattformen und -marktplätzen unzulässig eingeschränkt.

Es handele sich um eine Kernbeschränkung des passiven Verkaufs, weil die Händler gehindert würden, mehr und andere Kunden zu erreichen. Der Zugang zu den Kunden, die ihre Internetkäufe in erster Linie über die ihnen vertrauten Plattformen und Marktplätze aus Gründen des Einkaufskomforts tätigen, werde jedenfalls erheblich erschwert.

Selektives Vertriebssystem

Es sei zwar anerkannt, dass Vertriebsbeschränkungen aus Gründen der Qualitätssicherung in selektiven Vertriebssystemen möglich seien, wenn der Vertrieb über Plattformen die strengen Qualitätsanforderungen des Herstellers nicht erfülle.

Ein selektives Vertriebssystem liegt vor, wenn der Marken-Hersteller nur bestimmte Händler beliefert und den Vertrieb gestattet. Es werden nur Händler beliefert, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllen.

Im konkreten zu entscheidenden Fall fehle es aber an einem solchen selektiven Vertriebssystem. Das beklagte Unternehmen veräußere seine Produkte auch direkt an Großkunden und den Großhandel, der sie selbst wieder an nicht autorisierte Händler weitergebe, ohne dass den Abnehmern besondere Anforderungen an die Qualität des Verkaufs auferlegt würden.

Rechtslage noch unklar

Schon seit längerer Zeit sind die Bestrebungen von Markenartikelherstellern nach der Rechtmäßigkeit der Auferlegung von Vertriebsbeschränkungen umstritten. Ziele der Hersteller sind dabei vorrangig, die „Verramschung“ ihrer Markenprodukte zu verhindern.

„Nachdem der EuGH den Ausschluss jeglichen Handels über das Internet bereits als rechtswidrig eingestuft hatte, kristallisiert sich nunmehr heraus, dass dies auch für das Verschließen des Vertriebswegs 'Internetplattform' in Lieferverträgen gilt. […] Wenn auch der Handel über Internetplattformen nicht ausgeschlossen werden darf, so kann der Hersteller gleichwohl die Modalitäten des Verkaufs regeln, insbesondere die Art der Warenpräsentation und die Gestaltung des Bestellvorgangs“, bewertet Dr. Wolfgang Nippe, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, die Entscheidung.

Praxistipp

In Bezug auf Vertriebsbeschränkungen ist die Rechtslage in Deutschland auch nach diesem Urteil weiterhin unsicher. Die geltenden Regelungen und Verordnungen werden von den verschiedenen Gerichten oft unterschiedlich ausgelegt. Wirkliche Rechtssicherheit ergibt sich häufig erst, wenn – wie hier - konkrete Vertriebsbeschränkungen vom Gericht für (un)zulässig erklärt wurde.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob der Markenhersteller Rechtsmittel einlegt.

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