Die wichtigsten Urteile und Gesetze 2016 – Der Jahresrückblick

Veröffentlicht: 27.12.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 21.12.2017

Elektrogesetz, Lebensmittelkennzeichnung, Streitbeilegung, Jugendschutz, Datenschutz. Diese Schlagwörter haben das Jahr 2016 eingeläutet. Was ist davon tatsächlich zu einem großen Thema für den Online-Handel geworden und welche Ängste haben sich in Luft aufgelöst? Zeit, auf die letzten zwölf Monate zurückzublicken.

Rückblick Recht
© BrunoWeltmann / Shutterstock.com

Verbraucherschutz: Widerrufsrecht fester Bestandteil des Online-Handels

Der wesentlichste Unterschied zwischen stationärem und Online-Handel ist das gesetzlich festgelegte Widerrufsrecht, welches Verbrauchern garantiert, bestellte Waren ohne Grund zurückzusenden. Für viele Händler Alltag, doch sie versuchen, damit zu leben. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder zu offenen Fragen, an denen das Gesetz unklar ist oder Verbraucher es schlicht und ergreifend übertreiben. 2016 und die in diesem Jahr ergangene Rechtsprechung war dahingehend sehr aufschlussreich – wenn auch meist zum Nachteil der Händler.

Bei fast allen Verträgen, die über das Internet abgeschlossen werden, besteht ein Widerrufsrecht. Für einige Sonderfälle hat der Gesetzgeber jedoch erfreulicherweise Ausnahmen vorgesehen. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte im Herbst, dass auch das für Erotikartikel eingeräumte Widerrufsrecht erlöschen kann, wenn eine angebrachte Versiegelung vom Verbraucher entfernt wurde. Der Bundesgerichtshof hat sich auch in Sachen Wertersatz auf die Seite der Händler geschlagen und einen Wertersatz für benutzte Produkte bestätigt (Katalysator-Fall).

Es gab jedoch auch Urteile, bei denen fühlten sich Online-Händler von den Gerichten im Stich gelassen. So soll auch die Testnacht auf einer Matratze möglich sein und Händler können dafür keinerlei Wertersatz in Abzug bringen.

Wie die Retouren-Studie des Händlerbundes zeigt, haben Online-Händler ein schweres Los gezogen. In Sachen Fairness hapert es bei einigen Verbrauchern noch. Der Bundesgerichtshof stärkte im Februar die Rechte der Verbraucher bei der Ausübung ihres Widerrufsrechtes sogar noch und sieht einen Missbrauch des Widerrufsrechts nur in ganz wenigen Fällen.

Im Westen viel Neues: Urteile aus Luxemburg

Es gibt einen Punkt, an dem kommen auch die nationalen Gerichte nicht mehr weiter. In solchen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union anzurufen, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

Zwar hatte der Europäische Gerichtshof den Fall „Weiterverkauf gebrauchter Software“ bereits vor Jahren auf dem Tisch. Der Software-Verkauf war aber 2016 wieder Thema. Der EuGH hatte zwar bereits entschieden, dass der Ersterwerber eines Computerprogramms die Software und die damit verbundene Lizenz an einen Zweiterwerber weiterverkaufen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass es sich um die Original-CD handelt. Sicherungskopien dürfen daher nicht über die Ladentheke gehen.

Auch die Frage der Speicherung von IP-Adressen – in Deutschland ein lange umstrittenes Thema – bedurfte schon längst einer Klärung. Der EuGH hat in seinem Urteil entschieden, dass die Speicherung von Nutzerdaten beim Besuch von Online-Portalen rechtens sein kann, wenn ein „berechtigtes Interesse“ vorliegt, beispielsweise zum Schutz vor Hackerangriffen.

Den Vogel schoss jedoch das Urteil zum Setzen von Links im Internet ab. Der EuGH erkannte zu Recht, dass das Setzen eines Links erlaubt bleiben muss, auch wenn sich dahinter möglicherweise rechtswidrige Inhalte verbergen. Sobald jedoch von einer kommerziell betriebenen Seite aus verlinkt wird, begibt man sich in die Gefahr der Mithaftung, wenn die verlinkten Inhalte rechtswidrig sind (etwa Fotos oder Texte kopiert wurden). Danke nach Luxemburg für dieses praxisnahe Urteil... Die deutsche Abmahnwelt hat die Entscheidung schon wohlwollend aufgenommen.

Teilen ja, aber Gefallen nein

Und noch eine Entscheidung, die die zunehmende Digitalisierung untergräbt, aber Datenschützer zum Jubeln brachte. Obwohl Millionenfach verwendet, überträgt der „Like“-Button von Facebook unbemerkt Daten an Facebook, egal, ob der Webseitenbesucher überhaupt einen Facebook-Account besitzt. Aus Sicht des Datenschutzes ein großes „Dislike“. Raus mit dem „Like“-Button aus dem Internet ist die Folge eines Urteils aus dem Frühjahr.

Ein Sieg für den Datenschutz oder der Niedergang des Internets? Immerhin: Das Teilen eines fremden Beitrages sei für sich genommen noch kein Grund, selbst für den rechtswidrigen Inhalt (mit) zu haften, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

Neues aus der Legislative

Die am 9. Januar in Kraft tretende neue Informationspflicht für Online-Händler sorgte 2016 für viele Diskussionen in der Branche. Die sogenannte ODR-Verordnung legt fest, dass Online-Händler, die online Waren oder Dienstleistungen anbieten, einen Hinweis auf die europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung (sog. „OS-Plattform“) bereithalten müssen. Am 1. April 2016 trat das verwandte Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft, welches jedoch erst ab 1. Februar 2017 seine volle Wirkung entfaltet.

Verbraucherverbände haben mit einem neuen Gesetz die Legitimation, Datenschutzverstöße abzumahnen. Das Gesetz ist im Frühjahr in Kraft getreten. Auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) trat nach jahrelangem Tauziehen am 25. Mai 2016 endlich in Kraft und regelt damit das Datenschutzrecht europaweit einheitlich.

Jugendschutz war ein ganz großes Thema 2016. Wie in keinem Jahr zuvor wurden einige Steine ins Rollen gebracht. Am 1. April 2016 trat das lange von Jugendschützern erwartete Verkaufsverbot von E-Zigaretten und E-Shishas an Minderjährige in Kraft. Seit dem Stichtag müssen sich Online-Händler dieser Produkte an gesetzlich festgelegte Abgabeverbote halten. Seit 20. Mai 2016 gilt ein neues Tabakerzeugnisgesetz und seit 1. Oktober gilt eine jahrelang überarbeitete Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV), welche sich unter anderem dem Jugendschutzbeauftragten widmete.

Bis zum 24. Juli 2016 hatten rücknahmepflichtige Elektrohändler noch Zeit, sich um entsprechende neue Rücknahmestellen zu kümmern und ihrer Informationspflicht nachzukommen. Für Lebensmittelhändler wurde es erst am 13. Dezember kriminell. Ab dem Tag war auch eine Nährwertdeklaration für den Online-Handel Pflicht.

Neues vom Abmahnradar

Auch die Abmahnbranche zeigte sich 2016 wieder sehr aktiv. Dies ging sogar so weit, dass wir aus den Zusendungen unser Leser einen eigenen Abmahnmonitor (zuletzt hier) entwickelt haben, der wöchentlich über aktuelle Abmahnungen und Trends in der Branche informiert. 2016 waren wieder viele alte Bekannte dabei, etwa der IDO Verband, der wie gewohnt Abmahnungen versendete. Neu war 2016 die fehlende Hinweispflicht auf die OS-Plattform. Das Ziel, Streitigkeiten über die Plattform und die Schlichtungsstellen zu schlichten wurde deutlich verfehlt, die Abmahnindustrie lebte 2016 aber offensichtlich sehr gut von nachlässigen Händlern.

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