BAG stärkt Arbeitgeberrechte bei zweifelhaften AU-Bescheinigungen

Veröffentlicht: 20.01.2025
imgAktualisierung: 20.01.2025
Geschrieben von: Julia Petronis
Lesezeit: ca. 3 Min.
20.01.2025
img 20.01.2025
ca. 3 Min.
Verletzter Mann sitzt neben Koffern auf Sofa
Elnur_ / Depositphotos.com
Das BAG-Urteil zeigt, wann Zweifel an einer Krankschreibung aus dem Ausland berechtigt sind und die Lohnfortzahlung verweigert werden kann.


Einer durch einen Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (kurz „AU“) kommt ein hoher Beweiswert zu. Das gilt sowohl für Bescheinigungen aus dem Inland als auch aus dem Ausland. Werden Arbeitnehmende im Urlaub krank, ist deren Krankschreibung nicht weniger wert, als wenn diese in der Heimat ausgestellt worden wäre, stellte jetzt auch noch einmal das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar. Doch wie sich in dem vorm BAG (Urteil vom 15.01.2025, Az.: 5 AZR 284/24) aktuell verhandelten Fall gezeigt hat, kann die Gesamtschau der Umstände ernsthafte Zweifel an der Bescheinigung ergeben.

Rückreise trotz Anordnung von Bettruhe

Wer krank und damit arbeitsunfähig ist, kann sich von einem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen lassen und hat somit Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dabei ist vor allem der Aspekt relevant, dass der Erkrankte auch tatsächlich arbeitsunfähig ist. Wer sich trotz verordneter Bettruhe auf Reisen begibt, muss damit rechnen, dass die AU vom Arbeitgebenden angezweifelt wird.

Aus diesem Grund versagte das BAG einem Mann den Anspruch auf Lohnfortzahlung, da die Gesamtumstände den Beweiswert der Krankschreibung erschüttert hatten. So arbeitete der Mann, laut der Pressemitteilung des BAG, seit immerhin 22 Jahren bei seinem Arbeitgeber. Wie schon in den Jahren 2017, 2019 und 2020 legte er auch 2022 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu einem Urlaub eine Krankschreibung vor. Der in Tunesien urlaubende Arbeitnehmer wurde wegen Ischiasbeschwerden von einem ansässigen Arzt für 24 Tage krank- und arbeitsunfähig geschrieben – mit der Anordnung, strenge Bettruhe einzuhalten und nicht zu reisen.

Dennoch trat der Arbeitnehmende kurz darauf mit dem Auto die Heimreise nach Deutschland an. Der Arbeitgeber hegte anschließend Zweifel an der AU-Bescheinigung und versagte seinem Angestellten die Lohnfortzahlung.

Gesamtschau der Umstände begründen Zweifel am Beweiswert

Das BAG gab dem Arbeitgeber nun recht und hob das erstinstanzliche Urteil des Landesarbeitsgericht (LAG) München (Urteil vom 16.05.2024, Az.: 9 Sa 538/23) auf. Zwar habe das LAG nach Auffassung des BAG die einzelnen Aspekte richtig beurteilt. Die Gesamtschau der Umstände seien jedoch nicht richtig gewürdigt worden.

Wie das BAG betonte, komme der Krankschreibung aus dem Nicht-EU-Ausland zwar der gleiche Beweiswert zu wie einer Bescheinigung aus dem Inland. Dafür müsse der Arzt allerdings auch zwischen der Krankheit selbst und einer Arbeitsunfähigkeit unterscheiden. Bei einer attestierten Arbeitsunfähigkeit von 24 Tagen hätte zumindest eine erneute Vorstellung bei einem Arzt angeordnet werden müssen. Zudem bestritt der Mann trotz verordneter Ruhezeit die beschwerliche Heimreise mit dem Auto. Auch der Aspekt, dass dies schon die vierte AU im Zusammenhang mit einem Urlaub des Mannes war, hätte das LAG berücksichtigen müssen. 

LAG muss nun erneut entscheiden

Auch wenn die einzelnen Gegebenheiten für sich betrachtet unverfänglich sind, begründen sie in der Gesamtbewertung „ernsthafte Zweifel am Beweiswert der AU-Bescheinigung“, argumentiert das BAG. Durch die Erschütterung des Beweiswertes ist der Arbeitnehmer nun in der Darlegungs- und Beweispflicht für seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Das LAG muss nun nach den Maßgaben des BAG erneut darüber entscheiden, ob dem Mann der Entgeltfortzahlungsanspruch zusteht.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 20.01.2025
img Letzte Aktualisierung: 20.01.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
Artikel weiterempfehlen
Julia Petronis

Julia Petronis

Expertin für IT- und Medien-Recht

KOMMENTARE
0 Kommentare
Kommentar schreiben