Streitfall Kundenbeschwerde: Wie viel Unfreundlichkeit ist erlaubt?

Veröffentlicht: 16.10.2025
imgAktualisierung: 16.10.2025
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 2 Min.
16.10.2025
img 16.10.2025
ca. 2 Min.
Zwei Frauen im Büro blicken ernst auf einen Bildschirm, auf dem ein wütender Mann gestikuliert.
Erstellt mit KI
Eine unhöfliche E-Mail sorgt für Ärger beim Kunden – doch ist das schon ein Abmahngrund? Der Artikel erklärt die arbeitsrechtliche Lage.


In unserer Reihe „Chef:in im Recht“ beleuchten wir typische Streitfragen und Alltagssituationen aus dem Arbeitsleben kleiner Unternehmen – und klären, was rechtlich gilt.

Diesmal: Was tun, wenn der Kunde sich über eine unfreundliche E-Mail beschwert?

Es war schon später Nachmittag, als Julia im Büro die letzte Runde Mails checkte. Der Kaffee war längst kalt und die Retouren-Anfragen wollten einfach kein Ende nehmen. Eine Nachricht stach heraus – kurz, schnippisch, aber immerhin beantwortet: „Steht alles auf der Website. Bitte selbst nachsehen.“

Am nächsten Morgen lag die Beschwerde schon auf Chefin Lisas Tisch. Ein verärgerter Kunde hatte sich gemeldet: Der Ton sei „unprofessionell und unhöflich“. Lisa war irritiert – die Mitarbeiterin Julia sei sonst zuverlässig, freundlich und engagiert. Aber so eine Nachricht? Geht das noch als schlechter Tag durch – oder muss sie reagieren? Eine Abmahnung?

Was das Arbeitsrecht grundsätzlich sagt

Beschäftigte müssen sich im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten korrekt und respektvoll verhalten – auch in der digitalen Kommunikation. Grundlage ist § 241 Abs. 2 BGB, der die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht festlegt.

Eine Abmahnung kommt in Betracht, wenn das Verhalten konkret, erheblich und steuerbar ist – also wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter das eigene Verhalten künftig ändern kann. Bei einer einmaligen, leicht unfreundlichen Nachricht reicht in der Regel ein klärendes Gespräch, keine formelle Abmahnung.

Die Abgrenzung ist entscheidend:

  • Eine kritische, aber sachliche Antwort ist meist kein Abmahngrund.
  • Ein abwertender, beleidigender oder respektloser Ton kann dagegen eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen.

Rechtsprechung: Unhöfliche oder aggressive Kundenkommunikation kann bei wiederholtem Auftreten sogar eine Kündigung rechtfertigen – etwa im Fall des LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 24.01.2017, Az. 1 Sa 321/16).

Wichtig ist dabei eine saubere Dokumentation: Arbeitgeber:innen müssen im Streitfall nachweisen können, dass die E-Mail tatsächlich unhöflich war und geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen.

Handlungsspielraum: Was darf ich als Chef:in tun?

Unzufriedene Kund:innen sind natürlich ein Ärgernis – und können zum echten Problem werden, wenn auf die Beschwerde eine öffentliche, negative Bewertung folgt. Daher ist es klar, dass Arbeitgeber:innen solche Beschwerden nicht ohne Konsequenz im Raum stehen lassen wollen. Allerdings muss hier die Verhältnismäßigkeit beachtet werden.

Folgende Schritte sind denkbar:

Gespräch vor Abmahnung: Erst das persönliche Gespräch suchen – oft klärt sich Misskommunikation schnell auf.

Sachlich bleiben: Nicht den Kundenärger unreflektiert übernehmen – prüfen, ob der Vorwurf berechtigt ist.

Kommunikationsleitfaden etablieren: Einheitlicher Stil, klare Standards (z. B. Begrüßung, Ton, Signatur).

Training anbieten: Regelmäßige Schulungen zur digitalen Kundenkommunikation beugen Problemen vor.

Abmahnung nur bei Wiederholung: Erst nach klarer Wiederholung oder gravierender Entgleisung rechtlich sinnvoll.

Fazit: Eine E-Mail ist noch keine Abmahnung wert

Lisa sprach am Nachmittag mit Julia. Die war sichtlich zerknirscht – der Tag sei stressig gewesen, der Kunde fordernd. Nach einem ruhigen Gespräch und einem Hinweis auf den Tonfall war die Sache erledigt – ganz ohne Abmahnung.

Denn auch im Online-Handel gilt: Wer mit Menschen arbeitet, darf mal einen schlechten Tag haben – solange er daraus lernt.

Veröffentlicht: 16.10.2025
img Letzte Aktualisierung: 16.10.2025
Lesezeit: ca. 2 Min.
Artikel weiterempfehlen
Sandra May

Sandra May

Sandra beleuchtet Streitfälle im E-Commerce: von rechtlichen Fallstricken über Urheberrecht bis hin zu Influencer:innen und Wettbewerbsklagen.

KOMMENTARE
3 Kommentare
Kommentar schreiben

beadboxer
22.10.2025

Antworten

„Steht alles auf der Website. Bitte selbst nachsehen.“ Das ist weder schnippisch noch unhöflich, das ist kurz angebunden, ja, aber als Bitte formuliert... Wer darauf mit einer Beschwerde an höhere Stelle reagiert, hat wohl eher selbst einen schlechten Tag!
DA
19.10.2025

Antworten

Ich frage mich: Was ist "unhöflich" "unfreundlich"? Mir fallen zu diesem Beispiel 2 Szenarien ein: 1.Kunde Empfindlich ist der Ansicht, Julia war "unfreundlich" in ihrer Kommunikation, weil er einen Grund sucht etwas zu erreichen, was er gesetzlich nicht begründen kann. Also ist der Antwortende Angriffsziel. 2. Kunde Heimlich wird instrumentalisiert, weil der Antwortende nicht zu kündigen ist, keinen Fehler macht, den man ihm vorwerfen könnte für eine Kündigung. Also muss Heimlich ran. Leider habe ich als Mitarbeiterin der Personalabteilung eines großen DAXUnternehmens genau das in rosa erlebt, es nennt sich "Falle stellen" bis man kündigen kann, angebliche Unfreundlichkeit ist nur eine Version. Ziel ist, das Ausscheiden zu erreichen ohne Abfindung für Mitarbeitende in "Überhangsbereichen" beim "Personalumbau". -- Ich wünsche jedem Beschuldigten: möge Schriftliches zur Klärung oderAbwehr von Vorwürfen vorliegen.
René
17.10.2025

Antworten

Natürlich, am besten noch in den Ar.... kriechen. Heutzutage verstehen viele nur noch eine Sprache und diese ist sehr direkt.