Behindert die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Innovationen und Unternehmensentwicklungen? Zumindest in Deutschland scheint die Antwort auf diese Frage recht eindeutig auszufallen: 70 Prozent der deutschen Unternehmen haben schon mindestens einmal Pläne für Innovationen aufgrund von Datenschutzvorgaben oder Rechtsunsicherheiten gestoppt – ein Drittel der Unternehmen sogar bereits mehrfach.
„Der Datenschutz hat sich in Deutschland zur Digitalisierungs-Bremse Nummer eins entwickelt“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Hohe Komplexität und zu viele Aufsichtsbehörden, die den Datenschutz unterschiedlich auslegen, würden Unternehmen verunsichern. „Damit Deutschland und Europa bei Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz oder digitalen Plattformen international in der Spitze dabei sein können, brauchen wir einen neuen Ansatz im Datenschutz: ein hohes Datenschutzniveau für wirklich schützenswerte Daten und pragmatische, innovationsfreundliche Regeln für alle anderen Daten“, fordert Wintergerst.
EU will lockern, Bitkom fordert mehr
Die EU hat kürzlich angekündigt, die DSGVO – die in diesen Tagen 7 Jahre alt wird – reformieren zu wollen. Vor allem die Dokumentationspflichten für KMU sollen deutlich gelockert werden und mehr Unternehmen zugutekommen. Eine gute Nachricht? Datenschützer schlagen Alarm. Für Bitkom wiederum gehen die Änderungen nicht weit genug. „Notwendig wären umfassendere Entlastungen bei Dokumentations- und Berichtspflichten sowie eine stärkere Berücksichtigung technologischer Entwicklungen, etwa bei Künstlicher Intelligenz“, so Wintergerst.
Redundante Berichtspflichten, etwa durch DSGVO, AI Act und Data Act, führen laut Bitkom zu erheblichem bürokratischen Aufwand, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Bündelung der Datenschutzaufsicht bei der Bundesdatenschutzbeauftragten sieht Wintergerst als „Chance für die dringend notwendige, bundesweit einheitliche Auslegung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung.“ Er fordert, „den Datenschutz stärker an realen Gefahren als an theoretischen Risiken zu orientieren und bei Abwägungen nicht allein den Datenschutz, sondern auch den Verlust von individuellen und gesellschaftlichen Mehrwerten durch Datennutzung zu berücksichtigen“.
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