Nach Geschehnissen, wie etwa dem Amoklauf in München vor zwei Jahren, ist der Begriff Darknet auch der breiten Bevölkerung ein Begriff. Beim Darknet handelt es sich um einen versteckten Teil des Internets, der über eine spezielle Software erreicht werden kann und von Suchmaschinen wie Google nicht gefunden wird.
Der Grundgedanke des Darknets ist eine freie weltweite Nutzung des Internets: Journalisten, Whistleblower aber auch die normale Bevölkerung sollen in den Teilen der Welt, in der der Informationsfluss im Netz durch totalitäre Systeme gesteuert wird, im Darknet an Informationen gelangen und sich austauschen können. Die Kehrseite der Medaille sind Marktplätze, auf denen auch illegale Produkte gehandelt werden: Drogen, Kreditkartendaten, Waffen. – Diese Dinge kann der Nutzer über das Darknet erwerben.
Der Bundesrat wagt nun einen Vorstoß gegen den illegalen Handel.
Neuer § 126 a Strafgesetzbuch
Der neue Paragraph im Strafgesetzbuch soll wie folgt aussehen:
„Wer eine internetbasierte Leistung anbietet, deren Zugang und Erreichbarkeit durch besondere technische Vorkehrungen beschränkt und deren Zweck oder Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten im Sinne von Satz 2 zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist."
Es geht hier also gewissermaßen um eine Marktplatzhaftung für die illegalen Aktivitäten der Nutzer. Das Problem an der Sache: Der Paragraph geht sehr, sehr weit und könnte auch Aktivitäten umfassen, die eigentlich strafunwürdig sind, denn: Im Grunde genommen kann schon das Betreiben einer versteckten Seite zum Meinungsaustausch schon allein dadurch auf die Begehung rechtswidriger Taten ausgerichtet sein, dass sie eben im Darknet angesiedelt ist und sich so einer allgemein zugänglichen Kontrolle durch die Behörden entzieht.
Das gibt auch Anke Domscheit-Berg von den Linken zu bedenken: „Wer Verschlüsselung durch Hintertüren angreifbar macht, gefährdet damit die IT-Sicherheit von uns allen, gefährdet journalistische Quellen, Whistleblower, Minderheiten, Verfolgte. Dem kann ich unmöglich zustimmen“, wird sie dazu von Heise zitiert.
Unnützes Gesetz?
Hinzu kommt noch die Kritik, dass das Gesetz an sich überflüssig ist: Es basiert auf der Behauptung, dass häufig lediglich die Käufer illegaler Waren im Darknet bestraft werden; nicht jedoch die Betreiber der Marktplätze. Dies sei eine Lücke. Dr. Christian Rückert widerspricht dem in der LTO. Beispielsweise gäbe es im Betäubungsmittelgesetz bereits eine ähnliche Regelung, die die Betreiber solcher Marktplätze miteinschließt. Bestraft wird „jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern.“
Da auch Betreiber von Marktplätzen im Darknet Provisionen und Gewinnbeteiligungen erhalten, seien diese unproblematisch mit umfasst.
Kollision mit bestehendem Recht
Auch Saskia Esken von der SPD hat Probleme mit dem neuen Entwurf: Sie stellt sich laut Heise die Frage, „warum Plattformen im so genannten Darknet eigentlich anders behandelt werden sollen, als in anderen Bereichen des Netzes“.
Laut dem Telemediengesetz und der E-Commerce-Richtlinie haften Plattformen grundsätzlich nicht für die Straftaten, die begangen werden; es sei denn, sie werden über illegale Aktivitäten informiert. Dann müssen sie tätig werden, um einer Haftung zu entgehen. Der neue Strafparagraph verpflichtet nun Marktplatzbetreiber dazu, aktiv nach illegalen Inhalten zu suchen, um zu verhindern, selbst vor Gericht zu landen.
Bayern geht es nicht weit genug
Während der Gesetzesentwurf harsche Kritik erntet, geht er Bayern noch nicht weit genug: Geht es nach Georg Eisenreich von der CSU, soll der neue Paragraph „nicht nur im Darknet, sondern auch im offenen Internet“ gelten. Dies geht aus einer Meldung von Netzpolitik hervor. Telekommunikationsüberwachung, Verkehrsdatenabfrage und Staatstrojaner – das sollte laut Bayern alles erlaubt werden. Zustimmung fanden die Ideen allerdings nicht. Angenommen wurde hingegen zum einen eine Datenauskunft von Postdienstleistern und eine Strafbarkeit auch für ausländische Anbieter.
Der Gesetzesentwurf wird nun an den Bundestag übermittelt. Dort erst wird das Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt. Ob der Entwurf tatsächlich in die Realität umgesetzt wird, hat dann der Bundestag zu entscheiden.
Kommentar schreiben