1. Mehrwertsteuersatz sinkt für ein halbes Jahr
2. „Sozialgarantie 2021“ – Bund will Kosten auffangen
3. Stromkunden – EEG-Umlage soll bezuschusst werden
4. Import – Einfuhrumsatzsteuer wird später fällig
5. Steuerlicher Verlustrücktrag wird erweitert
6. Investitionsanreiz durch degressive Abschreibung
7. Körperschaftsteuerrecht soll modernisiert werden
8. Mitarbeiterbeteiligung einfacher machen
9. Anpassungen im Bereich Insolvenz
10. Investitionen sollen vorgezogen werden
11. Entbürokratisierung auch auf EU-Ebene?
12. „Die Konjunktur stärken und die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesseln“
Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer ist in aller Munde. Sie ist eines der Mittel, mit denen der Koalitionsausschuss (CDU/CSU und SPD) auf die zurückgegangene Wirtschaftsleistung im Zuge der Coronakrise reagieren will. Die direkten Folgen der Pandemie im Inland sollen bekämpft, Lieferketten wiederhergestellt und auf die verschlechterte weltwirtschaftliche Lage reagiert werden werden – zumindest sieht man Deutschland laut dem Eckpunktepapier zum Vorhaben vor diesen Herausforderungen stehen. Nachhaltiges Wachstum ist demnach das auserkorene Ziel, Arbeitsplätze und Wohlstand sollen dabei gesichert werden. Was also gehört zum Plan?
Überlegt hat man sich mehrere Ansatzpunkte. Das Vorhaben lässt sich grob in drei Themen gliedern: Internationale Verantwortung, Zukunft (hierüber berichteten wir bereits) und Konjunktur- und Krisenbewältigung. Für das letzte Thema werden einige wirtschaftliche Ambitionen zur Förderung der Konjunktur genannt, über die wir eine Übersicht geben.
Mehrwertsteuersatz sinkt für ein halbes Jahr
Dieses Vorhaben ist wohl an kaum jemandem vorbeigegangen: Um die Binnennachfrage bzw. die Kaufkraft zu stärken, wird befristet vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 der Mehrwertsteuersatz gesenkt – aus 19% werden 16%, aus 7% werden 5%. Diese Anpassung orientiert sich dabei nicht an bestimmten Umsatz-Arten bzw. den verkauften Waren, sondern gilt allgemein. Nicht unmittelbar Teil des Konjunkturpakets war die gesonderte Steuersenkung im Bereich der Gastronomie, welcher der Bundesrat vor wenigen Tagen zugestimmt hat.
Damit die Senkung überhaupt ihren Zweck erfüllen kann, ist vorgesehen, dass die Senkung an die Kunden „weitergegeben“ wird – eine echte gesetzliche Pflicht, die Endpreise zu senken, wird es aber nicht geben. Der Finanzbedarf soll ca. 20 Milliarden Euro betragen. Zwar stoßen Steuersenkungen vielfach auf Sympathie, allerdings bleibt diese hier nicht ohne Kritik, wie wir auch den ersten Reaktionen unserer Leserinnen und Leser entnehmen können. Etwaige notwendig werdende Umstellungen, Auswirkungen und weitere werden diskutiert.
OnlinehändlerNews wird am Ball bleiben und über weitere Entwicklungen informieren.
„Sozialgarantie 2021“ – Bund will Kosten auffangen
Durch die Auswirkung der Pandemie seien die Ausgaben aller Sozialversicherungen gestiegen. Dass dadurch auch die Lohnnebenkosten steigen, will die Koalition mit der „Sozialgarantie 2021“ verhindern. Sozialversicherungsbeiträge sollen bei maximal 40% stabilisiert werden. Darüber hinaus erforderliche Kosten sollen zumindest bis zum Jahr 2021 aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden.
Zweck ist es, die Nettoeinkommen von Arbeitnehmern zu entlasten und Verlässlichkeit für Unternehmen zu schaffen. Der Finanzbedarf wurde hier mit 5,3 Milliarden Euro für 2020 angegeben.
Stromkunden – EEG-Umlage soll bezuschusst werden
Stromkunden sollen bei den Stromkosten entlastet werden. Die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) drohe im Jahr 2021 wegen des Rückgangs der Wirtschaftsleistung und des Börsenstrompreises stark zu steigen. Neben Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandel in Deutschland soll ein weiterer Zuschuss dazu führen, dass die EEG-Umlage schrittweise gesenkt werden kann. Im Jahr 2021 soll sie bei 6,5 Cent je Kilowattstunde liegen, im Jahr 2022 bei 6 Cent. Der Finanzierungsbedarf liege bei 11 Milliarden Euro.
Import – Einfuhrumsatzsteuer wird später fällig
Werden Waren aus Drittländern importiert, wird hierauf Einfuhrumsatzsteuer fällig, wenn der Wert der Ware 22 Euro übersteigt. Fällig soll diese künftig erst am 26. des Folgemonats werden. Aufgehoben wird hier praktisch also nichts, aber aufgeschoben. Dadurch soll Unternehmen ein Liquiditätseffekt von ca. 5 Milliarden Euro zugute kommen und ein faires Spielfeld im Hinblick auf die „europäischen Nachbarn“ ermöglicht werden.
Steuerlicher Verlustrücktrag wird erweitert
Wer mit seinem Einkommen Verluste erzielt, kann diese im Wege eines Verlustrücktrags mit Gewinnen aus der vorherigen Periode verrechnen und damit die früheren Gewinne mindern – und muss idealerweise entsprechend weniger Steuern zahlen. Für viele Unternehmen hat die Coronapandemie zu herben Verlusten geführt. Der steuerliche Verlustvortrag soll deswegen gesetzlich für die Jahre 2020 und 2021 auf max. 5 Millionen Euro (10 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung) erweitert werden. Normalerweise dürfen negative Einkünfte nur in Höhe von einer Million Euro (zwei Millionen Euro bei Zusammenveranlagung) im Wege des Verlustrücktrags abgezogen werden.
Damit steigt also der Rahmen, innerhalb dessen sich Unternehmen Steuern aus dem vorherigen Jahr zurückholen können. Dabei soll auch ein Mechanismus eingeführt werden, wie dieser Rücktrag bereits in der Steuererklärung für 2019 nutzbar gemacht werden kann und den Unternehmen damit Liquidität verschaffen.
Investitionsanreiz durch degressive Abschreibung
Wer bestimmte Wirtschaftsgüter anschafft, die sich abnutzen, schreibt diese steuerlich in der Regel verteilt über den typischen Nutzungszeitraum ab. Die einzelnen Beträge sind dabei gleich (sog. lineare Abschreibung). Im Zuge des Konjunkturpakets soll in den Jahren 2020 und 2021 für bewegliche Güter des Anlagevermögens wieder die sogenannte degressive Abschreibung wieder zum Leben erweckt werden – ein solches Modell gab es bereits bis 2007 einmal. Hierbei sinken die jeweiligen Abschreibungsbeträge Jahr für Jahr, die Wertminderung verlangsamt sich. Zu Beginn liegt die Abschreibung höher, sodass der Gewinn zunächst stärker gemindert wird. Dadurch soll auf steuerlicher Ebene ein Investitionsanzreiz gesetzt werden.
Körperschaftsteuerrecht soll modernisiert werden
Zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen soll das Körperschaftsteuerrecht modernisiert werden. Das Eckpunktepapier nennt hier als Beispiele die Möglichkeit von Personengesellschaften, zur Körperschaftsteuer zu optieren und die Anhebung des Ermäßigungsfaktos bei gewerblichen Einkünften auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags, bislang liegt dieser bei 3,8%. Die Folge kann insofern eine stärkere Ermäßigung der Einkommensteuer sein.
Mitarbeiterbeteiligung einfacher machen
Beabsichtigt ist weiterhin, Möglichkeiten der Unternehmensbeteiligung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern, dabei soll auch auf die „besondere Situation“ von StartUps eingegangen werden.
Anpassungen im Bereich Insolvenz
Da die Pandemie dazu führen könne, dass viele Unternehmen unverschuldet in finanzielle Schieflage geraten, soll auch jenen Unternehmen geholfen werden, die eine Insolvenz trotz Unterstützungsmaßnahmen nicht vermeiden konnten. Dazu soll der Neustart nach einer Insolvenz schneller möglich sein – der Entschuldungszeitraum für natürliche Personen soll insofern auf drei Jahre verkürzt werden.
Gleichzeitig solle es ausreichende Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch geben. Die Verkürzung soll für Verbraucher befristet sein, auch solle die Situation nach einem angemessenen Zeitraum überprüft werden, insbesondere mit Blick auf Auswirkungen für das Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten. Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen soll ein Restrukturierungsverfahren eingeführt werden.
Investitionen sollen vorgezogen werden
Geprüft werden soll, ob geplante Aufträge und Investitionen vorgezogen werden können. Besonders Digitalisierungsprojekte in der Verwaltung, Sicherheitsprojekte und neue Rüstungsprojekte mit einem hohen deutschen Wertschöpfungsanteil sollen sofort umgesetzt werden, wenn sie noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können.
Entbürokratisierung auch auf EU-Ebene?
Um konkrete Investitionsprojekte schnell mit öffentlichen Fördermaßnahmen umsetzen zu können, soll das Vergaberecht zeitweise vereinfacht werden, ohne allerdings dabei die Grundsätze von Wettbewerb, Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beeinträchtigen. Vorgesehen sei etwa die Verkürzung von Fristen bei EU-Vergabeverfahren. Dabei solle die Europäische Ratspräsidentschaft Deutschlands nach Bestrebungen der Koalition auch dazu genutzt werden, um auf europäischer Ebene ein Programm zur Entbürokratisierung anzustoßen, das Planungsrecht soll beschleunigt, das Vergaberecht vereinfacht und das Wettbewerbsrecht reformiert werden.
„Die Konjunktur stärken und die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesseln“
All diese Vorhaben sollen laut dem Eckpunktepapier der GroKo die Konjunktur stärken und „die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesseln“, wie es darin heißt. Offen ist in vielen Punkten zur Zeit aber die konkrete Umsetzung, gerade die Mitteilung der Mehrwertsteuersenkung betrifft viele Unternehmer, erfolgte jedoch sehr kurzfristig. So erschöpfen sich die Ideen und Vorhaben weitgehend in den im Eckpunktepapier genannten Daten – konkrete Gesetzesentwürfe sind bislang ebenso wenig vorhanden wie etwaige Schreiben des Bundesfinanzministeriums, die über praktische Fragen im Hinblick auf die zahlreichen steuerlichen Aspekte Aufschluss geben. Hier bleibt zu erwarten, dass sich die Angaben in der kommenden Zeit konkretisieren. Offene Fragen im Hinblick auf die persönlichen steuerlichen Änderungen sollten zur Klärung idealerweise mit dem Steuerberater besprochen werden.
Neben diesen Maßnahmen vorgesehen sind noch weitere: Auch Länder und Kommunen sollen gestärkt, junge Menschen und Familien unterstützt werden. Auch sollen wirtschaftliche und soziale Härten abgefedert werden – hierüber werden wir in den kommenden Tagen noch genauer informieren.
Was halten Sie von den einzelnen Vorhaben? Teilen Sie es uns gern in den Kommentaren mit.
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