Das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist wohl an kaum jemandem vorübergegangen. Verantwortlich dafür ist besonders die Mehrwertsteuersenkung, die im Rahmen des 130 Milliarden schweren Pakets über ein halbes Jahr dafür sorgen soll, dass die Wirtschaftsleistung nach der Coronakrise wieder angekurbelt wird.
Daneben sind noch etliche weitere Maßnahmen vorgesehen, die der Wirtschaft unter die Arme greifen sollen, etwa die Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer, eine Senkung der EEG-Umlage, ein erweiterter steuerlicher Verlustrücktrag oder die degressive Absetzung für bestimmte Wirtschaftsgüter. Vor allem aber die genannte Mehrwertsteuersenkung und die geplanten Überbrückungshilfen spielen eine praktisch bedeutende Rolle für die Tätigkeit von kleinen und mittelständischen Online-Händlern.
In einer aktuellen Stellungnahme richtet sich der Händlerbund e.V. an die Mitglieder der Bundestagsfraktionen, Fachpolitiker und Ministerien und fordert nötige Nachbesserungen.
Händlerbund kritisiert Kosten- und Nutzenverhältnis bei Steuersenkung
„Aus Sicht des Händlerbundes ist die Mehrzahl dieser Maßnahmen zu begrüßen und diese kommen zum richtigen Zeitpunkt“ heißt es in dem Schreiben. „Allerdings müssen Aufwand und Risiken für den Mittelstand im Blick behalten werden, um diese so gering wie möglich zu halten. Schon jetzt sind die Schwierigkeiten abzusehen, die auf den mittelständischen Online-Handel zukommen. Hier muss die Politik Sicherheit gewährleisten, Augenmaß beweisen und sicherstellen, dass niemand durchs Raster fällt“, beschreibt die Stellungnahme und nimmt damit die Mehrwertsteuersenkung und die Überbrückungshilfen in den Fokus.
In der Sache unterstütze der Verband die beschlossene Mehrwertsteuersenkung. Es sei zu erwarten, dass sich die Senkung auf die gesamte Wirtschaft positiv auswirke und die Kaufkraft von Verbrauchern erhöhe. Allerdings hätten auch höhere Freibeträge für Unternehmer oder eine Senkung der Einkommenssteuer ähnliche Effekte haben können; diese wären aber mit weniger Aufwand für die betroffenen Unternehmer einhergegangen.
Die Kürze der Maßnahme kritisiert auch der Verbrauchzentrale Bundesverband (vzbv). Außerdem führe die Steuersenkung aus Sicht der Verbraucherschützer nicht zwingend zu einer Weitergabe an die Kunden. Der hohe bürokratische Aufwand aber würde zu Belastungen für Unternehmen sorgen. Laut vzbv hätte die Bundesregierung die Verbraucher und Unternehmen lieber über höhere Entlastungen bei der EEG-Umlage unterstützen sollen.
Verband schlägt Verlängerung und faire Übergangsfristen vor
Um den Aufwand wett zu machen, fordert der Händlerbund e.V. eine Verlängerung der Steuersenkung. Man sehe einen massiven zeitlichen und personellen Aufwand, der nicht im Verhältnis zum Nutzen stünde. „Eine Verlängerung der Geltungsdauer der Steuersenkung würde diese Anstrengungen wirtschaftlich lohnender machen und die konjunkturelle positive Wirkung der Steuersenkung vervielfachen“, so der Verband.
Zudem sollten faire Übergangsfristen geschaffen und für Klarheit gesorgt werden. Einerseits sei die konkrete Ausgestaltung der ohnehin spontanen Steuersenkung noch unklar, gleichzeitig müssten aber diverse Anpassungsmaßnahmen vorgenommen werden. Dabei hingen viele Händler auch von anderen Akteuren ab, beispielsweise Online-Plattformen oder Shopsystemen. „Es braucht also dringend Klarheit bezüglich der Handhabung der zahlreichen Detailfragen. Daher ist es notwendig, dass die Behörden in allen Belangen Kulanz zeigen – denn für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ist die Kurzfristigkeit der Maßnahme eine enorm große Herausforderung“ meint der Händlerbund, auch mit Blick auf die wichtige Frage der Umsetzung auf Seiten der Finanzverwaltung.
Solo-Selbstständige und Kleinunternehmer sollen bei Überbrückungshilfen gefördert werden
Auch bei den Überbrückungshilfen sieht der Händlerbund e.V. erheblichen Nachbesserungsbedarf, insbesondere für Kleinunternehmer erschwere sich die Situation im Vergleich zu den Corona-Soforthilfen. „Die neue Überbrückungshilfe hingegen macht es KMU schwerer. Zum einen sind die Betriebskosten nur zu einem Teil förderfähig. Für Kleinstunternehmen ist das eine deutliche Verschlechterung, weil sie auch bei gleichbleibenden Umsatzeinbrüchen weniger Zuschüsse erhalten. Zum anderen schreiben die Antragsvoraussetzungen vor, dass KMU den Antrag nicht mehr alleine machen können, sondern Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater hinzuzuziehen sind“, heißt es dazu in der Stellungnahme.
Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum Lebenshaltungskosten von Solo-Selbstständigen weiterhin nicht übernommen werden – obwohl die Mittel für die Soforthilfe nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft wurde. „Der Händlerbund erinnert die Bundesregierung daran, die Online-Händler als wichtigen Teil der deutschen Wirtschaft zu unterstützen, um den Schaden für die deutschen Unternehmer zu minimieren“ schließt der Verband seine Stellungnahme ab.
Die Händlerbund-Kritik an der Ausgestaltung der neuen Überbrückungshilfe teilt auch der Selbstständigenverband VGSD. Selbstständige gingen leer aus und kaum einer aus dieser Berufsgruppe könne sich einfach so Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater zur Antragstellung leisten. Daher habe die Überbrückungshilfe ihren Namen nicht verdient, so der VGSD. Im Bundestag hat die FDP-Fraktion die Kritik der Verbände gehört und einen eigenen Antrag zu den Überbrückungshilfen gestellt. Darin fordert die Fraktion sofortige Überbrückungshilfen, die ähnlich wie das Kurzarbeitergeld bis Jahresende gelten, nicht komplizierter als die Soforthilfe sein und den Lebensunterhalt von Solo-Selbstständigen bezuschussen sollten.
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Ja, die meisten haben die Information natürlich mitbekommen.
Jedoch wird die Förderung selbst, ähnlich wie die KfW-Kredite, an den meisten KMU vorübergehen. Politiker in Berlin und den Ländern lassen sich feiern, während bei den Unternehmen und der Wirtschaft so gut wie nichts ankommt.
Hoffen wir, dass sich bei den nächsten Bundestagswahle n genügend Menschen daran erinnern, wer den sprichwörtliche n Karren in den Dreck gefahren hat...
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