Die Senkung der Mehrwertsteuersätze auf 16 bzw 5 Prozent ist das Herzstück des milliardenschweren Konjunkturpakets, das die Bundesregierung vorgestellt hat, um die Wirtschaft nach den Einschränkungen durch die Coronakrise wieder anzukurbeln. Die Mehrwertsteuersenkung wurde am 29. Juni 2020 vom Bundestag und Bundesrat beschlossen. Sie gilt ab dem 1. Juli 2020 für ein halbes Jahr – aber wie gehen Unternehmen damit um?

Logistiker kündigen niedrigere Preise an

Geschäftskunden der Deutschen Post DHL Group dürfen sich über niedrigere Preise freuen: Der Konzern hat die Preise für mehrwertsteuerpflichtige Geschäftskunden-Produkte in den Bereichen Briefkommunikation, Paket, Dialogmarketing und Express gesenkt. Auch für einige Privatkunden-Produkte wurden die Preise angepasst. Nähere Informationen zu den Änderungen haben wir auf dem Logistik Watchblog zusammengestellt.

Der Versanddienstleister Hermes gibt die Mehrwertsteuersenkung ebenfalls an die Kunden weiter: Das Unternehmen senkt die Preise ab dem 1. Juli 2020 für den privaten Versand von Paketen. Die Preise für Geschäftskunden sollen allerdings nicht angepasst werden.

Die Situation auf den Online-Marktplätzen

Amazon hat Business Insider zufolge angekündigt, die Preise für seine Eigenprodukte zu senken und damit die Steuerersparnis an die Kunden weiterzugeben. Wie die Marketplace-Händler, die mittlerweile für mehr als die Hälfte der Verkäufe über die Amazon-Plattformen verantwortlich sind, mit der neuen Regelung umgehen, ist aber ihnen selbst überlassen.

Das gilt auch auf anderen Marktplätzen: Ob die Händler die Mehrwertsteuersenkung an ihre Kunden weitergeben, also ihre Preise entsprechend senken, ist ihnen frei überlassen. Die Änderung der Mehrwertsteuersätze musste aber zum Stichtag durchgeführt werden. Wie das auf den einzelnen Marktplätzen funktioniert, hat der Händlerbund im Vorfeld zusammengestellt.

Preisnachlass als Wertcoupon?

Für großes Aufsehen sorgte Douglas-Chefin Tina Müller: Sie verkündete auf Twitter, die Senkung der Mehrwertsteuer zu begrüßen. Dem Wunsch von Finanzminister Olaf Scholz, dass die Unternehmen die Steuerersparnis an die Verbraucher weiterreichen werde, will Douglas kreativ lösen: Zu jedem Einkauf gibt es einen Wertcoupon in Höhe von drei Prozent. Dieser Schritt sorgte allerdings für reichlich Kritik auf der Plattform: Viele Nutzer monierten, dass die Regierung sich das so wohl nicht vorgestellt habe – schließlich erhalten die Verbraucher die Ersparnis so erst bei einem weiteren Einkauf.

Update: Douglas passt Umgang mit Mehrwertsteuer an

Nach der harschen Kritik in den sozialen Medien hat Douglas-Chefin Tina Müller angekündigt, bei der Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Kunden nachzubessern. Ab dem 2. Juli werde das Unternehmen die 3-Prozent-Differenz direkt beim Einkauf an der Kasse abziehen und nicht mehr als Wertcoupon für den nächsten Einkauf ausgeben. 

 

Discounter und Supermärkte senken Preise teilweise früher

Günstiger wird es auch beim Einkauf im Discounter bzw. im Supermarkt: Wie Chip berichtet, reichen sowohl Aldi Süd und Nord, also auch Lidl, Globus und Netto die Ersparnis an ihre Kunden weiter. Die Aldi-Märkte haben bereits ab 27. Juni alle Produkte um drei Prozent reduziert. Da der Rabatt auf den gesamten Einkaufswert berechnet wird, sparen die Kunden sogar noch ein wenig mehr. 

Lidl hatte die Mehwertsteuer Chip zufolge bereits am 22. Juni für das gesamte Sortiment reduziert. Auch der SB-Warenhauskonzern Globus habe die Senkung bereits vor dem Stichtag durchgeführt. Netto Marken-Discount habe seine Preise ebenfalls früher – nmlich am 29. Juni 2020 – angepasst und will sich von der 9er-Endung verabschieden. „Wir runden unsere Preise grundsätzlich auf ganze Cent-Beträge ab. Damit geben wir mehr als die Mehwertsteuersenkung an unsere Kunden weiter“, so Christina Stylianou, Leiterin der Unternehmenskommunikation von Netto. Auch Edeka, Kaufland und Rewe wollen die Preise anpassen.

Elektronik-Anbieter wollen Preise ebenfalls senken

MediaMarkt und Saturn haben die Preisanpassung ebenfalls etwas früher vorgenommen: Am 30. Juni gewährten die Elektronik-Anbieter einen Rabatt von 2,52 Prozent auf den Einkaufswert, womit die Steuerersparnis schon einen Tag vorher weitergereicht wurde, berichtet MobiFlip. Ab dem 1. Juli greift dann der niedrigere Mehrwertsteuersatz, der ebenfalls an die Kunden weitergereicht werden soll.

Auf niedrigere Preise dürfen sich wohl auch die Kunden von Gravis und Cyberport freuen, wie Giga berichtet. Beide Unternehmen zählen zu den Händlern, die die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weiterreichen wollen.

Händler müssen aktiv werden

Auch wenn Olaf Scholz sich ein Weiterreichen der Ersparnis an die Verbraucher gewünscht hat – verpflichtet sind Händler dazu nicht. Aktiv werden müssen aber alle Unternehmer im B2C-Bereich. Denn ob die Ersparnis weitergereicht wird oder nicht: Die Mehrwertsteuersätze im Shop sollten idealerweise bis zum 1. Juli 2020 umgesetzt werden. Der Händlerbund hatte im Vorfeld eine Checkliste für die Mehrwertsteuer-Änderung im Shop zusammengestellt.