Bereits in der letzte Woche sorgte der Mainzer Bürgermeister mit seiner Idee von einer extra Steuer für den Online-Handel für reichlich Diskussionsstoff. Er reiht sich damit in die Forderungen von TV-Philosoph Richard David Precht ein, für den ganz klar der Online-Handel am Sterben der kleinen Boutiquen in den Innenstädten Schuld sei. Nun setzt die Union in ihrem Vorschlag von einem „Pakt für die Innenstädte“ noch einen oben drauf.
Online-Händler zahlten keine Gewerbesteuer
Laut dem Willen der CDU soll der Einzelhandel in den Innenstädten durch eine Abgabe der Online-Händler unterstützt werden. Die Abgabe solle über eine gesonderte Paketgebühr ans Finanzamt entrichtet werden, berichtet der MDR. Wie hoch die Gebühr ausfalle, hänge vom Wert der Bestellung ab. Ob diese Abgabe auf die Kunden abgewälzt werde, soll den Online-Händlern überlassen werden. Das so eingenommene Geld soll in sogenannten Innenstadt-Fonds angelegt werden.
Die Idee ist, dass viele stationäre Händler durch die Coronakrise an den Rand der Existenz gedrängt werden und durch zahlreiche finanzielle Hilfen unterstützt werden müssen. Der Online-Handel hingegen profitiere von der vorhandenen Infrastruktur der Innenstädte. Da dieser anders als der stationäre Handel keine Gewerbesteuer abführe, zahle dieser nichts für die Strukturen. Daher sollten Online-Händler, die auch stationär tätig sind, keine extra Abgabe zahlen.
Dieses Argument der Gewerbesteuer ist nur schwer zu verstehen. Immerhin zahlen Online-Händler sehr wohl Gewerbesteuern. Über den Hintergrund lässt sich nur spekulieren: Mutmaßlich meint die Union damit, dass ein Online-Händler an seinem Betriebssitz in Stadt A Gewerbesteuern zahlt; aber durch seinen Handel in Stadt B, C und D die Infrastruktur nutzt, ohne wiederum dort Steuern abzuführen.
Der Vorschlag stößt auf geteilte Meinungen. Bereits am Wochenende konnten hitzige Diskussionen zwischen Online-Händlern auf Facebook verfolgt werden. Die FDP kritisiert die Pläne als „neues Bürokratiemonster“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußerte sich im Bericht aus Berlin dagegen positiv über die Idee.
Profiteur der Coronakrise ist Amazon
Erst im Sommer wurde bekannt, dass Amazon seine Gewinne im Quartal fast verdoppeln konnte. Diese Entwicklung kann aber noch lange nicht als Blaupause für die ganze Branche herhalten. Verbraucher, die vorher kaum online eingekauft haben, mussten aufgrund der Coronakrise auf den Online-Handel ausweichen. Amazon hat hier ganz klar von seiner Bekanntheit profitiert. Kleine Online-Händler konnten da nicht mithalten. Das zeigt auch Teil drei der Corona-Studie des Händlerbundes. Während im Frühjahr noch mehr Händler ein Umsatzwachstum melden konnten, sind es nun nur noch 36 Prozent, die im November von einem Wachstum von 30 Prozent profitieren konnten. Auf der anderen Seite berichtet ein Drittel der Händler von einem Umsatzverlust.
Daher spricht sich auch der Händlerbund entschieden gegen eine Extra-Abgabe für Online-Händler aus und wird sich auch an entsprechender Stelle dagegen äußern und positionieren. Nur gemeinsam sei der Handel stark.
Update vom Nachmittag
Mittlerweile hat der Händlerbund eine Stellungnahme zu der Forderung der Union veröffentlicht. Der HB lehnt die Paketabgabe strikt ab und macht deutlich, dass der Online-Handel ein sehr buntes Feld ist und eben nicht nur aus Amazon besteht. „Diese KMU im Online-Handel nutzen zwar die Marktplatz-Plattform von Amazon, doch sie sind nicht ansatzweise mit diesem multinationalen, gigantischen Unternehmen vergleichbar. Wer Amazon synonym für den Online-Handel verwendet, der handelt aus politischen Motiven oder aus Ignoranz oder dem fehlt das Verständnis für die vielfältige und heterogene deutsche E-Commerce-Landschaft“, heißt es konkret.
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Hinzu kommt, dass viele Waren aus dem Onlinehandel in stationären Läden überhaupt nicht erhältlich sind und es auch früher nicht waren. Wer zum Beispiel in M-V wohnt kann gut und gerne 80 km fahren um etwas bestimmtes zu bekommen oder gar in ein anderes Bundesland. Man tut hier so, als wäre der Onlinehandel eine plötzliche Erscheinung mit der man nicht umzugehen weiß. Wo ist der Unterschied zu den großen Versandhäusern von damals? Erst Versandhäuser, dann Tele-Shopping, heute Onlinehandel. Statt dicke Kataloge zu wälzen oder fernzusehen und zu bestellen geht das heute online. Der stationäre Handel steht vor denselben Problemen wie seit den 1980ern und hat und hat es noch immer nicht geschafft, sich den Bedürfnissen der Kunden anzupassen. Und auch ein Fonds für Innenstädte und eine Steuer auf den Onlinehandel werden das nicht ändern, wenn die die stationären Geschäfte weiterhin unattraktiv sind, ein überschaubares Angebot haben und dabei noch viel teurer sind. Außer natürlich, die Steuer wird so hoch, dass der stationäre Handel billiger ist und der Onlinehandel geht zu Grunde - und damit gehen reichlich Steuereinnahmen flöten. Denn ein stationäres Geschäft wird sein Sortiment bei geringer Nachfrage an bestimmten Dingen nicht erweitern. Dann bleibt der Umsatz eben aus - und damit die Steuereinnahmen , die mit ihm verbunden sind.
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mittlerweile hat der Händlerbund eine Stellungnahme veröffentlicht: bit.ly/3rggFkL
Mit besten Grüßen
die Redaktion
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Aber es ist ja einfacher, den kleinen Onlinehändler, der keine Lobby hat, anzugehen, als die großen Unternehmen, die eine Lobby haben und sicherlich auch für die eine oder andere Spende sorgen.
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In der Not hilft man sich eben selbst.
Als Shopbesitzer hat man sehr viel viele Abgaben, der Staat hält da ordentlich die Hände auf.
Das natürlich jetzt viele Innenstädte wie leer gefegt sind, schmerzt mich natürlich auch.
Viele kleinere Händler, Restaurants und Bars mussten schließen und viele werden wohl nicht zurückkommen. Wird jetzt der Sündenbock beim Onlinehändler gesucht?
Zeiten ändern sich. Wir leben im Jahr 2020 und der Onlinehandel wächst und wächst.
Es ist schnell, einfach, übersichtlich und das wird sich nicht aufhalten lassen.
Vor 20-30 Jahren konnte eine kleine Familie nicht gut davon leben, wenn nur der Mann arbeiten ging, heute müssen beide Partner arbeiten und sich höchstens ein Kind leisten. Die (in der Regel) Frau hat also keine Zeit zum stundenlangen Shopping in der Stadt, da wird schnell nach Feierabend was bestellt - das dauert 5 Minuten und am nächsten Tag ist es da.
Es ist doch ganz natürlich, dass das viele Familien und Menschen nutzen, die aufgrund von Arbeit nicht mehr so viel Zeit wie früher haben.
Ich habe nichts gegen eine kleine Abgabe um damit die Geschäfte zu unterstützen, WENN das Geld aber auch bitte wirklich bei denen ankommt und es am Ende nicht doch wieder in irgendeinen anderen Mist fließt.
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In den letzten Jahrzehnten wurden die Innenstädte immer mehr zu Fußgängerzonen ausgebaut. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Kunden nicht mehr nahe am Schaufenster vorbeigeführt werden, sondern sich mehr über die Mitte der Fußgängerzone verteilen. Somit stirbt die Laufkundschaft aus.
Die Parkräume in den Innenstädten werden sukzessive verringert. Man ist gezwungen den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Das mag für kleinere Einkäufe funktionieren, aber kein Mensch setzt sich mit einer Waschmaschine in die U-Bahn (rein bildlich gesprochen).
Die Supermärkte auf der grünen Wiese ziehen massenhaft Kunden aus den Innenstädten. Müssen die jetzt auch eine Abgabe zahlen? Bisher ja wohl nicht ...
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Nicht nur wegen großer Einkaufszentren auf der "Grünen Wiese".
Es ist viel geredet und diskutiert worden.
Eine gute Analyse zum Ladensterben in Städten aus dem Jahr 2019:
www.reichling-zweibruecken.de/ .../
Jetzt sucht man im Schatten von Corona nach Geldquellen, welches das
Ladensterben nicht aufhalten werden.
Bald sind Wahlen. Ich weiß wen ich nicht wähle.
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Wenn Amazon nur die normale Steuer mal in DE abdrücken würden, dann hätten wir keine Probleme mehr ! Jetzt noch eine weitere Steuer für den kleinen Man(n), wir geben doch schon 70% unseres Einkommens an den Staat ab. Was denn noch alles ? Wie nennen wir diese Amazon-Steuer? Hier werden die falschen zur Kasse gebeten ! Und ich garantiere, ich verlege meine Firma ins Ausland. Ich habe die faxen mit diesem Sozialstaat langsam dicke !
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Was haben wir für Politiker???? 1. Gerade die Bürgermeister der mittleren und kleinen Orte haben Geschäfte wie Rewe, Aldi, Netto, Lidl, die als Anziehungsmagne t für den Einzelhandel der Innenstädte zählte, an den Dorfrand gelegt, um die Innenstadt zu beruhigen. 2. Als Herr Scholz als Finanzmister antrat – seine Worte – Es kann doch nicht sein, dass Amazone in Deutschland keine Steuern zahlt, dass muss geändert werden. Antwort von Amazone – dann schließen wir alle Fialen in Deutschland und gehen nach Tschechien. Das wären 10000 Arbeitsplätze – Antwort von Herrn Scholz – STILLSCHWEIGEN - es gab mal ein Spruch – Wir lassen uns nicht erpressen – aber das war nur ein Rückzug von Herrn Scholz. Wir verkaufen auch im Onlinehandel ohne Amazone und andere Plattformen und zahlen Umsatz und Gewerbesteuer.
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