Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht, mit dem die Bundesregierung Teile der Omnibus-Richtlinie umsetzen will, soll nicht nur den Verbraucherschutz stärken, sondern auch mehr Klarheit ins Influencer-Marketing bringen (wir berichteten). Ein wirklicher Meilenstein ist das Gesetz nicht. Vielmehr könnte die neue Regelung zu Lasten der Verbraucher gehen.
Keine Werbekennzeichnung bei selbst erworbenen Artikeln?
Werden Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt, heißt die Antwort meistens: „Das Produkt habe ich doch selbst erworben!“ Im Einzelfall kann die Abmahnung aber dennoch berechtigt sein, was zu Verunsicherung beiträgt. Grund dafür ist der auslegungsbedürftige § 5a UWG. Dort heißt es zur Zeit noch:
„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“
Dieser Absatz soll nun laut Regierungsentwurf wie folgt erweitert werden:
„Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“
Die geplante Änderung ist damit etwas umfangreicher, als die ursprünglich vom Bundesministerium für Verbraucherschutz und Justiz angedachte. Teilweise liest man nun, dass das bedeutet, dass Influencer keine Werbekennzeichnung vornehmen müssen, wenn sie die präsentierten Produkte selbst erworben haben. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.
Klarstellung über Gegenleistung
Die geplante Ergänzung stellt lediglich klar, wann konkret kein kommerzieller Zweck vorliegt, ein Beitrag also nicht als Werbung gekennzeichnet werden muss. Ein Werbekennzeichnung ist demnach nicht notwendig, wenn dem Influencer durch ein anderes Unternehmen kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung
- gezahlt oder
- versprochen wurde.
Grundsätzlich kann ein Influencer ein Produkt selbst erwerben, aber dennoch eine Gegenleistung versprochen bekommen, was eine Werbekennzeichnung notwendig macht. Entsprechend ist die einfache Aussage, dass eine Kennzeichnung bei eigens erworbenen Produkten künftig nicht notwendig sein wird, falsch.
Die Hauptfrage ist allerdings, ob der Gesetzgeber damit sagen möchte, dass umgekehrt ein kommerzieller Zweck nur dann vorliegt, wenn eine Gegenleistung gezahlt oder versprochen wurde. Bisher lag ein kommerzieller Zweck auch dann vor, wenn beispielsweise:
- der Beitrag den Zweck verfolgt, den Absatz eines fremden Unternehmens zu fördern
- willkürlich ohne Zusammenhang Marken, Hersteller und Co. verlinkt wurden
- der Influencer durch die Verlinkung auf sich aufmerksam machen will und sich einen Vertrag erhofft
Das Gesetz lässt an dieser Stelle offen, wie die Rechtslage aussieht, wenn zwar keine Gegenleistung erfolgt ist oder versprochen wurde, dafür aber eines der bisherigen Indizien für das Vorliegen eines kommerziellen Zwecks gegeben ist. Abhilfe schafft hier ein Blick in die Gesetzesbegründung. Dort heißt es:
„Die neue Regelung soll insbesondere einen sicheren Rechtsrahmen für Handlungen von Influencerinnen und Influencern bieten, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst unmittelbar finanziell zu profitieren. Für solche Handlungen erscheint es unangemessen, eine Kennzeichnung als kommerziell zu verlangen.“
Wille des Gesetzgebers ist es also tatsächlich, dass nur noch die Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden müssen, von denen der Influencer direkt profitiert.
Ändert das Gesetz etwas an der Praxis?
Die Gretchenfrage lautet nun, ob die Erweiterung wirklich für mehr Klarheit sorgt. Dafür kann man sich drei der prominenten Fälle der letzten Jahre anschauen.
Vreni Frost: Fehlender redaktioneller Zusammenhang
Die Influencerin wurde abgemahnt, weil sie auf einem Bild einfach ein fremdes Unternehmen verlinkte. Das Gericht urteilte, dass dies Werbung sei, da für den Betrachter kein redaktioneller Zusammenhang ersichtlich ist. Auf dem Foto hatte hatte sie Luftballons in der Hand, auf denen sie einen Shampoo-Hersteller verlinkt hatte. Für diese Verlinkung hatte sie kein Geld bekommen. Da sie aber willkürlich ohne einen erkennbaren Zusammenhang Marken genannt hat, nahm das Gericht dennoch das Vorliegen eines kommerziellen Zwecks an.
Beurteilung nach geplanter Rechtslage: Frost hat nachweislich keine Gegenleistung für die Verlinkung erhalten. Eine Kennzeichung ist also nicht notwendig.
Pamela Reif: Schleichwerbung in Tap Tags
Im Streit um die durch Tap Tags markierten Unternehmen verlor Pamela Reif den Rechtsstreit vor dem OLG Karlsruhe. Die Richter stellten fest, dass ein kommerzieller Zweck auch dann verfolgt werden kann, wenn keine Gegenleistung erfolgt ist. Auf den ersten Blick erscheine das Profil zwar privat; es sei aber auch nicht ersichtlich, inwiefern die Interessen Dritter eine Rolle spielten. Daher sei für den Verbraucher nicht klar, ob die Tap Tags Werbung darstellen, oder eben nicht.
Beurteilung nach geplanter Rechtslage: Keine Gegenleistung, keine Werbekennzeichnung. Das Karlsruher Gericht müsste den Fall in der Zukunft wahrscheinlich anders beurteilen.
Cathy Hummels: Keine Gegenleistung, kein kommerzieller Zweck
Für Cathy Hummels würde das neue Gesetz nichts ändern: Hier hat das OLG München festgestellt, dass sie keine Gegenleistung erhalten hat und entsprechend auch keine Werbekennzeichnung vornehmen muss.
Fazit: Mehr Klarheit zu Lasten des Verbraucherschutzes?
Es ist lobenswert, dass die Bundesregierung nun klar zum Ausdruck bringt, wann eine Kennzeichnung notwendig ist. Damit hat das Herumgestochere um redaktionelle Zusammenhänge und mögliche vermutete kommerzielle Interessen ein Ende. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack: Geht die Klarheit möglicherweise auf die Kosten vom Verbraucherschutz? Wer nach Produkten sucht, informiert sich nicht selten auch gern auf Blogs um einen vermeintlich unvoreingenommenen Eindruck zu bekommen. Wie unvoreingenommen ist eine Produktempfehlung aber noch, wenn der Autor sich davon in der Zukunft einen möglichen Werbevertrag verspricht? Welchen Zweck soll denn ein Influencer verfolgen, der einfach ohne Zusammenhang Marken verlinkt? Kann eine einfache Markennennung überhaupt so etwas wie eine Meinung sein?
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