Mitte Januar hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) einen neuen Gesetzentwurf veröffentlicht, der sich mit dem Datenschutz und dem Setzen von Cookies beschäftigt, und dem vorgeschlagenen Gesetz den schmissigen Namen Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz gegeben – kurz TTDSG.
Ganz neu ist das Vorhaben nicht. Im August 2020 wurde ein vorläufiger Entwurf des Gesetzes geleakt. Der jetzt offiziell veröffentlichte Referentenentwurf wurde an zahlreichen Stellen deutlich überarbeitet.
Das steht im TTDSG-Entwurf
Das TTDSG soll DAS Gesetz für Datenschutz im Netz und in der elektronischen Kommunikation werden. Dafür werden alle Datenschutzregeln, die sich bereits im Telekommunikationsgesetz und im Telemediengesetz befinden, aus diesen Gesetzen herausgenommen und im TTDSG übersichtlich zusammengeführt und um neue Regelungen erweitert.
So soll sich künftig im TTDSG unter anderem finden, dass das Abhören von Funkanlagen illegal ist, welche Datenschutzregeln bei der Nachrichtenübermittlung mit Zwischenspeicherung gelten, wie mit Standortdaten oder Rufnummerunterdrückung umzugehen ist sowie dass Daten von Jugendlichen besonders sensibel behandelt werden müssen. Vor allem aber soll endlich das Setzen von Cookies neu geregelt werden. Für Verstöße gegen die Cookie-Regelungen sind bis zu 300.000 Euro Bußgeld vorgesehen. Außerdem soll für die Kontrolle der Regelungen und Sanktion bei Verstößen künftig nur noch der oder die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit zuständig sein, nicht mehr die Landesbehörden.
Darum braucht es neue Cookie-Regelungen
Das Setzen von Cookies – das Gesetz spricht von Endeinrichtungen – ist bislang im Telemediengesetz geregelt. Allerdings gilt die bisherige Regelung als defizitär. Die entsprechende EU-Richtlinie wurde nicht richtig umgesetzt. Das führte in der jüngeren Vergangenheit zu ordentlicher Rechtsunsicherheit, Appellen der EU an Deutschland das Gesetz endlich richtig umzusetzen und kontroversen Prozessen vor dem BGH und dem EuGH.
Das Problem ist, dass das Telemediengesetz den Endnutzern bislang bloß ein Widerspruchsrecht einräumt, wenn sie mit der Speicherung von Cookies auf ihrem Endgerät nicht einverstanden sind. Eine Zustimmung müssen Webseitenbetreiber für die Endeinrichtung aber nicht einholen. Von der EU, dem EuGH, dem BGH, der DSGVO und den deutschen Datenschutzbehörden wird aber verlangt, dass der Nutzer aktiv dazu einwilligt, dass Cookies gesetzt werden dürfen.
Eigentlich sollte die Streitfrage rund um Cookies in einer europäischen E-Privacy-Verordnung geklärt werden und dann für gleiche Bedingungen in der ganzen EU sorgen. Doch dieses Gesetzesvorhaben scheitert seit 2017 an Uneinigkeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Im Januar wurde bereits der 14. (!) Kompromissvorschlag im EU-Ministerrat vorgelegt, doch es ist sehr fraglich ob dieser Erfolg haben wird. Jetzt hat die Bundesregierung keine Geduld mehr und will selbst für eine bessere Rechtslage sorgen.
Gesetzentwurf sieht nur minimale Regelung vor
In § 22 wird im TTDSG-Entwurf vorgeschlagen, wie künftig mit Cookies umzugehen ist. Dabei hat das BMWi nur das Nötigste eingearbeitet. Der Endnutzer muss „klar und umfassend unter anderem über die Zwecke der Verarbeitung” seiner Daten informiert werden und dann DSGVO-konform, also aktiv und nicht per Voreinstellung, zur Endeinrichtung zustimmen. Ausnahmen gibt es nur wenn „der alleinige Zweck” eines Cookies das Senden eine Nachricht über elektronische Kommunikationsnetze ist oder wenn die Endeinrichtung „unbedingt erforderlich ist, um einen vom Nutzer ausdrücklich gewünschten Telemediendienst zur Verfügung” zu stellen.
Im Gegensatz dazu war die 2020 geleakte Version des TTDSG-Entwurfs sehr viel ausführlicher und führte vor allem mehr Möglichkeiten für Ausnahmen von der Einwilligungspflicht bei technisch nicht zwingend notwendigen Cookies auf, etwa durch den Abschluss eines Vertrags, durch entsprechende Browsereinstellungen oder zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen. Diese Passagen wurden aber gestrichen.
Wie soll eine Einwilligung überhaupt aussehen?
Der Ansatz im TTDSG-Entwurf könnte im schlechtesten Fall bedeuten, dass die derzeit herrschende Rechtsunsicherheit für Betreiber von Webseiten nicht aufgelöst wird. Es besteht nämlich durch die diversen Gerichtsurteile wenig Zweifel daran, dass eine Einwilligungspflicht zu Cookies notwendig ist.
Die große Frage ist, wie genau diese Einwilligung umgesetzt werden muss. Reicht ein aktives Nutzen der Seite, etwa durch weiterscrollen? Reicht es, ein Cookie-Banner wegzuklicken, um seine Zustimmung zur Endeinrichtung zu geben? Was genau sollen Cookie-Banner erfragen? Müssen Online-Händler auch eine Zustimmung einholen für Session-Cookies im Online-Shop, die etwa den Warenkorb, Zahlungs- und Spracheinstellungen speichern oder gelten diese als vom Nutzer ausdrücklich gewünscht? Und gibt es vielleicht Ausnahmen für werbefinanzierte, kostenlose Angebote im Netz, wie etwa Medien?
Wirtschaft dürfte nicht erfreut sein
All diese Fragen werden durch den vorliegenden Entwurf für das TTDSG nicht abschließend beantwortet. Die minimale Regelung von Ausnahmen und fehlende Klärung von Anforderungen würde bedeuten, dass eine Einwilligung für sämtliche Cookies nötig wird, egal ob First oder Third-Party-Cookie. Nicht nur für die Werbebranche wäre das ärgerlich. Alle Webseiten-Betreiber dürften dadurch vor Herausforderungen gestellt werden, Cookie-Banner könnten noch unübersichtlicher und allgegenwärtiger werden. Verbraucher könnten davon überrascht werden, dass einige Dienste nicht mehr funktionieren, die sie sonst gewöhnt sind und die sie erwarten.
Der Händlerbund hat sich in einer Stellungnahme an das BMWi gerichtet und fordert darin, dass an dem Entwurf noch nachgebessert wird. So soll die Rechtssicherheit für Online-Händler etwa dadurch gesteigert werden, dass besser geregelt ist, wie eine Einwilligung erfolgen kann und dass es eindeutige Ausnahmen etwa für Session-Cookies in Online-Shops gibt.
Jetzt ist das Bundeskabinett gefragt
Die öffentliche Konsultation des BMWi ist seit 22. Januar beendet. Nun wird der Gesetzentwurf im Bundeskabinett diskutiert werden, damit die Bundesregierung innerhalb der nächsten Wochen und Monate einen gemeinsamen Regierungsentwurf vorlegen kann. Dieser muss danach noch den parlamentarischen Weg durch Bundestag und Bundesrat durchlaufen. Es ist zu erwarten, dass die Bundesregierung das Gesetz noch vor den Bundestagswahlen im September durchbringen will.
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