Innerhalb der EU gibt es je nach Land ganz unterschiedliche Mehrwertsteuersätze. Derzeit gibt es zehn verschiedene Normalsätze zwischen 17 (Luxemburg) und 27 Prozent (Ungarn) und 20 verschiedene Kombinationen für den ermäßigten Satz. In fünf EU-Staaten gilt außerdem ein stark ermäßigter Satz, der sich je nach Land zwischen 2,1 und 4 Prozent bewegt. Und in fünf weiteren Ländern gibt es einen Zwischensatz zwischen 12 und 14 Prozent.
Die Aufgabe der Händler ist es, in diesem Dschungel durchzublicken und herauszufinden, welche Produkte in welchem Land unter welchen Mehrwertsteuersatz fallen. Und im Zuge der EU-Mehrwertsteuerreform, die ab 1. Juli zum Tragen kommt, fragen sich außerdem viele, wie man dieses Wirrwarr an Steuersätzen rechtskonform im Online-Shop abbilden kann. Wäre es da nicht viel leichter, wenn es im europäischen Binnenmarkt nicht nur angeglichene, sondern identische Mehrwertsteuersätze gäbe?
Ab 1. Juli müssen sich mehr Online-Händler mit den EU-weiten Steuersätzen beschäftigen
Das Thema wird für viele Online-Händler aktuell wegen der EU-Mehrwertsteuerreform besonders relevant. Ab 1. Juli wird die Lieferschwelle innerhalb der EU auf 10.000 Euro vereinheitlicht. Überschreitet ein Händler diese Marke, wird er in den EU-Ländern mehrwertsteuerpflichtig, in die er jede weitere Sendung verschickt.
Die Reduzierung der Lieferschwelle auf 10.000 Euro bedeutet, dass bedeutend mehr Online-Händler ab Juli im Ausland mehrwertsteuerpflichtig werden. Denn bislang lagen die Lieferschwellen je nach EU-Staat zwischen 25.300 und 100.000 Euro. Dann müssen deutsche Online-Händler ab Juli also wissen, welche Steuersätze in den Ländern gelten, in die sie verschicken. Und Ausnahmen für ermäßigte Sätze unterscheiden sich auch innerhalb der EU.
Für Händler bedeutet das entweder ein enormer Aufwand, um up-to-date zu bleiben und um die Steuern richtig abzuführen oder Geld für einen spezialisierten Dienstleister zu zahlen, der den Aufwand übernimmt. Zudem sorgt aktuell gerade die Preisangabe für Stirnrunzeln bei Händlern, die jetzt neuerdings mehrwertsteuerpflichtig im Ausland werden und die richtigen Steuersätze abführen müssen.
Identische Steuersätze wären die Lösung
Die Lösung für all diese Probleme und Herausforderung ist so naheliegend wie kompliziert. Gäbe es wirklich einheitliche Regelungen für die Höhe der Mehrwertsteuersätze, könnten Online-Händler sich einen großen Teil der jetzt drohenden administrativen Anstrengungen sparen.
Denn aktuell gelten nur Mindestvorschriften, die vorgeben, dass der reguläre Mehrwertsteuersatz mindestens 15 Prozent und der ermäßigte Satz mindestens fünf Prozent betragen müssen. Angesichts der absoluten Fragmentierung der Steuersätze innerhalb der Union darf die Wirksamkeit dieser Regelung aber hinterfragt werden.
Es bräuchte stattdessen identische reguläre, ermäßigte, stark ermäßigte und andere Mehrwertsteuersätze. Das würde wirklich und wirksam dazu beitragen, den Handel im Binnenmarkt zu fördern und kostenintensive Bürokratie für die Wirtschaftsteilnehmer abzubauen. Die Höhe der Sätze ist dabei erstmal zweitrangig, die wahre Vereinheitlichung an sich wäre Fortschritt genug.
Denn welchen Wert hat die Mehrwertsteuerreform und eine europäische Integration im Bereich der Lieferschwellen, wenn sich die Steuersätze so gravierend unterscheiden? Das Ziel der Integration im Binnenmarkt sollte doch gerade sein, die Hürden für grenzüberschreitendes Wirtschaften so niedrig wie möglich zu gestalten. Für viele Händler bedeuten die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze aber eine Wand, die erst erklommen werden muss.
Steuern sind aber (noch) Länderkompetenz
Scheitern dürfte der Wunsch nach identischen Mehrwertsteuersätzen daran, dass die Steuererhebung und die Festsetzung von Steuersätzen alleinige Kompetenz der EU-Mitgliedstaaten ist. Und in der Regel lassen sich die EU-Länder nicht gerne ihre Zuständigkeiten von der EU-Kommission abnehmen. Auch in der Frage der Höhe der Mehrwertsteuer ist derzeit nicht zu erkennen, dass etwa die deutsche Bundesregierung ein Interesse daran hat, die EU über die Höhe der Steuersätze entscheiden zu lassen.
Doch gerade vor dem drohenden Chaos durch die notwendigen Umstellungen im Zuge der EU-Mehrwertsteuerreform zeigt sich, dass das derzeitige System gerade für kleine und mittelständische Online-Händler mehr Probleme als Nutzen verursacht. Ein Umdenken und mehr Vereinheitlichung wäre bei den Mehrwertsteuersätzen innerhalb der EU daher nur logisch. Und käme eine Steuerunion könnte man womöglich auch noch besser gegen Riesenkonzerne vorgehen, die ihre Steuern in der EU trickreich umgehen.
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Der Aufwand die Steuersätze abzuverfolgen und die Einrichtung in Shop und Warenwirtschaft ist für ein Unternehmen unserer Größe schlicht unmöglich. Ein weiterer Punkt ist auch, dass wir in manchen Ländern andere Endpreise verlangen müssten, weil Artikel die z.B. in Deutschland unter den ermäßigten Steuersatz fallen in anderen EU-Ländern höher besteuert werden. Dies ist bei uns derzeit im Shop technisch nicht abbildbar und die Differenz würde die Marge auffressen. So lohnt ein Verkauf sich schlicht nicht mehr.
Wir hätten also die Wahl entweder draufzuzuzahlen oder für jedes EU Land einen eigenen Shop auf einer Subdomain laufen zu lassen um unsere Artikel mit den entsprechenden Steuersätzen anbieten zu können...
Schade, dass hier nicht klein sondern groß gedacht wurde, auch was die Lieferschwelle angeht. Wir hoffen nun auf technische Lösungen, die uns den OSS doch noch ermöglichen um mit unseren regional produzierten Produkten wieder Vielfalt in den EU Markt bringen zu können.
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