Als die verheerenden Fluten im Juli Landstriche und Ortschaften in Süd- und Westdeutschland verwüsteten, wurde vielen Unternehmen die Lebensgrundlage genommen. Sie sollen aber nach dem Willen der Regierung dadurch nicht pleitegehen müssen: Wie die Tagesschau berichtet, hat das Kabinett eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende Oktober für betroffene Unternehmen beschlossen. Der Bundestag muss dieser Maßnahme noch zustimmen – eine Sondersitzung in der Woche vom 09. August sei denkbar, um schnell Klarheit für Firmen zu schaffen, heißt es.
„Unverschuldet in finanzielle Not geraten“
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte, dass es darum gehe, tragfähige Unternehmen zu erhalten. „Durch den Starkregen und das Hochwasser sind auch Unternehmen unverschuldet in finanzielle Not geraten, die an sich tragfähig und erfolgreiche Geschäftsmodelle haben“, so die Ministerin. Die Regierung hatte bereits Hilfen in Aussicht gestellt und auch Steuererleichterungen versprochen, nun müsse aber verhindert werden, „dass Unternehmen nur deshalb zum Insolvenzgericht gehen müssen, weil Unterstützungsleistungen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen.“
Den Plänen der Regierung zufolge soll die Insolvenzantragspflicht für die Hochwasser-Opfer rückwirkend vom 10. Juli bis Ende Oktober 2021 ausgesetzt werden. Die Firmen müssten allerdings einen Bezug zu den Unwettern nachweisen. Sollte der Zeitraum nicht ausreichen, sei bereits eine Verlängerung der Maßnahme bis Ende März 2022 angedacht.
Wiederaufbau wird mehr als sechs Milliarden Euro kosten
Die Hochwasser-Katastrophe hat für enorme Schäden gesorgt und mindestens 180 Todesopfer gefordert. Der Wiederaufbau soll Finanzminister Olaf Scholz zufolge deutlich über sechs Milliarden Euro kosten. Allein im Gebiet Ahrtal sollen Firmen Schäden von mehr als 500 Millionen Euro erlitten haben. Unternehmen organisierten in Folge der Unwetter Hilfsaktionen, zahlreiche Helfer begaben sich in die betroffenen Gebiete. Auch Online-Händler, die durch das Hochwasser Schäden erlitten haben, erhalten Rückendeckung durch die Marktplätze, wie etwa Ebay, Amazon oder auch Kaufland.
Die Bundesregierung hat mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen gemacht: Bei dem Hochwasser an der Elbe und Oder im Jahr 2002 war die Pflicht regional ebenfalls schon ausgesetzt worden, wodurch zahlreiche Unternehmen um die zwingende Insolvenz herumgekommen waren. Auch in der Coronapandemie hatte die Regierung diese Maßnahme eingesetzt, um betroffenen Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht zu ersparen. Doch die Maßnahme ist nicht unumstritten: Kritiker monieren, dass sich die Anmeldung der Insolvenz dadurch nur verzögere und viele Unternehmen nach Ablauf der Maßnahme dann doch Insolvenz anmelden müssen.
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