Bei der Produktverantwortung für Verpackungen habe es erhebliche Fortschritte gegeben – das stellen die Zentrale Stelle Verpackungsregister und das Umweltbundesamt bei ihrer heutigen Jahrespressekonferenz zum Verpackungsgesetz fest. Im Jahr 2020 seien die Recyclingmengen erneut um 8,4 Prozent gestiegen, was auch an den entsprechenden, recyclingfreundlichen Verpackungen liege. Allerdings: Nicht jede Verpackung, die den Charme der Umweltfreundlichkeit verbreitet, ist auch tatsächlich ein Schritt nach vorn in Sachen Nachhaltigkeit.
Auch um die kommenden Entwicklungen und die zukünftige Gestaltung der Produktverantwortung bei Verpackungen ging es. Die Novelle des Verpackungsgesetzes sorgte in diesem Jahr bereits für Änderungen für ausländische Händler und wird im kommenden Jahr noch weitere Kreise ziehen – insbesondere die Betreiber von Online-Marktplätzen werden in die Verantwortung genommen. Das Umweltbundesamt sprach sich außerdem für mehr Mehrwegverpackungen aus. Nicht nur im Bereich „to go“, sondern auch im Versandhandel.
233.000 Registrierungen für Verpackungsregister LUCID
Seit 2019 gilt in Deutschland das Verpackungsgesetz, das die Hersteller von Verpackungen in die Verantwortung nimmt. Zu diesen Herstellern gehört auch das Gros der Online-Händlerinnen und Online-Händler. Eine der zentralen Pflichten – die Systembeteiligung – bestand bereits mit der Vorgängerregelung, wurde jedoch nicht selten eher stiefmütterlich behandelt. Die mit dem Verpackungsgesetz aufgekommene, zusätzliche Registrierungspflicht für Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen änderte das allerdings.
Aktuell sind 233.000 Unternehmen für das Verpackungsregister LUCID registriert – Tendenz mit aktuell monatlich rund 3.110 neuen Anmeldungen steigend. Neben Registrierungen aus Deutschland ist auch bei Registrierungen aus China eine zweistellige Wachstumsrate zu verzeichnen. Zugleich seien bisher rund 7.500 Ordnungswidrigkeiten durch die Zentrale Stelle an die zuständigen Behörden weitergegeben worden.
Online-Handel muss sich 2022 auf Anpassungen im VerpackG einstellen
Dass die Zahl der Registrierungen gerade in letzter Zeit noch einmal deutlich steigt, lässt sich vermutlich auf die (anstehenden) Änderungen im Verpackungsgesetz zurückführen: Ab Mitte nächsten Jahr wird nicht nur der Kreis der Adressaten der Registrierungspflicht deutlich ausgeweitet – diese gilt künftig nicht nur in Bezug auf systembeteiligungspflichtige Verpackungen, sondern schlichtweg für alle vom VerpackG erfassten Verpackungen. Auch im Hinblick auf Marktplätze und Fulfillment gibt es Änderungen. Insbesondere Marktplatzbetreiber werden in die Verantwortung gezogen und müssen Händler auf die Wahrnehmung ihrer Pflichten kontrollieren.
Damit werde klar, dass niemand mehr in Deutschland verpackte Waren in Verkehr bringen dürfe, der nicht registriert ist. Dass zurzeit noch nicht jeder seiner Verantwortung nachkommt, zeigt etwa die Verwertungsquote von Kunststoffverpackungen: Diese liegt für das Jahr 2020 bei 104 Prozent – laut der Zentralen Stelle ein klares Indiz für eine Unterbeteiligung.
„Das Marketing hat die ökologische Verpackung entdeckt“
Abfall aus Verpackungen entsteht jedenfalls jede Menge. Für das Jahr 2020 misst die Zentrale Stelle eine Masse von 5,8 Millionen Tonnen gebrauchter Verpackungen, die einer Verwertung zugeführt wurden. Immerhin 50,5 Prozent der in gelben Tonnen und Säcken gesammelten Abfälle wurden dem Recycling zugeführt – 0,5 Prozent mehr als vom Verpackungsgesetz gefordert, wie das Umweltbundesamt wissen lässt.
Eine wichtige Rolle spielen Fortschritte beim Design recyclinggerechter Verpackungen. Es gebe eine große Auswahl an vollständig recyclingfähigen Verpackungen, auf die ohne Abstriche beim Produktschutz zurückgegriffen werden könne. Feststellen lassen sich dabei jedoch auch eher problematische Entwicklungen. Nicht jede Verpackung, die ökologisch sinnvoll aussieht, ist es auch. „Das Marketing hat die ökologische Verpackung entdeckt“, sagt Gunda Rachut, Vorstand der Zentralen Stelle Verpackungsregister. „Ist es die recyclinggerechte Monoverpackung, die zudem Material spart, dann hat der Mindeststandard seine Wirkung erzielt. Wenn es ein schwer recycelbarer Materialverbund ist, der nur mit brauner Farbe ‚Öko‘ suggeriert, dann ist das in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft eine Sackgasse“. Beispiele führt die Zentrale Stelle hier an (PDF).
Unverpackte Waren und Mehrweg im Versandhandel
Das Umweltbundesamt sieht weiterhin einen großen Handlungsbedarf, auch wegen der weiter steigenden gesetzlichen Anforderungen. Unternehmen empfiehlt das Amt, ihre Verpackungssortimente systematisch zu überprüfen und ökologisch zu optimieren. Man halte es für dringend geboten, die bestehenden Aktivitäten für das Angebot von unverpackten Waren und von Mehrwegangeboten auszuweiten, und das auch über Getränkeverpackungen hinaus im „to go“-Bereich und im Versandhandel. „Wir benötigen nicht mehr und nicht weniger als eine grundsätzliche Umkehr, um das Aufkommen an Verpackungsabfall absolut zu reduzieren“, sagt Lilian Busse, Vizepräsidentin des Umweltbundesamtes. Handlungsbedarf bestehe auch auf Ebene der nationalen und europäischen Gesetzgebung.
Für viele Online-Händlerinnen und Online-Händler werden besonders die im kommenden Jahr anstehenden Änderungen relevant. „Derzeit arbeiten wir daran, die Gesetzesänderungen zum 1. Juli 2022 schlank umzusetzen, so dass die Hersteller möglichst bürokratiearm zeigen können, dass sie die Produktverantwortung für ihre Verpackungen ernst nehmen“, verdeutlicht Gunda Rachut auf der Pressekonferenz.
Über die konkreten Anpassungen im VerpackG werden wir in Kürze noch berichten.
Kommentar schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben