Wie soll sich die Wettbewerbspolitik in dieser Legislaturperiode bis 2025 gestalten? Antworten liefert die wettbewerbspolitische Agenda, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Ende Februar veröffentlicht hat. In 10 Punkten geht es um nachhaltigen Wettbewerb als Grundpfeiler der sozial-ökologischen Marktwirtschaft. Allem voran steht die Ordnungspolitik, die „nach Jahrzehnten des Bedeutungsverlustes wieder in den Mittelpunkt des wirtschaftspolitischen Interesses“ gerückt werden soll. Für aktuelle Herausforderungen wie Digitalisierung, gerechte Globalisierung und Nachhaltigkeit will man einen proaktiven Rahmen festlegen und Kartellbehörden stärken.
Starker ordnungspolitischer Rahmen gegen Marktmachtmissbrauch
Die Agenda sieht Ordnungspolitik als unverzichtbaren Bestandteil erfolgreicher Wirtschaftspolitik vor. „Dort, wo es keinen angemessenen Ordnungsrahmen gibt, versagen Märkte mit erheblichen Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt“, heißt es im Schreiben. Ordnungspolitik wolle man daher ernst nehmen. Was aber versteht das BMWK darunter? Im Kern zweierlei. Einerseits sollen Märkte durch einen klaren und verlässlichen Rahmen auf das langfristige Allgemeinwohl orientiert werden. Privaten Investitionen, Marktkräften und Wettbewerb solle dabei aber Raum gegeben werden. Gerade die Wettbewerbsregelung bilde eine zentrale Säule, um schädliche Ausprägungen von Marktmachtkonzentration und dem Missbrauch von Marktmacht systematisch entgegenzutreten. Diese Punkte spielen im E-Commerce angesichts der Bedeutung von Plattformen wie Marktplätzen eine wichtige Rolle.
Auch in Sachen makroökonomische Stabilität, sozialer Ausgleich und bei Stärkung von Innovationen sei eine aktive Wirtschaftspolitik nötig – ein möglicher Hinweis auf künftig stärkere Regulierungen etwa im Bereich Digitalisierung und Verbraucherschutz. Andererseits sollen unnötige Privilegien und Subventionen abgebaut werden. Begründet wird dieser Schritt mit der Gefahr von „Überförderung“ und sich gegenseitig widersprechenden Effekten von verschiedenen wirtschaftspolitischen Instrumenten. „Dauersubventionen sind genauso zu vermeiden wie unnötig hohe Kosten für die öffentliche Hand“, heißt es.
Schutz des Mittelstandes und von Verbrauchern im GWB
Erst kürzlich hat man sich in Deutschland mit der Modernisierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auseinandergesetzt. Hier will das BMWK anknüpfen, die bestehenden Regeln überprüfen und Vorschläge zur Weiterentwicklung machen. Die besonderen Belange des Mittelstandes, aber auch jene der Verbraucher, sollen dabei im Mittelpunkt stehen, so wie die Aspekte Innovation, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit. Insbesondere die private Rechtsdurchsetzung soll dabei gestärkt werden.
Zugleich betont die Agenda allerdings auch die Verbesserung des behördlichen Verbraucherschutzes. So könne das Bundeskartellamt mittlerweile zwar verbraucherrechtliche Sektoruntersuchungen durchführen, es habe jedoch keine behördlichen Befugnisse, gegen etwaige Rechtsverstöße vorzugehen. Das Ministerium will Korrekturvorschläge ermitteln und das Bundeskartellamt stärken, um gegen erhebliche, dauerhafte und wiederholte Verstöße gegen Vorschriften im wirtschaftlichen Verbraucherrecht zu ermitteln und abzustellen.
Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energiepreise
Auch das besonders aktuelle Thema der steigenden Energiekosten greift die Agenda auf. Da der funktionierende Wettbewerb eine Voraussetzung für eine wirtschaftliche und sozialverträgliche Energiewende sei, wolle man am kartellrechtlichen Rahmen in diesem Bereich arbeiten und etwa die Möglichkeiten der Missbrauchsaufsicht ausweiten. Das Ministerium weist dabei darauf hin, dass zurzeit bereits Untersuchungen durch das Kartellamt und die Monopolkommission zur Bedeutung von missbräuchlichem Verhalten für den Anstieg der Energiepreise stattfinden.
Daneben spiele die Nachhaltigkeit eine besondere Rolle im Bereich des Lebensmittelhandelns, da gerade hier fairer Wettbewerb durch die Konzentration von Marktmacht behindert werden könne. Geprüft werde auch, inwiefern Unternehmern ein klarerer Rechtsrahmen gegeben werden könne, wenn diese über staatliche Vorgaben hinaus in Sachen Nachhaltigkeitsziele und menschenrechtliche Standards Kooperationen mit anderen Unternehmen eingehen wollen. Im Bereich des Vergaberechts, also beim Einkauf durch öffentliche Einrichtungen, will das Ministerium ökologische Vorgaben stärken und mit mehr Digitalisierung umsetzen. Der öffentliche Einkauf soll so auch eine Vorbildfunktion erfüllen können.
Fairer Wettbewerb in der EU und global
Die Vorsätze hören dabei nicht an den deutschen Staatsgrenzen auf. Das Ministerium will sich auf europäischer Ebene und im Rahmen der G7 als Impulsgeber positionieren. Auch an dieser Stelle geht die Agenda besonders auf die digitale Wirtschaft ein und nennt etwa den Digital Markets Act, bei dessen Verhandlung man sich für „ein hohes Ambitionsniveau“ einsetze. Daneben wolle man dafür sorgen, dass Gesetzgebungsverfahren zum Wettbewerbsrecht auf EU-Ebene künftig transparenter und partizipativer ausgestaltet werden. Den fairen Wettbewerb auf den europäischen Märkten wolle man zudem im internationalen Bereich absichern – also dort, wo beispielsweise unlautere Praktiken oder Subventionen von Drittstaaten den Wettbewerb in der EU verzerren.
Kommentar schreiben