Das Internet kann manchmal einem Wald gleichen, den man vor lauter Bäumen nicht sieht. Es existieren schier unzählige Websites und keine Chance, diese zu kennen. Ein Glück gibt es Intermediäre, also Plattformen, die sich sozusagen dazwischenschalten. Das kann eine Suchmaschine sein, eine Vergleichsplattform oder ein Online-Marktplatz. Allen drei Beispielen ist gemein, dass sie eine Vermittlungs- bzw. Wegweiserfunktion wahrnehmen. Im Online-Handel spielen die Marktplätze eine besondere Rolle. Sie kanalisieren Angebot und Nachfrage: Käufer profitieren von der Bündelung der gewünschten Angebote, Verkäufer können von der gesteigerten Nachfrage in Form der zahlreichen Besucher solcher Plattformen profitieren.
Auch aus rechtlicher Sicht nimmt die Bedeutung von Online-Marktplätzen und anderen Plattformen zu, zumindest werden sie zunehmend in die Verantwortung genommen. So liegt der Fall auch bei der Omnibus-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2161), deren Umsetzung am 28. Mai 2022 in Kraft tritt und diverse Änderungen im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht vorsieht. Hier sind spezielle Vorschriften für Online-Marktplätze vorgesehen.
Das Ranking und wie es zustande kommt
Darin sind sich wohl viele Händlerinnen und Händler einig: Über Gedeih und Verderb auf Marktplätzen entscheidet das Ranking, also die Position in den Suchergebnissen, Angebots- oder Verkäuferübersichten. Dabei ist die Situation nicht nur für die Seite der Anbieter erheblich, sondern auch für die Seite der Nachfrager, insbesondere der Verbraucher. Oftmals ist alles andere als klar, auf welcher Basis so ein Ranking überhaupt zustande kommt, und ob etwa eine Bezahlung oder sonstige Einflussnahme eine Rolle gespielt haben könnte. Diesen Aspekt, die Transparenz für Verbraucher auf Online-Marktplätzen, gehen die Omnibus-Richtlinie und deren Umsetzung in Deutschland an.
- Was bedeutet „Ranking“?
Laut der Omnibus-Richtlinie ist das Ranking „die relative Hervorhebung von Produkten, wie sie vom Gewerbetreibenden dargestellt, organisiert oder kommuniziert wird, unabhängig von den technischen Mitteln, die für die Darstellung, Organisation oder Kommunikation verwendet werden“.
Hat die Platzierung eines Produkts im Ranking eines Marktplatzes einen kommerziellen Hintergrund, etwa weil der Anbieter dem Marktplatz-Betreiber einen Obulus gezahlt hat, sollte dieser bereits nach jetzigem Recht erkennbar sein, etwa durch eine Kennzeichnung als Anzeige – andernfalls kann es sich um eine irreführende geschäftliche Handlung handeln.
Mehr Informationen zum Ranking für Verbraucher
Künftig muss der Betreiber eines Online-Marktplatzes Verbraucher zum Ranking der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte, die dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage auf dem Online-Marktplatz präsentiert werden, aber auch über folgende Punkte informieren:
- die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings und
- die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern
Marktplatz-Betreiber müssen Verbraucher also über die Kriterien informieren, die wesentlich sind und das Ranking maßgeblich bestimmen. Auch muss die Gewichtung eines solchen Hauptparameters gegenüber anderen Parametern dargelegt werden. Die die Kaufentscheidung von Verbrauchern potenziell stark beeinflussende Position eines Angebots im Ranking soll damit transparenter werden und es ermöglichen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Die Details der Funktionsweise ihrer Rankingsysteme müssen Marktplätze dabei allerdings nicht offenlegen, auch nicht die Algorithmen. Inhaltlich ist diese Pflicht nicht völlig neu – bereits die P2B-Richtlinie (Plattform-to-Business) sieht vergleichbare Regeln vor.
Informationspflichten für Marktplatz-Betreiber: Wer verkauft da eigentlich?
Darüber hinaus müssen die Betreiber von Online-Marktplätzen über folgende Punkte informieren:
- Falls dem Verbraucher auf dem Online-Marktplatz das Ergebnis eines Vergleichs präsentiert wird, auch über die Anbieter, die bei der Erstellung des Vergleichs einbezogen wurden.
- Ggf. über wirtschaftliche Verflechtungen zwischen dem Betreiber des Online-Marktplatzes und des Anbieters (handelt es sich um verbundene Unternehmen i.S.v. § 15 Aktiengesetz?) – schließlich könnte das Ranking durch diese „Doppelrolle“ beeinflusst worden sein.
- Ob es sich beim Anbieter der Ware, Dienstleistung oder digitalen Inhalte um einen Unternehmer handelt – hierzu geben Anbieter eine eigene Erklärung ab, die vom Betreiber des Marktplatzes nicht überprüft werden muss.
- Falls es sich beim Anbieter nicht um einen Unternehmer handelt, dass die besonderen Vorschriften für Verbraucherverträge nicht anzuwenden sind – Verbraucher sollen also davor gewarnt werden, dass bestimmte Rechte nicht bestehen können.
- Ggf. darüber, in welchem Umfang sich der Anbieter des Marktplatz-Betreibers bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus dem Vertrag mit dem Verbraucher bedient und darüber, dass dem Verbraucher hierdurch keine eigenen vertraglichen Ansprüche gegenüber dem Marktplatz-Betreiber entstehen – hiermit soll bewerkstelligt werden, dass Verbraucher keine falschen Rückschlüsse darauf ziehen, wer ihr Vertragspartner bzw. vertraglich verpflichtet ist.
- Sofern ein Anbieter Eintrittsberechtigungen für eine Veranstaltung verkaufen will, ob und in welcher Höhe der Veranstalter nach Angaben des Anbieters einen Preis für den Erwerb dieser Eintrittsberechtigung festgelegt hat – hier geht es um Sekundärmärkte, also den Weiterverkauf von Tickets. Betreiber von Marktplätzen können Anbieter verpflichten, den Ursprungspreis anzugeben. Überprüfen müssen sie diesen aber nicht.
Dabei müssen die Betreiber von Marktplätzen auch formelle Anforderungen einhalten: Die Informationen müssen dem Verbraucher vor der Abgabe dessen Vertragserklärung in klarer, verständlicher und einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen zum Ranking müssen Verbrauchern in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung gestellt werden, der von der Website, auf der die Angebote angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist. Hier genügt es also nicht, die Informationen zum Ranking schlicht in den AGB unterzubringen – wie bislang schon von der P2B-Richtlinie gefordert.
Fazit: Mehr Transparenz für Verbraucher auf Online-Marktplätzen
Für die Betreiber ergeben sich damit diverse neue Anforderungen. Verstöße können zu Konsequenzen führen: Neu geschaffen wird ein Bußgeldtatbestand für die Verletzung von Verbraucherinteressen. Hiervon sind bestimmte Fälle von weitverbreiteten Verstößen (mit Unions-Dimension) betroffen, insbesondere die Verstöße gegen die sogenannte Schwarze Liste des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hierzu zählt künftig auch die verdeckte Werbung in Suchergebnissen. Das Bußgeld kann bei einem Jahresumsatz von höher als 1,25 Mio. Euro bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes betragen, grundsätzlich ist ein Maximalbußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro vorgesehen.
Wo Verbrauchern künftig mehr Transparenz entgegengebracht wird, ergeben sich für Online-Händler, die auf Online-Marktplätzen handeln, keine wesentlichen Erleichterungen durch diese Änderungen.
Kommentar schreiben
Antworten
__________________________________________________________________________
Antwort der Redaktion
Liebe/r Leser/in,
die Änderungen durch die Omnibus-Richtli nie treten zum 28. Mai 2022 in Kraft. Die Informationen müssen dem Verbraucher vor der Abgabe dessen Vertragserkläru ng in klarer, verständlicher und einer dem benutzten Fernkommunikati onsmittel angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen zum Ranking müssen Verbrauchern in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzer oberfläche zur Verfügung gestellt werden, der von der Website, auf der die Angebote angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist – soweit die gesetzliche Vorgabe.
Für Fragen zur Umsetzung im Einzelfall empfehlen wir eine individuelle Beratung.
Beste Grüße
die Redaktion
Ihre Antwort schreiben