„In Teilen des Onlinehandels grassiert derzeit eine regelrechte Wegwerfmentalität“, sagte die ehemalige Bundesumweltministerium Svenja Schulze (SPD) vor mehr als zwei Jahren im Februar 2020. Anlass war ein neuer Gesetzentwurf der Regierung.
Mit einer Änderung am Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) führte die damalige Bundesregierung unter anderem eine Obhutspflicht für Online-Händler ein. Diese sollte die Basis dafür schaffen, Händler zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass Retouren weiterhin genutzt werden können und nicht auf dem Müll landen. Die Rede war von einem Vernichtungsverbot für Retouren, das man einführen werde.
Das Gesetz trat bereits im Oktober 2020 in Kraft, doch eine genau geregelte Obhutspflicht inklusive Vernichtungsverbot gibt es immer noch nicht und zahlreiche E-Commerce-Unternehmen fragen sich, wann eine solche Pflicht auf sie zukommen könnte. Eine Anfrage beim Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) zeigt jetzt: Es gibt noch keine Pläne zur Konkretisierung der Obhutspflicht.
Ministerium muss Verordnung erarbeiten – und will dafür erst Daten sammeln
Mit dem KrWG wurde 2020 die Obhutspflicht zwar schon eingeführt. Doch bisher gibt sie nur das Ziel vor, dass Retourenvernichtung zu vermeiden ist und Händler können die Erfüllung des Ziels freiwillig gestalten. Erzwingbare Rechtspflichten – etwa ein klares Verbot der Retourenvernichtung – gibt es noch nicht. Denn diese müssten durch eine zusätzliche Rechtsverordnung umgesetzt werden. Zuständig ist das BMUV, das mittlerweile von Ministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) geleitet wird.
Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums erklärt jedoch gegenüber OnlinehändlerNews, dass die Verordnung für Pflichten unter der Obhutspflicht erst noch vorbereitet werden muss. Dafür solle „zunächst Transparenz bei den Herstellern und Vertreibern hergestellt werden“. Ziel sei die Schaffung einer verlässlichen Datenlage, anhand derer dann geprüft werden könne, „inwieweit und mit welcher Reichweite ein Vernichtungsverbot sinnvoll ist“.
Händler sollen Transparenzberichte erstellen
Daher will das BMUV nun eine Transparenzverordnung entwickeln. Diese soll Hersteller und Händler dazu verpflichten, einen Transparenzbericht zu erstellen, „welcher die Verwendung von Erzeugnissen, insbesondere deren Art, Menge, Verbleib und Entsorgung sowie die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht zum Inhalt hat“, so der Sprecher des BMUV.
Anschließend sollen die Berichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, etwa über ein Register. Außerdem sollen Gutachter die Angaben in den Berichten evaluieren und Schlüsse ziehen, welche Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht genutzt werden sollen.
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Bisher gibt es keine ausreichende Datenlage
Eine Transparenzverordnung würde zumindest Licht ins Dunkel bringen, ob es im Online-Handel wirklich eine „Wegwerfmentalität“ gibt. Schon 2020 gab es dazu nur wenige statistische Erkenntnisse. Daher wollte auch die Branche nicht von einer Wegwerfmentalität sprechen. So erklärte Andreas Arlt vom Händlerbund 2020: „Die Händlerbund-Logistikstudie zeigt, dass 64 Prozent der befragten Händler noch nie Waren vernichtet haben.“
Auch Forscher der Universität Bamberg, die sich detailliert mit Retouren beschäftigten, kamen zu dem Schluss, dass 2018 nur 1,5 Prozent aller Retouren vernichtet wurden. Ob man bei solchen Zahlen von einer Wegwerfmentalität im Online-Handel sprechen kann, ist zweifelhaft.
Noch gibt es keinen Zeitplan
Auch wenn es nun schon zwei Jahre her ist, seit die Grundlage für die Obhutspflicht im KrWG geschaffen wurde, gibt es keinen genauen Zeitplan im BMUV für die Transparenzverordnung. Insbesondere zum Abschluss des Verordnungsverfahrens könne man im derzeitigen Stadium noch nichts sagen, erklärt der BMUV-Sprecher.
Außerdem verweist das BMUV auf aktuelle Entwicklungen auf der EU-Ebene. So wird in Brüssel derzeit an einer EU-Ökodesignverordnung gearbeitet, die für nicht verkaufte Waren eine Transparenzpflicht für Hersteller und Händler sowie Vernichtungsverbote vorsieht. Laut dem BMUV-Sprecher habe sich die EU-Kommission grundsätzlich an den deutschen Plänen zur Transparenzverordnung und zur Obhutspflicht orientiert. Derzeit schaue das BMUV, dass die geplanten Verordnungen auf nationaler Ebene auch zu den EU-Plänen passen.
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Der kleine Online-Handel kann sich derartiges Wegwerfen garantiert nicht erlauben.
Ein generelles Verbot der kostenlosen Retouren würde das Problem sicherlich DEUTLICH entschärfen, aber auf diese Idee kommt ja kein GRÜNER!
Wenn der Endverbraucher die Retourkosten bezahlen muss, beginnt er vielleicht darüber nachzudenken, ob er überhaupt bestellt oder lieber in ein Geschäft geht.
Und zusätzl. wurde das auch den Co2 (Abgaswert) verbessern.
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Ich habe definitiv den falschen Job.
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So langsam geht mir dass mit dem Online Handel wirklich auf´m Keks.
DHL meint jedes Jahr die Preisen anziehen zu müssen obwohl ordentlich Gewinn erwirtschaftet wird. Dann haben wir die Kunden die meinen alles umsonst zurückschicken zu können. Oder noch schlimmer vergessen dass Sie umgezogen sind und erwarten eine kostenlose neue Zustellung an der neue Adresse. Ihr HONKS! Guckt doch erstmal 2x bevor ihr die Bestellung abschließt.
Jetzt sollten wir neben Verpackungsregi ster, LUCID, und WEEEE auch noch buch führen über unsere Retouren?
So langsam zweifle ich daran ob Deutschland überhaupt noch das richtige Land ist um etwas auf zu bauen.
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Oder gibt es ein Urteil aus dem deine Aussage begründet ist?
Danke!
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das ist das Ziel dieser Verordnung. Solchen wie dir soll die Luft ausgehen, nur noch die Giganten am Markt, denn letzendlich hat ein Politiker von dir absolut nichts.
Währenddessen kann man nach seinem Politiker leben bei Amazon & Co sicher einen schönen Posten bekommen, z.B. für die Lobbyarbeit bei seinem Nachfolger.
Ebenso liegt man doch hier am Puls der Zeit: Artikel wegwerfen und man stemmt sich hier dagegen, das gibt Punkte beim Wählervolk.
Amazon fährt lastwagenweise seine nicht mehr benötigten Artikel quer durch Europa nach Polen zum Wegwerfen und Verbrennen.
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Um Artikel > 10€ incl Versand, die schonmal ausgepackt wurden, wieder in den Verkauf zu bringen ist der Lohnaufwand viel zu hoch. Am besten schenkt man dann den Artikel dem Kunden.
Kann man nur hoffen das daraus die Kunden keine Lehren ziehen.
Schön wäre es mal, die Verbraucher wieder in die Pflicht zu nehmen. Oft erhalten wir Ware zurück die wurden nicht mal ausgepackt. Bei Kostenlosen Versand zahlen wir per Gesetz die Hin und Rücksendekosten .
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Das ist ein reines Corpprate- Problem, kein Einzelunternehm er schmeißt Sachen weg, die noch zu irgendwas nutze sind.
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