Pro Jahr entstehen Kosten von 11,5 Milliarden Euro durch vermeidbare Unfälle durch unsichere Produkte, das schätzt die EU. Verhandlungsführer von Parlament und Rat haben nun eine vorläufige politische Einigung über eine Aktualisierung von europarechtlichen Vorschriften zur Produktsicherheit erzielt. Besonders die Herausforderungen beim Online-Shopping sollen damit angegangen werden, aber auch in stationären Geschäften sollen die neuen Regeln sicherstellen, dass Produkte in der EU den höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen.
Produktsicherheit: Online-Marktplätze sollen stärker in die Pflicht genommen werden
Wie es in einer Mitteilung des EU-Parlaments heißt, sollen nach den vereinbarten Regeln Produkte nur verkauft werden, wenn es einen in der EU niedergelassenen Wirtschaftsakteur gibt, der für deren Sicherheit verantwortlich ist. Das könne etwa ein Hersteller, Importeur oder auch ein Händler sein. Vorgesehen seien zudem spezielle Maßnahmen im Hinblick auf Risiken für besonders schutzbedürftige Gruppen, wie etwa Kinder. Auch geschlechtsspezifische Aspekte und Cybersicherheitsrisiken sollen berücksichtigt werden.
Dabei sollen insbesondere auch Online-Marktplätze in die Verantwortung genommen werden. So seien Verpflichtungen vorgesehen, wie sie auch im Digital Services Act zu finden sind. Sie sollen etwa eine zentrale Anlaufstelle für Überwachungsbehörden und Verbraucher benennen und angemessene Anstrengungen unternehmen, stichprobenartig nach gefährlichen Produkten zu suchen. Die Überwachungsbehörden wiederum sollen weitere Befugnisse gegenüber Marktplatz-Betreibern erhalten und diese zu unverzüglichen Sperrungen entsprechend problematischer Angebote anweisen können.
Neue Regeln für Produktrückrufe
Ebenfalls verbessert werden soll das Rückrufverfahren gefährlicher Produkte. Die Rücklaufquoten seien nach wie vor niedrig, etwa ein geschätztes Drittel der Verbraucher in der EU würde aktuell zurückgerufene Produkte weiterhin verwenden. Künftig sollen die Wirtschaftsakteure und auch Online-Marktplätze alle betroffenen Verbraucher informieren müssen. An die Mitteilungen selbst sollen ebenfalls neue Anforderungen gestellt werden – etwa sollen Ausdrücke wie „freiwillig“ oder „vorsorglich“, die die Risikowahrnehmung der Verbraucher mindern können, vermieden werden.
Letztlich sollen Verbraucher deutlich über ihr Recht auf Reparatur, Ersatz oder Rückerstattung informiert werden müssen. Darüber hinaus werde ein Schnellwarnsystem „Portal Safety Gate“ modernisiert, damit unsichere Produkte besser erkannt werden und Menschen mit Behinderungen einen besseren Zugang zum System erhalten.
Verbraucher sollen im ersten Jahr eine Milliarde Euro einsparen
„Das heutige Abkommen ist ein großer Sieg für die europäischen Verbraucher – es gibt ihnen einen Grund, sich beim Kauf aller Produkte innerhalb der EU sicher zu fühlen. Produkte werden allgemein sicherer sein, aber was noch wichtiger ist, gefährliche Produkte werden schneller entfernt, auch von Online-Marktplätzen. Und sie erfahren nicht mehr zufällig von Zurückrufen, sondern werden nach Möglichkeit direkt informiert und erhalten Möglichkeiten zur Reparatur, zum Austausch oder zur Rückerstattung ihres Geldes. Dies sind praktische Vorteile für unsere Bürger“, kommentiert die Berichterstatterin Dita Charanzová.
Bis neue Regeln in Kraft treten, dauert es voraussichtlich aber noch etwas. Im März 2023 sollen zunächst das EU-Parlament sowie der Rat die neuen Vorschriften billigen. Nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt sollen noch 18 Monate bis zur Geltung vergehen. Es wird geschätzt, dass Verbraucher in der EU im ersten Jahr rund eine Milliarde Euro einsparen, in den nächsten zehn Jahren sollen es rund 5,5 Milliarden Euro sein.
Update (30.03.2023) – EU-Parlament stimmt zu
Das EU-Parlament hat der Änderung der Regeln zur Produktsicherheit heute zugestimmt. Nun steht im Gesetzgebungsverfahren nur noch die förmliche Billigung des Rates an. Die Verordnung gilt dann 18 Monate nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt.
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