Hinweisgeberschutzgesetz, die Zweite: Nach dem Scheitern des Gesetzesvorhabens zum Schutz von Hinweisgebern im Bundesrat Anfang Februar haben die Koalitionsfraktionen jetzt einen neuen Anlauf gestartet – wenn man so will, sogar zwei: Der ursprüngliche Entwurf wurde jetzt in zwei einzelne Entwürfe aufgespalten, wohl um eine weitere Blockade zu verhindern.
Zeit für eine Regulierung wird es auf jeden Fall: Die EU-Kommission hat mittlerweile ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland auf den Weg gebracht. Kommt es nicht bald zu entsprechenden Regelungen, könnte die Sache vor dem Europäischen Gerichtshof landen.
Deutschland hätte EU-Recht bereits 2021 umsetzen müssen
Hinweisgeber sollen auf bestimmte Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden hinweisen können, ohne Gefahr zu laufen, Repressalien wegen der Hinweise auf Missverständnisse erleiden zu müssen. Das gibt die EU-Richtlinie 2019/1937 (sog. Whistleblower-Richtlinie) vor, die Deutschland umsetzen muss. Oder genauer, längst hätte umsetzen müssen: Die Frist hierfür lief nämlich bereits im Dezember 2021 ab.
Knapp ein Jahr später, im Dezember 2022, wurde ein entsprechender Gesetzesentwurf vom Bundestag beschlossen. Wirklich weit kam dieser allerdings nicht, er fand in der Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2023 nicht die nötige Mehrheit. Die war nötig, da es sich um ein sogenanntes Zustimmungsgesetz handelte, das die Zustimmung durch den Bundesrat erfordert. Länder mit Regierungsbeteiligung der Union hatten diese allerdings verweigert. Zwar seien Strafverfolger im Kampf gegen Betrug und Korruption auf Meldungen von Insidern angewiesen und Hinweisgeber müssten deshalb bestmöglich vor Sanktionen und Kündigungen geschützt werden, hieß es etwa von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich. Allerdings gehe der Entwurf über die Anforderungen aus Europa weit hinaus, kleine und mittlere Unternehmen würden über das vernünftige Maß hinaus unnötig belastet werden, weshalb Bayern der Vorlage nicht zustimme.
Zwei neue Gesetzesentwürfe: Was ist jetzt anders?
Nun ist allerdings nicht jedes Gesetzesvorhaben von der Zustimmung des Bundesrates abhängig, betroffen sind im Wesentlichen nur Gesetze, die die Verfassung ändern, die in bestimmter Weise Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben oder Gesetze, für deren Umsetzung in die Organisations- und Verwaltungshoheit der Länder eingegriffen wird. In allen anderen Fällen handelt es sich um Einspruchsgesetze, bei denen der Bundesrat zwar auch Einfluss hat, jedoch aber einen geringeren.
Diesen Umstand will die Koalition jetzt scheinbar nutzen: Aus dem ursprünglichen Entwurf sind etwa Beamte der Länder oder auch Richter im Landesdienst ausdrücklich ausgenommen. Nach Einschätzung der Fraktionen sei hier insofern jetzt keine Zustimmung des Bundesrates mehr erforderlich. Für die Bereiche, die aus dem Gesetzesentwurf ausgenommen worden sind, wurde allerdings ein zweiter Gesetzesentwurf geschaffen. Durchlaufen beide Entwürfe das Gesetzgebungsverfahren erfolgreich, würde es insofern also voraussichtlich im Ergebnis zu keinen wesentlichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben kommen. Wie es beim Bundesrat heißt, sei eine Abspaltung von Gesetzesteilen im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens vom Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich gebilligt worden. Nach Ansicht des Bundesrates würde dieses Ermessen allerdings im Allgemeinen dort enden, wo die Gesetze aufgrund ihres Regelungsgehalts notwendigerweise zu einer technischen Einheit verbunden werden müssen. Beide Vorhaben wurden nun erstmal zum Rechtsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Relevant ist das Thema für viele Unternehmen: So muss etwa bereits ab einer Mitarbeiterzahl von 50 eine interne Meldestelle eingerichtet werden.
Kommentar schreiben
Antworten
Die wenigsten Arbeitnehmer/in nen haben (vollen) Einblick in die Geschäftsprozes se ihres Arbeitgebers. Die, die Einblick haben, setzen mit Sicherheit; im Falle des Falles; nicht ihren (gutbezahlten) Job auf´s Spiel. Wer glaubt, dass der Staat den Whistlelblower schützt, der irrt. Im Falle einer juristischen Auseinandersetz ung beantragt der Arbeitgeber über seinen Anwalt Akteneinsicht - somit wäre dann der Name des Whistleblowers bekannt. Mit der 3. Abmahnung (der Chef findet immer irgendwas) folgt dann die (fristlose) Kündigung.
[Anmerkung der Redaktion: Bitte bleiben Sie sachlich.]
Ihre Antwort schreiben