Während der Pandemie gab es für Vereine eine Sonderregelung, denn aufgrund von Ansteckungsrisiken konnten die Vereine ihre Mitgliederversammlungen ohne Satzungsänderung auf elektronische Weise durchführen. Die Regelung war jedoch nur zeitlich befristet und ist zum 31. August 2022 ausgelaufen. Eine Änderung des Vereinsrechts wurde nun jedoch beschlossen, die künftig hybride oder virtuelle Vereinssitzungen dauerhaft ermöglicht.
Vereine haben gute Erfahrung mit „neuen“ Formaten gemacht
In den letzten Jahrzehnten hat sich im Vereinsrecht nicht viel getan, wenn es um die Mitgliederversammlungen ging. Bei Kaffee und Kuchen oder belegten Brötchen wurden die Themen, die die Welt bewegen, debattiert. Für viele Menschen waren die sozialen Kontakte ein willkommener Treffpunkt. Diese Ära könnte nun ein Stück weit zu Ende gehen.
Hybride oder virtuelle Vereinssitzungen waren zwar schon nach dem alten Recht möglich, wenn die Vereinssatzung eine entsprechende Bestimmung enthielt. Eine solche braucht es seit gestern aber nicht mehr. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen am 21. März 2023 ist diese (vorherige) Änderung der Vereinssatzung nicht mehr erforderlich.
Für hybride Mitgliederversammlungen – d. h. Versammlungen, an denen die Mitglieder wahlweise durch Präsenz am Versammlungsort oder im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen können – gilt seit gestern Folgendes: Das Einberufungsorgan des Vereins, in der Regel der Vorstand, kann bestimmen, dass die Mitgliederversammlung als hybride Versammlung durchgeführt wird. Eine Ermächtigung durch die Satzung oder die Vereinsmitglieder ist dafür nicht erforderlich. Auch die Vorstandssitzungen können übrigens virtuell, beziehungsweise hybrid, abgehalten werden.
Künftig einfachere Voraussetzungen
Für rein virtuelle Versammlungen muss jedoch ein Umweg eingelegt werden: Hierfür ist ein Beschluss der Mitglieder, z. B. in der Mitgliederversammlung nötig, durch welchen das Einberufungsorgan ermächtigt wird, anzuordnen, dass einzelne oder alle künftigen Mitgliederversammlungen als virtuelle Versammlungen stattfinden können. Der Beschluss bedarf, wenn er in der Mitgliederversammlung gefasst wird, der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Außerhalb der Mitgliederversammlung kann der Beschluss mit schriftlicher Zustimmung aller Mitglieder gefasst werden.
Vergleichbares kennt man bereits von der virtuellen Hauptversammlung im Aktienrecht und der Online-Beurkundung im Gesellschaftsrecht. Folgen sollen virtuelle Versammlungen im Wohnungseigentumsrecht. Die von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann als „Mammutaufgabe“ bezeichnete Anpassung des Rechts an die digitale Wirklichkeit schreitet damit Schritt für Schritt voran. Babyschritte vielleicht, aber immerhin Schritte.
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