Die neue Batterieverordnung kommt: Am gestrigen Mittwoch stimmte das EU-Parlament über das neue Regelwerk ab, das für zahlreiche Änderungen bei entsprechenden Produkten sorgen wird, von Smartphones über Laptops hin zu Elektroautos. Satte 587 Ja-Stimmen erhielt das Vorhaben bei neun Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen. Inhaltlich geht es um verschiedene Punkte entlang des kompletten Batterielebenszyklus: Es wurden neue Ziele für die Abfallsammlung und das Recycling gesteckt und auch einen digitalen Batteriepass soll es geben. Eine der vermutlich am besten spürbaren Änderungen wird allerdings das Gebot sein, tragbare Batterien in Geräten so zu gestalten, dass diese im Regelfall von Verbraucher:innen leicht entfernt und ersetzt werden müssen. Mit anderen Worten dürften die verklebten Akkus, die viele Geräte praktisch häufig zu Wegwerfartikeln machen, bald in vielen Fällen der Vergangenheit angehören – allerdings erst in einigen Jahren.
Update vom 2. August 2023: Die Batterieverordnung ist am 28. Juli 2023 in EU-Amtsblatt verkündet worden und tritt damit am 17. August 2023 in Kraft. Für die einzelnen Vorschriften sind unterschiedliche Übergangszeiträume vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass die aktuellen nationalen Vorschriften teilweise aktualisiert und angepasst werden müssen. Wir werden über die Details selbstverständlich auf dem Laufenden halten.
Ciao Einweg-E-Zigarette? Neue Batterieverordnung macht Schluss mit verklebten Akkus
„Zum ersten Mal haben wir eine Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts abdeckt – ein Ansatz, der sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaft gut ist“, heißt es vom italienischen Berichterstatter Achille Variati. Bislang läuft die produktspezifische Regulierung von Batterien über eine EU-Richtlinie, die die Mitgliedstaaten in eigenes Recht umzusetzen hatten. In Deutschland geschieht das mit dem Batteriegesetz. Die neue Batterieverordnung wird dagegen unmittelbar gelten, weitgehend ohne irgendwelche Zwischenakte.
Ihre Bedeutung und Schlagkraft sind wohl nicht zu unterschätzen, alleine schon wegen des großen Anwendungsbereichs. Akkus und Batterien stecken in etlichen Produkten, Smartphones und Laptops sind wohl die besten Beispiele. Aber auch die Autoindustrie stützt die Elektromobilität vorwiegend auf Batterien und ist von der Batterieverordnung betroffen.
Für Verbraucher werden besonders die Regeln zur Austauschbarkeit von Akkus relevant sein. Für viele Hersteller ist es bislang üblich, Akkus in Geräten zu verkleben. Auch hierfür sind Smartphones ein gutes Beispiel, aber auch Laptops, Lampen, mobile Lautsprecher und so weiter. Nimmt die Leistungsfähigkeit der Akkus nach einer gewissen Zeit ab, lassen sich diese zwar mitunter entfernen, aber häufig nur mit fachmännischem Aufwand und zu hohen Preisen. Nicht selten ist eine Neuanschaffung dadurch attraktiver, die feste Verbindung mit dem Verschleißteil Akku lässt Geräte schon in der Wahrnehmung zu einem Produkt mit Verfallsdatum werden. Beinahe absurd muten bestimmte Produkte an, die von vornherein nicht darauf ausgelegt sind, über die Lebensdauer der eingebauten Batterie hinaus genutzt zu werden – etwa Einweg-E-Zigaretten. Diesen wird bereits prophezeit, durch die neue Regelung völlig vom Markt zu verschwinden.
Austausch mit handelsüblichem Werkzeug soll möglich sein
Mit der kommenden Batterieverordnung dürfte sich einiges ändern. Wer Produkte in Verkehr bringt, in die Gerätebatterien eingebaut sind, muss dafür sorgen, dass diese „vom Endnutzer jederzeit während der Lebensdauer des Produkts leicht entfernt und ausgetauscht werden können“, heißt es hier. Leicht zu entfernen meint dabei, dass die Batterie mit handelsüblichen Werkzeugen aus dem Produkt entnommen werden kann, ohne die Verwendung von Spezialwerkzeugen (es sei denn, sie werden kostenlos mit dem Produkt bereitgestellt), ohne das Angewiesensein auf herstellerspezifische Werkzeuge, und auch ohne Wärmeenergie oder Lösungsmittel für die Demontage des Produkts. Ersatzbatterien sollen sowohl für Fachleute als auch für Endnutzer noch fünf Jahre verfügbar sein, und das zu angemessenen Preisen.
Ohne Ausnahmen kommt diese Regelung aber nicht daher. So gibt es etwa Fälle, in denen die Hürde der Austauschbarkeit etwas größer wird, da Hersteller die Produkte so konstruieren können, dass die Batterie nur von unabhängigen Fachleuten entfernt und ausgetauscht werden kann. Diese Möglichkeit besteht bei abwaschbaren oder abspülbaren Geräten, „die speziell für den Betrieb in einer Umgebung ausgelegt sind, in der regelmäßig Spritzwasser-, Strahlwasser- oder Unter-Wasser-Bedingungen herrschen“, sofern das im Interesse der Sicherheit des Nutzers und des Geräts erforderlich ist. Das könnte also etwa für Fitnesstracker, Outdoor-Lautsprecher oder gar Sexspielzeug gelten. Auf welche Geräte sich diese Ausnahme am Ende noch erstrecken könnte, das ist wohl eine spannende Frage – zumindest werden insbesondere Smartphone gerne mit einem Schutz vor derlei Umweltbedingungen vermarktet, wenn auch selten als „abwaschbar“. Abgesehen von ein paar weiteren Ausnahmen, etwa für professionelle Strahlentherapiegeräte, erhält die EU-Kommission mit der Verordnung zudem die Erlaubnis, unter bestimmten Bedingungen weitere Geräte von der Regelung zur leichten Entfernbarkeit bzw. Austauschbarkeit auszunehmen.
Digitaler Batteriepass und mehr
Bis sich zeigt, in welchen Geräten die Batterien nun tatsächlich einfach durch eigene Hand ausgetauscht werden könnten, könnte allerdings noch etwas Zeit ins Land gehen. Einerseits möchte die Kommission noch Leitlinien veröffentlichen, um den Umgang mit der Regelung zu erleichtern, andererseits gilt die Regelung erst ganze 42 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung, also voraussichtlich ab etwa 2027.
Neben dieser Regelung gibt es weitere wichtige Anpassungen. Bei Batterien von Elektrofahrzeugen und leichten Transportmitteln, wie beispielsweise E-Fahrrädern, wird es künftig eine Erklärung und Kennzeichnung zum CO₂-Fußabdruck geben, ebenso wie einen digitalen Batteriepass. Im Bereich der Gerätebatterien werden die Abfallsammelziele stufenweise erhöht werden, und auch die Mindestmengen für Rohstoffe, die aus Altbatterien zurückgewonnen werden, werden steigen.
Vorgelegt wurde ein Vorschlag für eine neue Verordnung von der EU-Kommission bereits 2020. Das Vorhaben dient neben der Stärkung des Binnenmarktes auch der Förderung der Kreislaufwirtschaft und der Verringerung ökologischer und sozialer Auswirkungen durch die Nutzung von Batterien. Im nächsten Schritt muss nun der Rat den Text offiziell billigen, danach kann er im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten. Sie tritt zwanzig Tage danach in Kraft, es sind jedoch diverse Übergangsbestimmungen vorgesehen.
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