Immer wieder belegen Umfragen und Studien, dass hierzulande eine hohe Nachfrage an Fachkräften besteht, Stellen jedoch über einen sehr langen Zeitraum nicht nachbesetzt werden können, weil keine qualifizierten Leute da sind – was langfristig zu Produktivitätseinbußen führen kann. Solch länger andauernden Personallücken gibt es allen voran im Bau und bei technischen sowie naturwissenschaftlichen Berufen – allein im IT-Bereich blieben 2022 knapp 68.000 Stellen offen, branchenweit waren etwa 630.000 Stellen vakant. Doch auch in gesundheitsbezogenen und sozialen Branchen sowie im Handel ist der Personalbedarf stark gestiegen. Aktuellen Zahlen des KfW zufolge hätten im April dieses Jahres 42,2 Prozent der deutschen Unternehmen einen Mangel an Fachpersonal beklagt.

Ein wesentlicher Grund dafür ist vor allem der demografische Wandel: Bis zum Jahr 2035 soll der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge von 15 bis 64 Jahren um drei Millionen auf 50,1 Millionen sinken, derzeit sind es knapp 53 Millionen. Im Zuge dessen hatte das IW bereits im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass es etwa 1,5 Millionen Einwander:innen brauche, um den Rückgang an Arbeitskräften abzufangen. 

Diese Größenordnung bestätigt aktuell Monika Schnitzer, Wirtschaftsweise und Leiterin des Sachverständigenrats der Bundesregierung: „Deutschland braucht 1,5 Millionen Zuwanderer im Jahr, wenn wir abzüglich der beträchtlichen Abwanderung jedes Jahr 400.000 neue Bürger haben und so die Zahl der Arbeitskräfte halten wollen“, erklärte sie aktuell im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Es brauche noch mehr als das Fachkräftegesetz 

Die Bundesregierung hat aktuell ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf den Weg gebracht, am 23. Juni wurde es vom Bundestag beschlossen wurde, am 7. Juli soll im Bundesrat eine zugehörige Verordnung behandelt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ausländische Fachkräfte leichter nach Deutschland kommen können. Nach Ansicht der Wirtschaftswissenschaftlerin und Hochschullehrerin Schnitzer sei des bereits ein richtiger Schritt. 

Des Weiteren bräuchte es aber auch „dringend“ eine Willkommenskultur: „Wenn Intel eine Fabrik in Magdeburg baut und dafür auch ausländische Fachkräfte gewinnen will, müssen die sich dort willkommen fühlen“, argumentiert Schnitzer mit Verweis auf das Vorhaben in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt. 

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Unter anderem Sprachbarrieren stünden dem entgehen.  „Wir sollten nicht für jeden Job fordern, dass die ausländischen Fachkräfte Deutsch können“, erklärt die Inhaberin des Lehrstuhls für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München weiter. Stattdessen sei es notwendig, dass die Angestellten in Ausländerbehörden Englisch sprechen können.