Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Menschen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz oder allgemein im geschäftlichen Verkehr schützen. Allerdings weist das Gesetz einige Lücken auf, findet jedenfalls die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes Ferda Ataman: „Wir haben bisher eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa“. Wie es besser werden kann, zeigt nun ihr Vorschlag für eine Reform des AGG.
Streichung des Wortes „Rasse“ und Erweiterung des Schutzbereiches
Zum einen soll am Wortlaut des Gesetzes gefeilt werden. In § 1 heißt es aktuell: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
Nach Atamans Vorschlag soll der veraltete Begriff „Rasse“ ersetzt werden. Außerdem soll der Schutzbereich erweitert werden. Künftig soll auch niemand aufgrund von sozialem Status, Pflegetätigkeiten sowie der Staatsbürgerschaft benachteiligt werden dürfen. Die taz führt dazu aus, dass Studien immer wieder belegen würden, dass in unserer Gesellschaft Vorurteile gegen arme Personen bestehen würden. Das legt auch eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Vereins Sanktionsfrei e.V. aus dem Jahr 2020 nahe. Etwa ein Drittel der Befragten stimmten der Aussage, dass Hartz-IV-Empfänger:innen gar nicht arbeiten wollen, „voll und ganz“ bzw. „eher“ zu. Mit ähnlichen Vorurteilen dürften auch Bezieher:innen des Bürgergeldes zu kämpfen haben.
Ein weiterer Punkt ist der Schutz von Personen, die eine Pflegetätigkeit ausüben: Damit sind nicht nur Personen gemeint, die Angehörige pflegen, sondern Menschen, die im Allgemeinen das verrichten, was man Care-Arbeit nennt, also auch: Eltern. Diese hätten es auf dem Arbeitsmarkt eben aufgrund der Care-Arbeit oft schwer.
Bessere Klagemöglichkeiten und höhere Strafen
Eine weitere Schwachstelle des aktuellen AGG ist die kurze Klagefrist: Verstößt ein arbeitgebendes Unternehmen gegen das AGG, haben Betroffene gerade einmal zwei Monate Zeit, eine Klage einzureichen. Danach können sie sich nicht mehr auf das AGG berufen, um beispielsweise Schadensersatz zu verlangen. Diese Frist will Ataman auf ein Jahr verlängern. Außerdem sollen Privatpersonen nicht mehr nur einzeln klagen sollen. Es soll die Möglichkeit geben, dass Verbände – oder die Antidiskriminierungsstelle selbst – gegen das Unternehmen klagen können.
„Mehr Wumms“ bei den Sanktionsmöglichkeiten fordert außerdem, laut taz, Rechtsexperte Bernhard Franke, der die Antidiskriminierungsstelle vor Ataman jahrelang kommissarisch leitete. Aktuell würden lediglich Strafzahlungen über wenige hundert Euro verhängt. Zudem soll es Betroffenen leichter gemacht werden, Diskriminierungen zu beweisen. Um das zu ermöglichen, sollten Arbeitgeber:innen und Vermieter:innen eine Auskunftspflicht haben.
Auch öffentliche Stellen sollen sich an das AGG halten
Interessant ist zudem die angestrebte Erweiterung auf öffentliche Stellen, sprich den Staat: Laut Ataman sei es „unlogisch“, dass sich etwa Mitarbeitende in öffentlichen Behörden oder Lehrkräfte an öffentlichen Schulen nicht auf das AGG berufen können. „Der Staat hat hier eine Vorbildfunktion“, stellt Ataman klar und fordert, dass das Gesetz auch für staatliches Handeln gelten muss.
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