19 große Online-Anbieter müssen sich seit wenigen Tagen an das „Grundgesetz für das Digitalzeitalter“ halten. Die Rede ist vom Digital Services Act: Das Regelungspaket der Europäischen Union soll sicherstellen, dass insbesondere sogenannte Online-Vermittlungsdienste – von der Suchmaschine über das soziale Netzwerk bis zum Marktplatz – illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller und geordneter entfernen. Nutzende sollen entsprechende Inhalte einfacher melden können. Alles ist das aber nicht, enthalten sind auch neue Regelungen zur Gestaltung von AGB, zur Werbung auf Online-Plattformen, Dark Patterns und mehr. Während Klein- und Kleinstunternehmen von diversen Vorschriften ausgenommen sind und größere Anbieter erst ab Februar 2024 verpflichtet werden, müssen die ganz Großen bereits jetzt ran.
Gemeint sind damit lediglich 19 Anbieter von Online-Plattformen und -Suchmaschinen, unter anderem X (ehemals Twitter), Facebook, Instagram und verschiedene Google-Dienste, aber etwa auch Zalando, Wikipedia, Amazon oder der App Store von Apple. Entscheidend ist die durchschnittliche Zahl monatlicher Nutzer in der EU: Sind es mindestens 45 Millionen, müssen sich die betreffenden Unternehmen gegenüber der EU-Kommission selbst als sehr große Online-Plattform bzw. Online-Suchmaschine notifizieren.
Löschung illegaler Inhalte und Einschränkung personalisierter Werbung
Diese Anbieter müssen jetzt beispielsweise bestimmte Vorschriften rund um die Entfernung illegaler Inhalte beachten, neben der (schnelleren) Löschung müssen sie auch für detaillierte Berichte über Risiken für Bürger der EU sorgen. Dabei sind völlig unterschiedliche illegale Inhalte betroffen: Soziale Netzwerke oder Plattformen wie Youtube müssen etwa überprüfen, ob ihre Angebote die Meinungsfreiheit untergraben oder Gewaltbereitschaft fördern. Marktplätze wie Amazon hingegen müssen sich darum bemühen, Angebote für gefälschte Markenkleidung oder gefährliche Spielzeuge zu entfernen, auch müssen Käufer gewarnt werden. Grundsätzlich aber geht es insgesamt um Inhalte, die nicht dem Recht der EU oder eines Mitgliedstaates entsprechen, unabhängig davon, welchem Aspekt sich die jeweilige Vorschrift genau widmet. Mitunter müssen Anbieter den zuständigen Behörden auch verdächtige, potenziell kriminelle Aktivitäten melden.
Anpassungen gibt es auch im Bereich der Werbung: Online-Plattformen dürfen keine Werbung mehr darstellen, die getargeted ist, also gezielt auf der Basis von personenbezogenen Daten ausgespielt wird, wenn der betreffende Nutzer denn minderjährig ist. Unabhängig vom Alter des Nutzers darf zudem keine Werbung mehr angezeigt werden, die auf Profilbildung beruht und dabei die „besonderen Kategorien“ personenbezogener Daten verwendet – also etwa politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gesundheitsdaten oder auch Daten zur sexuellen Orientierung.
Verordnung soll auch Unternehmern zugutekommen
Manche der Regelungen kommen nicht nur unmittelbar Verbrauchern zugute, sondern auch Unternehmern, die auf die Plattformen zurückgreifen, um Verbrauchern dort ihre Waren oder Dienstleistungen anzubieten. Anbieter von Online-Plattformen müssen hier sicherstellen, dass ihre Online-Schnittstelle so konzipiert und organisiert ist, dass die Unternehmer ihren Verpflichtungen in Bezug auf vorvertragliche Informationen, Konformität und Produktsicherheitsinformationen nach geltendem EU-Recht nachkommen können.
Auch wenn es sich um eine EU-Verordnung handelt, und damit um unmittelbar anwendbare Vorschriften, bedarf es noch Anpassungen im nationalen deutschen Recht. Hiernach bestimmten sich etwa die zuständigen Behörden für die künftig betroffenen Unternehmen, die nicht als sehr groß gelten. Dafür hat das Digitalministerium kürzlich einen Entwurf vorgestellt, das „Digitale-Dienste-Gesetz“. Der Entwurf ist hier einsehbar.
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