An diesem Freitag soll das Cannabis-Gesetz durch den Bundesrat. Schon vorher hat sich angekündigt, dass der geplante Legalisierungs-Termin, der 1. April 2024, wohl nicht gehalten werden kann. Die Bundesländer äußerten ihren Missmut über die Timeline des Gesetzes und kündigten an, den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen. Dies könnte die Cannabis-Legalisierung bis zum Herbst verschieben. Nun soll ein Kompromiss die Wogen glätten.
Bundesjustizministerium will Amnestie-Regelung verschieben
Knackpunkt ist der erhebliche Aufwand, den die Legalisierung mit sich bringt, denn: Was wird aus laufenden Strafverfahren? Diese Frage soll die umstrittene Amnestie-Regelung klären. Diese soll für den sofortigen Straferlass für künftig straflose Taten sorgen. Das Problem: Die aktuellen Akten sind natürlich nicht danach sortiert, was künftig straffrei ist und was nicht. Entsprechend müssen alle laufenden Verfahren hinsichtlich einer möglichen Amnestie überprüft werden. „Allein in Nordrhein-Westfalen muss in Zehntausenden Fällen geprüft werden, ob verhängte Strafen ganz oder teilweise zu erlassen sind“, teilte der nordrhein-westfälische Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Zusammenhang mit einer möglichen Anrufung des Vermittlungsausschusses mit. Die LTO berichtet in dem Zusammenhang sogar von 100.000 Akten, die bundesweit geprüft werden müssen.
Um diesen Aufwand etwas zu entzerren und die Bundesländer wieder optimistischer zu stimmen, hat das Bundesjustizministerium daher vorgeschlagen, die Amnestie-Regelung um sechs Monate zu verschieben. Ein entsprechendes Änderungsgesetz könnte noch in dieser Woche auf den Weg gebracht werden, damit am Freitag beim Termin im Bundesrat eben kein Vermittlungsausschuss angerufen wird.
Im Justizministerium nimmt man die Bedenken der Länder zwar ernst, gibt aber auch laut Beck-Aktuell zu bedenken, dass „die Federführung für das Vorhaben beim Bundesministerium für Gesundheit“ liege. Besagtes Ministerium hält ein so kurzfristiges Änderungsgesetz allerdings für nicht umsetzbar.
Richterbund wünscht sich Streichung der Amnestie
Dem Deutschen Richterbund geht die Verschiebung nicht weit genug. „Die mit dem Gesetz vorgesehene Amnestieregelung für Altfälle ist rechtsstaatlich nicht geboten, sie ist im Gegenteil höchst fragwürdig und sollte im weiteren Verfahren ersatzlos gestrichen werden“, lässt der Verbandsgeschäftsführer Sven Rebehn laut Beck-Aktuell mitteilen. Weiter bezeichnet er die geplante Verschiebung als „faulen Kompromiss“. Die Cannabis-Legalisierung sei eine „Gesetzgebung mit der Brechstange“.
Wechselhafte Stimmung unter Cannabis-Start-Ups
Wie schaut es aber in der E-Commerce-Branche, insbesondere bei den Cannabis-Start-Ups, aus? Diese dürften dieses Hin und Her langsam satt haben. Zunächst wurde die Vorfreude durch den Koalitionsvertrag angekurbelt. Als jedoch klar wurde, dass die Umsetzung bei weitem nicht so viel Freiheit mit sich bringen wird, wie ursprünglich gedacht, hat die Branche den ersten Dämpfer bekommen. „Dass der Eigenanbau nun begrenzt erlaubt wird, hilft der Branche nicht“, erklärte Alessandro Rossoni, Gründer der Medizin-Cannabisfirma Nimbus Health noch Anfang März gegenüber der Frankfurter Rundschau. Die Branche hatte eigentlich auf einen kommerziellen Vertrieb, ähnlich wie in den Niederlanden oder Teilen der USA, gehofft. Dass der Verkauf von Cannabis selbst nicht erlaubt sein sollte, wurde daher nicht gerade positiv aufgenommen. Der Branchenverband Cannabiswirtschaft sieht das allerdings etwas positiver: „Eigenanbau und Anbauclubs als Möglichkeiten zur Selbstversorgung sind zwar an sich nicht kommerziell, sie benötigen jedoch Infrastruktur, Ausstattung und Dienstleistungen“, heißt es von Lisa Haag vom Fachbereich Technik, Handel & Dienstleistungen des Verbandes.
Unternehmen, die Zubehör verkaufen, könnten jedenfalls davon profitieren, dass der Cannabiskonsum durch die Teil-Legalisierung möglicherweise aus der Schmuddelecke, mehr in Richtung Mitte der Gesellschaft gezogen wird.
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