Ein Jahr nach dem ersten umfassenden Testbericht zur Barrierefreiheit der größten und bekanntesten deutschen Online-Shops wie Ikea, Asos oder QVC haben die Aktion Mensch und Google gemeinsam mit der Stiftung Pfennigparade erneut die 71 meistbesuchten Online-Shops in Deutschland auf ihre digitale Barrierefreiheit überprüft. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur 15 Webseiten, also gut ein Fünftel, erfüllen das zentrale Kriterium der Tastaturbedienbarkeit.
Dringender Handlungsbedarf bis 2025
Ab dem 28. Juni 2025 sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, eine große Bandbreite ihrer Produkte (z. B. diverse Elektronikartikel) und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Dies betrifft auch alle Online-Shops selbst, von denen die Mehrheit bis dahin noch erhebliche Anstrengungen unternehmen muss, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Der Bericht zeigt, dass die meisten Webseiten noch immer nicht ausreichend an die Bedürfnisse vieler Menschen angepasst sind. Eine fehlende Tastaturbedienbarkeit, unzureichende Kontraste und eine unlogische Tab-Reihenfolge sind nur einige der häufigsten Probleme, die bei den Tests festgestellt wurden.
Das anzugehen sei keine Raketenwissenschaft, sondern ließe sich oft mit relativ einfachen Mitteln und ein paar html-Kenntnissen beheben, so die Expertinnen und Experten. Beispielsweise können durch klare Beschriftungen und eine gut sichtbare Tastaturfokussierung bereits große Verbesserungen erzielt werden.
„Barrierefreiheit muss endlich umgesetzt werden – jetzt und überall!“
Trotz der überwiegend negativen Ergebnisse des Tests gibt es auch positive Beispiele. Die Webseite von Asos beispielsweise überzeugt durch einen jederzeit sichtbaren Tastaturfokus und eine gut bedienbare Navigation. Michael Wahl, Leiter der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik, sieht zudem großes Potenzial in der Nutzung von künstlicher Intelligenz: „KI kann Arbeitsschritte erleichtern und Menschen neue Möglichkeiten eröffnen, die sie ohne Barrierefreiheit nicht hätten.“ Zu denken wäre hier an prägnante Alt-Texte oder Chat-Bots, die auf Nachfrage Detailinformationen zu Produkten herausgeben können.
Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur ein rechtliches Erfordernis, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit, betont Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, gestern in einem Pressegespräch zur Vorstellung des Testberichts und findet deutliche Worte: „Nicht-barrierefreie Online-Shops sind betriebswirtschaftlicher Unfug.“ Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, pflichtet in der entsprechenden Pressemitteilung bei: „Unternehmen, die dies nicht tun, nehmen in Kauf, dass sie potenzielle Kunden ausschließen.“
Wer davon noch nicht überzeugt ist, lässt sich vielleicht mit der Aussicht auf ein besseres Google-Ranking zu entsprechenden Maßnahmen überreden. Fest steht, dass barrierefreie Webseiten qualitativ hochwertiger sind, denn Menschen finden sich dort gut zurecht und bleiben somit länger und fokussierter auf der Seite. Das gefällt natürlich auch Google, denn der Seite kann man somit mehr Vertrauen schenken.
Häufige Hürden und einfache Lösungen
Die Ergebnisse des zweiten Testberichts zeigen deutlich, dass noch viel Handlungsbedarf besteht. Im Gegensatz dazu rast die Zeit. Hier ein paar Alt-Texte zu hinterlegen oder da die Schriftart zu ändern ist vielleicht keine große Nummer. Eine Website mit 10.000 Artikeln zu optimieren und in spätestens 12 Monaten neben dem laufenden Tagesgeschäft einen kompletten Relaunch durchzuführen, ist da schon etwas anspruchsvoller.
Hier sollten alle Verantwortlichen wenigstens jetzt schon den Status quo überprüfen und festlegen, welche Schritte nötig sind und wie diese von wem und in welchem Zeitrahmen umgesetzt werden können. Im Juni 2025 werden Programmierer wohl nicht gerade auf Kundschaft warten. Zudem ist die Gefahr, auf die Schnelle auf windige Dienstleistungsunternehmen hereinzufallen, nicht unbedeutend. So warnt unter anderem der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten Verband vor falschen Werbeversprechen im Zusammenhang mit Overlay-Tools.
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Für reine Webseiten mach ich die Optimierung tatsächlich mit 2-3 Klicks und ein paar Code Snippets.
Die templates für mein Shopsystem mit kryptischen Kürzeln die nichts mit HTML zu tun haben und bei denen ein Zeichenfehler zum erliegen der halben Shopseite führt Fass ich aber nicht an.
Die Umsetzung durch Profis kostet irgendwo zwischen 800 und 1500 Euro und der Mehrwert ist in meinem Fall nicht existent, da ich keine Ware verkaufe die Menschen mit Seh-Einschränku ngen oder fehlenden Gliedmaßen verwenden können.
Mmn sorgt das nur für rausgeworfenes Geld und Zeit wenn man keine absolut universelle Ware wie Kleidung, dekor oder verbrauchsguter des täglichen Lebens verkauft.
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Da sind sich wohl die Experten der Komplexität zeitgemäßer Online-Shopsyst eme nicht wirklich bewusst...was ein Schwachsinn.
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