Nicht alle im Internet bestellten Waren können einfach wieder in einen Karton gepackt und an Hersteller oder Händler zurückgesendet werden, wenn an ihnen ein Defekt auftritt. Wird ein Einbaugerät oder ein anderes verbaubares Produkt (z. B. Fliesen) geliefert, muss der Unternehmer im Falle eines Mangels die Kosten für Aus- und Einbau tragen. Künftig nicht mehr nur im B2C-, sondern auch in der Lieferkette (B2B-Bereich).
Status quo: Aus- und Einbaukosten vom Händler zu tragen
Liefert ein Online-Händler eine fehlerhafte oder defekte Ware an einen Verbraucher, muss er sie entweder reparieren oder eine neue zusenden. Das ist das klassische Gewährleistungsrecht, welches im B2C-Bereich innerhalb von zwei Jahren ab Lieferung gilt. Sind die Produkte aber ein- bzw. verbaut, beispielsweise Fliesen, muss der Online-Händler auch die Kosten für den Ausbau des mangelhaften Produkts und den Einbau des neuen und reparierten Produkts tragen. Diese Rechtslage geht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2011 zurück (Urteil vom 16. Juni 2011, Rechtssachen C 65/09 und C 87/09).
Gerechtfertigt wird dies wie so oft mit den weitreichenden Verbraucherrechten: Der Verbraucher hat den Preis für ein einweindfreies Produkt bezahlt und darf auch erwarten, dass er – zumindest in den ersten zwei Jahren – ein vollwertiges funktionstüchtiges Produkt erhält. Die finanzielle Belastung für den Ein- und Ausbau hat er aber nicht zu verantworten, sondern der Händler (und Hersteller), der ein mangelhaftes Produkt verkauft (und produziert). Im Falle eines Defektes sollen dem Verbraucher bei der Abwicklung (sprich Reparatur und Neulieferung) so wenig finanzielle Unannehmlichkeiten wie möglich entstehen.
Bislang galt das Vorgenannte nur für Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, nicht jedoch im B2B-Bereich. Das war 2012 die eindeutige Ansage des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 17. Oktober 2012, Az.: VIII ZR 226/11). Erwirbt ein Verbraucher bei einem Handwerker Farbe oder Tapete und beauftragt er ihn mit dem Verstreichen von Wandfarbe oder Anbringen von Tapete, war der Fall bislang so: Der Handwerker konnte den Händler/Hersteller, bei dem er selbst die Waren erworben hat, meist nicht in Anspruch nehmen.
Erweiterung auf B2B-Bereich geplant
Mit einem aktuellen Gesetzesentwurf, der Anfang März im Bundestag beschlossen wurde und 2018 in Kraft treten könnte, sollen diese Grundsätze nun jedoch geändert werden. Der Gesetzesentwurf zielt zwar in erster Linie auf die Baubranche ab, gilt jedoch generell auch für alle anderen Produktgruppen, die verbaut oder dauerhaft angebracht werden können (z. B. auch Farben, Tapeten). Verarbeitet der Handwerker seine Materialien, die er zuvor online erworben hat, und sind diese nicht einwandfrei, kann er die entstandenen Aus- und Einbaukosten nun in der Lieferkette, zunächst an den Online-Händler, zurückgeben. Der Online-Händler muss sich dann wiederum mit seinem Vertragspartner, beispielsweise dem Großhändler oder Hersteller, auseinandersetzen und den Kostenersatz fordern.
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