Mit der neuen Legislaturperiode werden einige gesetzliche Änderungen geplant. Dabei will die neue Regierung aus CDU/CSU und der SPD auch die Verbraucherrechte weiter stärken. Kommt es dabei zu weiteren Einschränkungen für Händler:innen?

Das steht im Koalitionsvertrag

Über 30 Mal fällt im 147 Seiten langen Koalitionsvertrag das Wort „Verbraucher“ (Der Begriff E-Commerce fällt übrigens immerhin einmal). Das Leben in Deutschland soll „einfacher, bezahlbarer und gerechter“ werden, heißt es dort. Unter dieser Prämisse soll es auch einige Anpassungen im Verbraucherrecht geben. Dabei sollen auch die Regeln, die nicht mehr ihren Zweck erfüllen, gestrichen werden.

Gesetze für den Verbraucherschutz ziehen häufig neue Vorschriften für Händler:innen nach sich. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat den Koalitionsvertrag auf die verbraucherpolitischen Vorhaben hin untersucht. 

Das ändert sich im Vertragsrecht

Unter anderem ist eine „Bestätigungslösung“ für Verträge geplant, die am Telefon geschlossen werden. Dabei soll es um Dauerschuldverhältnisse, also beispielsweise um Abonnements, gehen. So soll wohl verhindert werden, dass sich Verbraucher:innen am Telefon überrumpelt und unter Druck gesetzt fühlen. 
Bisher ist es so, dass Verbraucher:innen Fernabsatzverträge mit einer 14-tägigen Frist widerrufen können. Mit der Bestätigungslösung würde diese zusätzliche „Hürde“ wegfallen. Stattdessen müssten sie aktiv tätig werden, damit der Vertrag überhaupt zustande kommt.

Im Koalitionsvertrag ist die Rede davon, dass digitale Angebote schon „by design“ und „by default“ verbraucherfreundlich gestaltet werden sollen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband geht davon aus, dass damit süchtig machende Designs verboten werden sollen. Konkrete Bestimmungen sind allerdings noch nicht benannt. 

Nachhaltiger Konsum und versteckte Preiserhöhungen

Relativ unkonkret bleiben auch die Vorhaben für mehr Transparenz bei Preiserhöhungen und die Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung. Hier heißt es lediglich: „Wir setzen uns für mehr Transparenz bei versteckten Preiserhöhungen ein. Lebensmittelverschwendung bekämpfen wir auf allen Ebenen und unterstützen gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln.“ 

Auch zum Recht auf Reparatur heißt es nur, dass der nachhaltige Konsum erleichtert werden soll und dem Grundsatz „Reparieren statt wegwerfen“ gefolgt werden soll. 

Neue Regeln im Verpackungsgesetz?

Auch das Verpackungsgesetz soll von der neuen Regierung reformiert werden. Konkrete Angaben bleiben allerdings auch hier aus. Der § 21 des Verpackungsgesetzes, der die finanzielle Förderung von recyclingfreundlichen Verpackungen regelt, soll reformiert werden und die EU-Verpackungsverordnung soll praktikabel umgesetzt werden. Durch die neue europäische Verpackungsverordnung (PPWR) wird es hier zukünftig ohnehin zu Neuerungen kommen. 
Außerdem soll die Abfallsammlung von Batterien und Elektrogeräten optimiert werden. 

Wettbewerbs- und Kartellrecht

Im Koalitionsvertrag ist die Rede von einer Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts. Dabei soll sowohl das Kartellrecht als auch der Digital Markets Act effektiver durchgesetzt werden. So soll internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Für die Umsetzung ist eine Expertenkommission im Bundeswirtschaftsministerium geplant. 

Kampf gegen Temu und andere Billigplattformen

Der Einzelhandel soll vor unlauterem Wettbewerb durch die Flutung von billigen Konsumgütern aus Fernost geschützt werden. Dabei sind Plattformen wie Temu und Shein gemeint, aber auch einzelne Händler:innen, die über andere Plattformen verkaufen, können betroffen sein. Laut dem Koalitionsvertrag soll ein stärkerer Fokus darauf gelegt werden, dass die EU-weit geltenden Regeln auch von Plattformen und Händler:innen aus dem Ausland eingehalten werden. 

Abschaffung des Lieferkettengesetzes

Im Gegensatz zu vielen anderen Punkten im Koalitionsvertrag macht die zukünftige Regierung hier ziemlich konkrete Angaben: Das Lieferkettengesetz soll abgeschafft werden. Zukünftig soll lediglich die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) gelten, die bürokratiearm und vollzugsfreundlich umgesetzt werden soll.

DSGVO-Erleichterung für kleine Unternehmen?

In puncto Datenschutz plant die zukünftige Regierung eine Erleichterung für kleine und mittelständische Unternehmen und für Leute, die ein Ehrenamt ausüben. So sollen einige Bereiche von den Vorschriften der DSGVO ausgenommen werden. Im Vertrag wird dabei beispielsweise die Kundenliste von Handwerkern genannt. Dieses Vorhaben müsste die Koalition allerdings auf europäischer Ebene durchsetzen, da es sich bei der DSGVO um ein EU-weit geltendes Gesetz handelt. 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert bereits, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen grundrechtlich verankerte Prinzipien des Datenschutzes einhalten müssen. 

Gibt es zukünftig mehr Sammelklagen?

Anders als in den USA sind Sammelklagen in Deutschland bisher nur in einigen wenigen Fällen möglich. Im Koalitionsvertrag wird von einer „Reform des Verfahrensrechts“ gesprochen, unter anderem soll auch die Bewältigung von Massenverfahren gestärkt werden. 

So kann es Verbraucher:innen erleichtert werden, vereint gegen große Unternehmen vorzugehen. Konkretisierungen, ob sich die Voraussetzungen für solche Massenklagen ändern sollen, finden sich im Koalitionsvertrag bisher keine. 

Diese Punkte könnten auch für Händler:innen interessant werden

Einige Punkte betreffen nicht konkret den Online-Handel, können sich aber dennoch auf Händler:innen auswirken. So ist im Koalitionsvertrag unter anderem die Rede davon, dass der Zugang zum Recht erleichtert werden soll. Unter anderem sollen Online-Verfahren in der Zivilgerichtsbarkeit eingeführt werden. So könnten sowohl Händler:innen als auch Verbraucher:innen ihre Rechte vor Gericht einfacher durchsetzen. Zudem soll in vielen Bereichen in der Justiz künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen, was der Überlastung der Gerichte entgegenwirken kann. 

Auch sollen Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen (zum Beispiel bei Bahntickets) einfacher ausgezahlt werden. Wenn Kund:innen beispielsweise einen Anspruch auf die Erstattung eines Tickets haben und alle Daten bereits vorliegen, muss nicht erst ein Antrag gestellt werden, sondern die Erstattung erfolgt automatisch. 
Außerdem plant die künftige Regierung im Zuge des Bürokratieabbaus, die Bonpflicht wieder abzuschaffen. 

Fazit

Der Koalitionsvertrag spricht von einigen Änderungen, die Verbraucherrechte erweitern sollen, bleibt dabei, bis auf wenige Ausnahmen, allerdings wenig konkret. 
In einigen Bereichen, zum Beispiel im Datenschutz, könnten die Vorschriften für kleine und mittelständische Unternehmen sogar im Zeichen des Bürokratieabbaus erleichtert werden. Auch Vorgaben wie die Verpackungsverordnung oder das Lieferkettengesetz könnten eher händlerfreundlich umgesetzt werden. 
Ob diese Vorhaben allerdings tatsächlich wie geplant umgesetzt werden können, bleibt ungewiss. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert zu Recht, dass der Koalitionsvertrag an vielen Stellen zu unkonkret bleibt und somit nicht abzusehen ist, ob die Rechte für Verbraucher:innen gestärkt werden. Die meisten Themen werden lediglich grob angerissen.