In der Ampel-Koalition ist es zum Bruch gekommen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Am Nachmittag soll dieser die Entlassungsurkunde vom Bundespräsidenten Walter Steinmeier erhalten.

Für Lindners Amt gibt es bereits einen Nachfolger: Jörg Kukies, bisher Staatssekretär im Kanzleramt, soll es übernehmen. Er gehört ebenfalls der SPD an und gilt als enger Vertrauter von Scholz, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Kukies ist seit 2018 im Staatsdienst und war zunächst Staatssekretär im Finanzamt, bevor er zum Kanzlerberater wurde. 

Volker Wissing verlässt die FDP

Neben Lindner verlassen auch weitere FDP-Minister die Regierung. Mit einer Ausnahme: Volker Wissing will im Kabinett bleiben – und zwar parteilos. Der derzeit amtierende Bundesverkehrsminister ist aus der FDP ausgetreten. „Ich möchte keine Belastung für meine Partei sein“, zitiert ihn die Tagesschau. Er distanziere sich damit nicht von den Grundwerten der FDP und wolle auch in keine andere Partei eintreten. „Die Entscheidung ist eine persönliche Entscheidung von mir, die meiner Vorstellung von Übernahme von Verantwortung entspricht. Ich möchte mir selbst treu bleiben“, so der Minister. Seine drei Staatssekretär:innen wollen indes nicht Teil der Bundesregierung bleiben, teilte Daniela Kluckert auf X (Twitter) mit: „Unser Land braucht schnell einen Neuanfang und geordnete politische Verhältnisse. Wir haben nach seiner einsamen Entscheidung kein Vertrauen mehr in Volker Wissing.“ 

Die Union fordert indes den Rücktritt von Wissing: „Es ist eine bodenlose Frechheit, dass Wissing in dieser Lage Minister bleiben will“, heißt es weiter im Tagesschau-Bericht von dem Unionsfraktionsvizen Ulrich Lang, mit Verweis auf die Rheinische Post. Lang kritisierte, dass er als Verkehrsminister „bisher in seinem Bereich nichts auf die Beine gestellt“ habe, „nur eine Bilanz des Scheiterns“. Er wirft Wissing außerdem einen „charakterlosen Loyalitätsbruch“ mit der FDP vor. 

Stattdessen wird Wissing nun aber auch zusätzlich noch das Justizministerium besetzen, das zuletzt vom FDP-Kollegen Marco Buschmann besetzt wurde. Auch das Bildungsministerium hatte mit Bettina Stark-Watzinger eine FDP-Politikerin inne. Beide hatten ihren Rücktritt eingereicht. Das Wissenschaftsministerium übernimmt Cem Özdemir (Grüne), meldet die Zeit mit Verweis auf Regierungskreise.

Merz pocht auf zügige Neuwahl

Oppositionschef Friedrich Merz erklärte die Ampel-Koalition als „gescheitert“, was auch das Ende der Legislaturperiode bedeute. Scholz hatte angekündigt, Mitte Januar die Vertrauensfrage zu stellen, sodass es Ende März Neuwahlen in Deutschland geben könne. Merz geht das nicht schnell genug: „Es gibt überhaupt keinen Grund, die Vertrauensfrage jetzt erst im Januar des nächsten Jahres zu stellen“, erklärte der CDU-Politiker laut n-tv.

Das fordert auch der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.: „Aus der tiefen wirtschaftlichen Krise ist nun mutwillig eine politische Krise gemacht worden. Diese Art von Führung hat niemand bestellt und niemand verdient“, kommentiert BGA-Präsident Dr. Dirk Jandura.

Deutschland nach Trump-Wahlsieg in der Verantwortung

Das Aus der Ampel-Koalition fällt mit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA zusammen. Damit stehen Deutschland und Europa vor der Aufgabe, „ihre Handlungsfähigkeit und Einheit zu wahren“, mahnt der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft IfW Kiel, Moritz Schularick.

„Angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen und der notwendigen Unterstützung der Ukraine sind kurzfristig erhebliche zusätzliche Investitionen erforderlich. Diese können derzeit nur durch Kreditaufnahme finanziert werden, was auch ökonomisch sinnvoll ist“, erläutert der Wirtschaftsexperte. Er befürwortet die Amtsübernahme durch Kukies: „Die demokratischen Parteien tragen hier eine besondere Verantwortung, um die finanzielle Basis für ein handlungsfähiges Deutschland zu schaffen. Jetzt ist der Moment, gemeinsam die Schuldenbremse zu reformieren und die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit des Landes zu stärken. Mit Jörg Kukies übernimmt im Finanzministerium jemand, der mit den internationalen Herausforderungen gut vertraut ist.“

Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag wurde nach der Veröffentlichung um aktuelle Informationen zur Besetzung der Ministerämter ergänzt.

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