Geplante Paketgebühr: Strategie für fairen Online-Handel „längst überfällig“

Veröffentlicht: 06.02.2025
imgAktualisierung: 06.02.2025
Geschrieben von: Christoph Pech
Lesezeit: ca. 3 Min.
06.02.2025
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Pakete beim Zoll
Genrix20061.mail.ru / Depositphotos.com
Die von der EU geplante Paketgebühr schlägt hohe Wellen. Es gibt viel Lob – manchen gehen die Pläne aber nicht weit genug.


Um Temu, Shein und anderen außereuropäischen Billiganbietern Einhalt zu gebieten, hat die EU-Kommission am Mittwoch Pläne vorgelegt, um sichere und nachhaltige Einfuhren im Online-Handel zu gewährleisten. Darin finden sich Punkte wie Umweltschutz, Verbraucherschutz, internationale Zusammenarbeit oder auch die bereits bekannte Zollreform, nach der die Zollfreigrenze von derzeit 150 Euro fallen soll.

Dazu gehört auch mehr Unterstützung für die Zollbeamt:innen, die die Flut an Paketen von Temu und Co. kontrollieren müssen. „Unsere Zollbehörden sind die ersten Augen an der Grenze, daher müssen wir sie mit den geeigneten Instrumenten ausstatten, um unsere Durchsetzungskapazitäten in enger Zusammenarbeit mit anderen Behörden, die für die Kontrolle von Waren, die auf den EU-Markt gelangen, von entscheidender Bedeutung sind, zu stärken“, so Maroš Šefčovič, Mitglied der Kommission für Handel und wirtschaftliche Sicherheit der EU.

Neue Regeln helfen nicht

Der Digitalverband Bitkom begrüßt den Vorstoß der Kommission, Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder mahnt aber: „Wer online einkauft, muss sich auf die Sicherheit der angebotenen Produkte verlassen können. Dafür braucht es allerdings keine weiteren Regeln, sondern stärkere Importkontrollen und die Aufhebung der Zollfreigrenze von 150 Euro. Denn wenn außereuropäische Händler unter Ausnutzung dieser Grenze illegale Produkte einführen, gefährdet das nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch europäische Anbieter.“

Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) begrüßt die EU-Pläne grundsätzlich, warnt aber vor neuen Regelungen, „die zu weiteren bürokratischen Belastungen führen.“ Wichtig sei die konsequente Anwendung des bestehenden Rechts. „Dazu brauchen wir zum Beispiel dringend eine Verbesserung der digitalen und analogen Infrastruktur für den Zoll. Auch die angekündigte Abstimmung der Maßnahmen aus den einzelnen Politikbereichen wie beispielsweise Umwelt, Produktsicherheit, Steuern und Zoll, ist dabei unerlässlich.“

Gebühr für Pakete der richtige Weg?

Die geplante Gebühr für Pakete, die sich im Kern ganz konkret gegen Temu und Shein richten soll, wird von der deutschen Wirtschaft begrüßt. „Im europäischen Binnenmarkt müssen endlich gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer gelten. Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen“, sagt etwa der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, Stephan Tromp. DIHK-Handels- und Digitalexperte Dirk Binding ergänzt: „Es geht nicht darum, internationalen Handel zu verhindern, sondern um gleiche Wettbewerbsbedingungen.“

vzbv: „Chance vertan“

Es gibt aber auch kritische Stimmen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sagt etwa: „Die Europäische Kommission hat mit der Mitteilung eine große Chance vertan.“ Es sei zwar richtig, bestehende Strukturen zu stärken und geltendes Recht durchzusetzen. „Wo Lücken deutlich sind, muss aber auch gehandelt werden. Bisher werden Anbieter nicht daran gehindert, unsichere Produkte über Online-Marktplätze zu verkaufen. Das muss sich ändern. Unsichere Produkte sollten Verbraucher:innen auf den Plattformen erst gar nicht zugänglich gemacht werden. Dafür brauchen wir strengere Sorgfaltspflichten“, so Stefanie Grunert, Referentin im Team Recht und Handel des vzbv.

Betreiber von Online-Marktplätzen müssten aus Sicht des Verbandes stärker prüfen, ob Angebote auf ihren Plattformen den EU-Anforderungen entsprechen. Zudem sollten Marktplatzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen haften, wenn Händler:innen auf den Plattformen Verbraucherrechte missachten.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 06.02.2025
img Letzte Aktualisierung: 06.02.2025
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Christoph Pech

Christoph Pech

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KOMMENTARE
10 Kommentare
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Sascha Ballweg
12.02.2025

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100 % pro Marktplatzhaftung! Nur wenn Amazon & Co. ein Mindestmaß an Prüfpflichten, aber auch ein Reaktionszwang im Bezug auf Meldungen zu unsicheren Produkten auferlegt werden, kann grenzüberschreitender Handel mit sicheren und ungefälschten Produkten funktionieren. Ich habe selbst erlebt, wie Amazon auf die Meldung eines medizinitechnischen Geräts NICHT reagiert hat, das nicht einmal ein CE-Zeichen besessen, geschweige denn der MDR entsprochen hat :/
Hendrik
08.02.2025

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Es werden mal wieder alle bestraft und ich finde das langsam nicht mehr hinnehmbar. Die Globalisierung wird doch so verherrlicht, dann muss man eben auch damit leben.
dirk
07.02.2025

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WER SOLL DAS KONTROLLIEREN? Wenn man eine Gebühr von - sagen wir mal - 5€ oder 10% auf jedes Drittland-Import-Paket aufschlägt - von den rein technischen Herausforderungen bei der Umsetzung einmal abgesehen - und eine Smartwatch von Temu (die eigentlich irgendwas um mind. 80 oder 100 Euro kosten müsste) dann 35€ statt 30€ kostet - inklusive Versand aus China natürlich - oder ein Kleid dann 13€ statt 8€ - glaubt irgendjemand, dass das die Kunden, die so was kaufen, von ihrem Kauf abhalten würde? Das ist doch Wunschdenken. Und wenn entsprechende Prüfungen und Zertifikate verlangt werden, werden die halt wie gewünscht von Temu online bereitgestellt - ob das Produkt diese Prüfungen nun tatsächlich erfüllt oder nicht. Und wird ein Produkt als Fälschung oder Gefährlich etc. eingestuft, dann nehmen sie es halt vom Markt. Selbst bei 100 Produktsperrungen jeden Tag fällt das bei 100.000 oder gar Millionen vorhandenen Produkten gar nicht auf. Und im Zweifelsfall wird das Produkt unter neuem Namen mit neuen Bildern und Texten sofort wieder eingestellt. WER WILL DAS PRÜFEN? Und Aufhebung der Zollgrenze gut und schön - aber noch mal: WER WILL DAS PRÜFEN? Es gibt schlicht nicht einmal einen Bruchteil der dafür erforderlichen Personalkapazitäten bei Zoll und DHL, die die ganzen Zollformalitäten abwickeln könnten. Und wenn ein Kunde bei einem 10€-Schnäppchen dann plötzlich extra zum Zoll fahren soll, um Gebühren zu bezahlen, oder an den Zusteller zahlen soll, verweigert er halt die Annahme oder holt es schlicht nicht ab, was dann zu noch mehr Aufwand führt (Rücksendung nach China oder Entsorgung). Das ist mal wieder so ein völlig praxisferner Vorstoß der EU, der zu nichts weiter führt als zu Mehraufwand und Mehrkosten bei allen Beteiligten. Und im Ergebnis wird sich an der Flut von Produktschrott von Temu, Shein & Co. nichts ändern.
ralf
07.02.2025

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Als deutscher Hersteller, der schon seit Jahren im Markt mit Chinesische Billig-Produkte aus China zu kämpfen hat, sehe ich das sehr skeptisch. Es geht hier mehr, um sinnlose europäische Richtlinien und Verordnungen durchzusetzen als um Verbraucherschutz. Hab noch nicht wirklich davon gehört, dass jemand durch Fernost Produkte zu Schaden kam. Auch sehe ich keine Verbraucher die nach Einschränkung für China Billigprodukte rufen. Zigaretten und Alkohol bringen auch Menschen um. Ich bin auch nicht dafür, dass China Billigprodukte den hiesigen Markt überschwemmen, aber die Art und Weise wie man das stoppen will ist völlig Irrational. Dabei wäre es viel einfacher und unbürokratischer dies über den Weltpostvertrag zu regeln. China einfach nicht mehr als Entwicklungsland behandeln. Aber wie es immer halt so ist. Warum einfach, wenn es auch komplizierter geht. Ich hoffe die neue "Lösung" trifft nicht wieder nur die europäischen Händler ins Mark.
C.H.
07.02.2025

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Mal sehen wie "schnell" das geht und überhaupt. Die ausnutzenden Händler des Weltpostvertrages haben in kürzester Zeit einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Selbst wenn die EU schnell ist, glaube ich nicht, dass die Änderung in unter einem Jahr passieren kann. Wahrscheinlich eher länger. Bis dahin sind dann diese Händler und deren Besitzer so mächtig, dass die Änderung dann keine Rolle mehr spielen würden.
Michael
07.02.2025

Antworten

Das kommt davon das China immer noch Ihren Schrott für einen Appel und nen Ei zu uns schicken können...Das gehört sofort geändert, da China in meinen Augen Industrie Nation Nr. 1 ist. Dann hätten wir diese probleme nicht mehr! Ich kann auch nicht eine kleine Sendung für ein paar Euros nach Peking schicken.....
cf
07.02.2025

Antworten

Vielleicht sollte der Weltpostvertrag doch langsam mal angepasst werden, so dass einige vermeintliche "Drittländer" ganz normale Versandkosten zahlen müssen. Wenn die Paketbeförderung alleine schon wie bei uns über 5 Euro liegt, dann regelt sich einiges von selber.
Max Sonntag
07.02.2025
Und damit ist alles gesagt. Wir brauchen nicht die x-te EU-Verordnung, die bei der Fachexpertise unserer Eurokraten am Ende so schwammig fomuliert wird, dass alle Onlinehändler Gefahr laufen, auch unter die Verordnung zu fallen.
Thorsten
07.02.2025
Das frage ich mich tatsächlich auch immer wieder. Warum ist der Versand für Lieferanten aus China (immer noch) so günstig? Natürlich schützen höhere Versandkosten nicht direkt vor "gefährlichen" Produkten, aber ich denke auch, dass viele Produkte dann einfach uninteressant würden, weil sie entsprechend etwas teurer würden. Das geringere Sendungsaufkommen müsste dann doch wiederum beim Zoll Kapazitäten für andere Sendungen frei machen. Dazu würde mich mal die Meinung von "Onlinehändler News" interessieren. Warum werden die Preise für den Versand aus China nicht angepasst?
Patrik
06.02.2025

Antworten

Guten Tag, grundsätzlich ist die Regelung (wenn diese denn kommen sollte) richtig. Dies hätte man aber auch durch nationale und internationale Zollanpassungen längst beheben können. Und aus meiner Sicht nur eine Ankündigung, verbunden mit der Hoffnung das selbige auch schnell umgesetzt wird. Wobei mir schon am Wort „schnell“ die ersten Zweifel kommen. Wie die Verbraucherzentrale schon richtig bemerkt, sollten die marketplaces (Amazon, ebay, Kaufland, OTTO etc.) für die Einhaltung aller EU Richtlinien auch mindestens mithaften. Denn diese verdienen unendlich viel Geld mit den Produkten in Form von Werbung und Gebühren... Und begünstigen auch (ich denke hier vor allem an Amazon) den Handel mit / aus Fernost (FBA Programme...) Ob diese Regelung insgesamt reichen sollte für einen "fairen" Wettbewerb? Glaube ich nicht. Auch kommt dies für viele, vor allem kleinere Händler zu spät.