Hinweis: Der Beitrag wurde nach Veröffentlichung um neue Entwicklungen ergänzt.
Zwei Themenbereiche werden bei der EU-Kommission aktuell mit größerer Prio vorangetrieben: Sorgfaltspflichten in den Lieferketten (CSDDD) sowie ein verantwortungsbewusstes Handeln in sozialen und ökologischen Belangen (CSRD). Beide Bereiche gehen mit teils umfänglichen Pflichten für Unternehmen einher, die darauf abzielen, die Wirtschaft nachhaltiger und sozialer zu gestalten und Missständen wie Zwangs- oder Kinderarbeit entgegenzuwirken.
Da entsprechende Pflichten allerdings gerade für kleinere und mittlere Unternehmen teils hohe bürokratische Hürden mit sich bringen und diese die Wirtschaftlichkeit bremsen, hatte die EU-Kommission bereits Ende Februar ein Vereinfachungspaket vorgelegt. Dessen Ziel ist es, die Pflichten und damit einhergehenden Hürden für kleine und mittlere Firmen zu senken. Namentlich wird das Paket unter „Omnibus I“ geführt. Dieses ist übrigens nicht zu verwechseln mit der wohlbekannten Omnibus-Richtlinie aus dem Jahr 2022 (Richtlinie (EU) 2019/2161), die sich auf das Verbraucher- und Wettbewerbsrecht fokussiert.
EU: Verschiebung von Pflichten soll im Eilverfahren abgehandelt werden
Ob der Start verpflichtender Maßnahmen tatsächlich wie geplant umgesetzt wird, ist fraglich, denn es gab Bestrebungen, diese zugunsten kleinerer Unternehmen zu verschieben. Nun gibt es weitere Bewegung im Fall: Am Dienstag haben sich Abgeordnete mehrheitlich für ein Eilverfahren ausgesprochen – also beschlossen, die vorgeschlagene Verschiebung tatsächlich schneller zu behandeln.
Was bedeutet die Zustimmung zu einem Eilverfahren nun konkret? In Folge wird das Parlament am heutigen Donnerstag entscheiden, ob die neuen Anforderungen und Pflichten rund um die Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten zeitlich nach hinten verlegt werden. Vorgeschlagen wurde, dass zwingende Sozial- und Umweltberichterstattungen für kleinere und mittlere Unternehmen zwei Jahre später in Kraft treten. Zudem wird über eine Verschiebung von Sorgfaltspflichten für Unternehmen, aber auch deren Geschäftspartner abgestimmt.
„Der Rat der EU, in dem die Minister der Mitgliedstaaten vertreten sind, hat den Vorschlag der Kommission zur aufgeschobenen Anwendung ohne Änderungen angenommen. Wenn die Abgeordneten des Europäischen Parlaments diesen Text am Donnerstag billigen, müssten die Vorschriften nur noch vom Rat formell genehmigt werden, um in Kraft zu treten“, heißt es in einer Meldung des Europäischen Parlaments.
Update vom 04.04.25: Europaparlament gibt grünes Licht für Verschiebung
Eine Verschiebung des europäischen Lieferkettengesetzes ist fast sicher: Das Europaparlament stimmte am Donnerstag in Straßburg deutlich mehrheitlich dafür, dass das Inkrafttreten erster Pflichten zeitlich um ein Jahr nach hinten verlagert wird. Unternehmen bekommen damit mehr Zeit, sich für die Vorgaben zu wappnen.
Für eine Finalisierung der Verschiebung und eine Veröffentlichung im EU-Amtsblatt bedarf es noch der Zustimmung der einzelnen EU-Staaten. Allerdings gilt dieser Schritt laut WirtschaftsWoche als reine Formsache. Schon zuvor hatten sich die Länder für einen späteren Start ausgesprochen.
Der verlagerte Stichtag für die neuen „Due-Diligence“-Vorschriften liegt für die Mitgliedstaaten nun auf dem 26. Juli 2027 – bis dahin haben sie Zeit, die europäischen Vorschriften in nationales Recht zu gießen. Je nach Art und Größe müssen sich auch die Unternehmen auf verschiedene Fristen einstellen, wie auf der Website des Europäischen Parlaments ausgeführt wird:
- Für EU-Unternehmen, die mehr als 5.000 Beschäftigte und einen Nettoumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro aufweisen, gelten die Regeln ab 2028. Gleiches gilt für Unternehmen, die nicht aus der EU stammen und einen Umsatz über eben diesem Schwellenwert in der EU haben.
- Auch 2028 verpflichtend werden die Regelungen für EU-Unternehmen, deren Mitarbeiterzahl bei mehr als 3.000 liegt und deren Nettoumsatz die Grenze von 900 Millionen Euro überschreitet. Ebenso sieht es bei Nicht-EU-Unternehmen aus, die einen EU-Umsatz von mehr als 900 Millionen Euro haben.
Noch mehr Zeit haben Akteure für die Anwendung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die entsprechende Frist liegt für Unternehmen mit einer Team-Größe von mehr als 250 Menschen im Jahr 2028, dann müssen sie erstmalig im Zuge eines Berichts über soziale und ökologische Maßnahmen des Vorjahres berichten. Noch ein Jahr später, also 2029, müssen sich dann auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen an diese Regelungen halten.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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