Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bringt umfassende neue Verpflichtungen für Unternehmen mit sich. Ab Juni 2025 müssen bestimmte Produkte und Dienstleistungen zugänglich sein – und das betrifft nicht nur wie bislang öffentliche Stellen, sondern zum Stichtag auch private Anbieter.
Das BFSG fordert aber nicht nur barrierefreie Produkte und Shops, sondern auch klare Informationspflichten. Dazu gehören Barrierefreiheitserklärungen und mögliche Anpassungen weiterer Rechtstexte.
Zugänglichkeit: Die Pflichten gehen über Gestaltung von Shop und Produkten hinaus
Mit dem Inkrafttreten des BFSG sind Unternehmen verpflichtet, barrierefreie Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen. Das betrifft beispielsweise auch Online-Shops (siehe dazu ausführlich Teil eins unserer Themenreihe). Doch die Anforderungen gehen über die technische Barrierefreiheit hinaus. Unternehmen, die unter das BFSG fallen, müssen auch Informationspflichten erfüllen und sicherstellen, dass die Kundschaft über die Zugänglichkeit der Dienstleistungen und angebotenen Produkte informiert wird.
Die Barrierefreiheitserklärung
Eine zentrale Neuerung ist die Pflicht zur Veröffentlichung einer sogenannten Barrierefreiheitserklärung. Anbieter von Websites und Webshops, die unter das BFSG fallen, haben gemäß § 14 Abs. 1 BFSG in Zusammenhang mit Anlage 3 auf ihrer Website eine entsprechende Erklärung zu veröffentlichen.
a. Inhalt der Barrierefreiheitserklärung
Diese Erklärung soll Transparenz über den Stand der Barrierefreiheit im betreffenden Shop bieten und zeigen, dass das Unternehmen sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzt. Inhaltlich ist die Erklärung immer auf den jeweiligen Shop anzupassen, es gibt kein allgemeingültiges oder gesetzliches Muster.
Inhalt dieser Erklärung ist folgender:
- eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung (also des Shops) in einem barrierefreien Format;
- Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Nutzung des Shops erforderlich sind;
- eine Beschreibung, wie der Shop die einschlägigen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt und auf welchen geltenden Anforderungen (z. B. WCAG) dies beruht;
- ggf. wie zusätzlich angebotene Dienstleistungsangebote (z. B. Assistenzsoftware) gestaltet sind und wie sie bedient werden können;
- die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Marktüberwachungsbehörden noch im Aufbau. Eine verbindliche, finale Liste hat die Bundesfachstelle Barrierefreiheit daher noch nicht veröffentlicht (Stand: Januar 2025). Allerdings kann man sich einen ersten Überblick verschaffen, wenn man sich die Adresse der bisherigen Stellen für öffentliche Websites ansieht.
b. Darstellung der Barrierefreiheitserklärung im Shop
Die Barrierefreiheitserklärung kann entweder in den
- Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder
- auf andere deutlich wahrnehmbare Weise
erfolgen.
Nutzt man eine gesonderte Erklärung außerhalb der AGB, muss im Shop eine separate Schaltfläche mit der Bezeichnung „Barrierefreiheit“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung eingerichtet werden. Die Schaltfläche muss gut wahrnehmbar, in der zentralen Navigation der Internetpräsenz aufrufbar sein und die entsprechende Erklärung enthalten. Möglich ist auch eine Zwischenvariante, indem beispielsweise in den AGB allgemein über die Einhaltung der BFSG-Anforderungen informiert und der Transparenz wegen auf eine gesonderte Erklärung verwiesen wird. Dies deshalb, da die Erklärung nur in den AGB nicht deutlich genug sein könnte und als „zu versteckt“ unterzugehen droht.
Die Barrierefreiheitserklärung muss, egal, ob sie gesondert abgegeben wird oder in die AGB aufgenommen wird, den üblichen Prinzipien der Barrierefreiheit entsprechen, beispielsweise in einer Schriftart in angemessener Größe und mit geeigneter Form verfasst sein.
Auswirkungen auf andere Rechtstexte
Unternehmen, die das BFSG umsetzen, müssen unter Umständen noch weitere Rechtstexte anpassen. Zu denken ist an den Einsatz von Accessibility-Tools. Solche Tools dienen dazu, die Bedienbarkeit einer Website zu verbessern, beispielsweise durch Anpassung von Schriftgrößen oder Kontrasten. Wenn dabei Daten wie Nutzungsverhalten, Präferenzen oder Feedback-Daten gespeichert werden, muss dies in der Datenschutzerklärung erwähnt werden. Hier ist zu prüfen, ob diese personenbezogene Daten verarbeiten.
Falls solche Tools personenbezogene Daten verarbeiten, müssen Unternehmen u. a.:
- Den Anbieter des Tools in der Datenschutzerklärung nennen.
- Den Zweck der Datenverarbeitung erläutern.
- Die Rechtsgrundlage der Verarbeitung angeben (meist berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
Update: Zentrale Marktüberwachungsstelle der Länder kommt
Die Bundesländer haben sich inzwischen auf die Errichtung einer gemeinsamen Marktüberwachungsbehörde verständigt. Mit Wirkung zum 28. Juni 2025 nimmt die neue „Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen“ (MLBF) ihren Betrieb in Magdeburg auf. Die MLBF wird als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet und beginnt mit rund 70 Mitarbeitenden. Sie übernimmt zentrale Aufgaben bei der Kontrolle und Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Grundlage ist ein Staatsvertrag zwischen den Ländern, der sich aktuell in der Ratifizierung durch die Länderparlamente befindet.
Ursprünglich war vorgesehen, dass jedes Bundesland eigene Stellen aufbaut – nun wird stattdessen eine bundesweit zuständige Stelle geschaffen. Die Länder versprechen sich davon eine effizientere, kostengünstigere und einheitlichere Marktüberwachung. Die MLBF wird dabei sowohl Fach- als auch Vollzugsaufgaben übernehmen. Für betroffene Unternehmen wichtig: Für die künftig zuständige Marktüberwachungsbehörde in der Barrierefreiheitserklärung kann nun zentral auf die MLBF verwiesen werden.
Alles, was man zur Barrierefreiheit wissen muss
Wir haben uns dem Thema Barrierefreiheit in unserer Themenreihe bereits aus vielen Blickwinkeln und umfassend gewidmet:
- Muss meine Webseite bald barrierefrei sein?
- Wie muss der barrierefreie Online-Shop aussehen?
- Praxis: Wie setze ich die Barrierefreiheitsanforderungen um?
- Barrierefreier Online-Shop: Diese Hürden stellen sich im Alltag (Interview)
- Das sind die neuen Anforderungen an barrierefreie Produkte
- Was droht, wenn die Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden?
- Checkliste zur Vorbereitung auf den 28. Juni
- FAQ zur Barrierefreiheit: Alles, was du wissen musst
Weitere Informationen rund um die Barrierefreiheit findest du auf unserer Themenseite Barrierefreiheit.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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