Die Produktsicherheitsverordnung, kurz GPSR, war Ende des vergangenen Jahres das bestimmende Thema für den Online-Handel. Im Juni 2025 erwartet uns das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), die EU-Entwaldungsverordnung gilt bereits, die E-Rechnung wird zur Pflicht, von der NIS-2-Richtlinie sollte man besser auch schonmal gehört haben und damit es 2026 nicht zu langweilig wird, steht eine neue Verpackungsverordnung ins Haus.
Der Normalbürger ist an dieser Stelle gedanklich wohl bereits beim nächsten Kaffee oder Blumenwiesen angekommen, wer aber im Online-Handel tätig ist, zählt die minütlich neu sprießenden grauen Haare auf dem Kopf. Man könnte sagen, dass es gerade eine nicht ganz einfache Zeit für Händler:innen ist, wenn es nicht längst ein Dauerzustand wäre. Im Rahmen des Wirtschaftswarntags hat auch Händlerbund-CEO Tim Arlt in einem Appell auf die Herausforderungen des Online-Handels aufmerksam gemacht.
Bürokratieabbau – ein leerer Kampfbegriff
Sowohl die EU als auch die Parteien in Deutschland – gerade jetzt vor der anstehenden vorgezogenen Bundestagswahl – versprechen in schöner Regelmäßigkeit einen umfassenden Bürokratieabbau. Angesichts immer neuer Gesetze, Verordnungen und Pflichten ist das aber längst zum inhaltsleeren Kampfbegriff verkommen. In Kommentaren und Nachrichten an OHN können Händler:innen darüber nur noch lachen, wenn ihnen der Galgenhumor nicht längst vergangen ist.
Umsetzung schlägt Inhalt
An dieser Stelle muss man ganz deutlich sagen: Das Problem sind nicht Verordnungen oder Gesetze an sich. Niemand kann etwas dagegen haben, dass Websites inklusiv funktionieren (Barrierefreiheit), dass Produkte Sicherheitsstandards erfüllen (GPSR) oder dass wir endlich effektiv gegen immer mehr Verpackungsmüll vorgehen. Es sollte auch selbstverständlich sein, der Kundschaft alle notwendigen Informationen über ein Produkt an die Hand zu geben.
Das Problem ist die Umsetzung. Der Satz „Wer soll da noch durchsehen?“ ist längst zur Chiffre für die Flut an Pflichten geworden. Die GPSR haben Amazon und Ebay zu Beginn komplett unterschiedlich in ihre Marktplätze integriert, weil Details überhaupt nicht klar waren und sind. Milliardenkonzerne mit großen juristischen Abteilungen müssen erst einmal schauen, wie sie neues Recht überhaupt rechtssicher umsetzen. Da darf es niemanden wundern, dass kleine Handelsunternehmen, oft Einzelunternehmer, pardon, die Schnauze voll haben, weil sie vor lauter Pflichten nicht mehr dazu kommen, ihr Geschäft zu führen.
Der Vorwurf, dass die Politik ohne Innenansicht Dinge beschließt, die der Markt dann eben irgendwie umsetzen muss, ist durchaus legitim. Was fehlt, ist Praxisnähe auf der Entscheiderebene. Gesetze und Verordnungen sind schön und gut, man muss aber auch darüber nachdenken, wie die, die sie direkt betreffen, damit dann im Berufsalltag arbeiten müssen. Wenn man sich anschaut, wie viele offene Fragen allein die GPSR im Vorfeld aufgeworfen hat, muss man attestieren: Das ist hier definitiv nicht passiert.
Nicht die EU ist das Problem
Vor allem die Europäische Union steht hier häufig im Zentrum der Kritik. Das ist jedoch zu kurz gedacht. Ja, die Verordnungen, die auf oberster europäischer Ebene beschlossen werden, funktionieren in der Praxis nicht so, wie sie sollten. Die Wahrheit ist aber: Gäbe es die EU nicht, wären die Probleme noch viel größer. Ein gemeinsamer europäischer Rechtsrahmen sorgt dafür, dass innereuropäisch über Ländergrenzen hinweg gleiche Bedingungen gelten.
Die Alternative wäre ein nationaler Flickenteppich, der dafür sorgen würde, dass sich Händler:innen in jedem einzelnen Land, in das sie verkaufen, mit unterschiedlichen Vorgaben und Pflichten auseinandersetzen müssten. Das würde die ohnehin hohe Belastung verzigfachen. Bei aller Kritikwürdigkeit an der Arbeit in Brüssel: Das kann keiner wollen. Denn inhaltlich würde dann eben jedes Land seine eigene GPSR und seine eigene Verpackungsverordnung basteln und die hätten dann alle ihre eigenen kleinen und großen Tücken.
Was aber schlussendlich auch niemand wollen kann: Händler:innen, denen die grauen Haare wie Unkraut sprießen, weil sie im Verordnungswahnsinn mit der täglichen Angst vor dem Damoklesschwert der Abmahnung ihren Job nicht mehr erledigen können.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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