1. Sicherheitspolitische Herausforderungen: Europa ist nicht vorbereitet
2. Zölle und Einfuhrbeschränkungen sorgen für Milliardenschäden
3. Ein Handelskrieg mit den USA?
4. Verschlechterung der weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit
5. Produktion könnte sich in die USA verschieben
Es gilt als sicher: Nach der Präsidentschaftswahl in den USA verlor die Demokratin Kamala Harris gegen den Republikaner Donald Trump, der nun bereits zum zweiten Mal ins Weiße Haus einziehen wird. Seine vierjährige Amtszeit beginnt am 20. Januar 2025. Trumps politischer Kurs wird ganz konkrete Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben – und damit auch auf den Handel und die Märkte in Europa und Deutschland.
Wirtschaftsfachleute warnen vor umfassenden Folgen für Deutschlands Wirtschaft, die sich ja ohnehin bereits in einer kritischen Lage befinde. „Mit dem absehbaren Wahlsieg von Donald Trump beginnt der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik“, kommentierte etwa Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft IfW Kiel.
Sicherheitspolitische Herausforderungen: Europa ist nicht vorbereitet
Durch Trumps Präsidentschaft kommen „massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen“ auf uns zu, „auf die wir nicht vorbereitet sind“, warnt der IfW-Präsident weiter. Er kritisiert, dass Deutschland die eigene Sicherheit vom Wahlergebnis in den sogenannten Swing States – jene US-Staaten, in denen der Wahlausgang bis zuletzt unklar ist – abhängig gemacht habe. „Wir müssen kurzfristig massiv in Verteidigungskapazitäten investieren und mit Frankreich und anderen willigen europäischen Partnern vorangehen, um eine europäische Verteidigung aufzubauen. Die demokratischen Parteien in Deutschland sollten zusammenkommen und Verteidigungsinvestitionen von der Schuldenbremse ausnehmen, damit Deutschland und Europa geopolitisch handlungsfähig werden“, mahnt Schularick.
Europa profitiere außerdem vom militärischen Schutzschirm der USA, gibt der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, zu bedenken: „Unter Donald Trump ist davon auszugehen, dass die NATO-Staaten zu mehr Eigenverantwortung gedrängt werden. Europa sollte das in einer gemeinsamen Anstrengung tun. Die Kleinstaaterei in der Verteidigungspolitik wird den geopolitischen Herausforderungen nicht gerecht“.
Auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sind Folgen auf die europäische Sicherheit zu erwarten. Trump werde „Fakten schaffen“, erklärte der CDU-Politiker Röttgen gegenüber der ARD. Das gilt beispielsweise für die Streichung von Hilfen für die Ukraine.
Zölle und Einfuhrbeschränkungen sorgen für Milliardenschäden
Die USA gelten als wichtigster Handelspartner für Deutschland. Donald Trump hatte bereits angekündigt, dass er Einfuhrzölle und Beschränkungen verhängen will. Am stärksten trifft es China – 60 Prozent Zoll sollen auf den Warenimport anfallen. Für alle anderen Länder sollen die Basiszölle bei 20 Prozent liegen. Deutsche Exporteure, für die die USA der größte Absatzmarkt außerhalb der EU sind, müssen mit empfindlichen Einbußen rechnen, warnt das ifo-Institut. Allein in Deutschland erwarten die Forscher:innen dadurch einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro. Die US-Exporte aus Deutschland könnten um 15 Prozent zurückgehen. Und auch auf das Handelsgeschäft mit China haben die hohen US-Zölle Auswirkungen, die deutschen Exporte könnte dies um 10 Prozent reduzieren.
Darüber hinaus sind bislang die von Trump in seiner ersten Amtszeit verhängten Schutzzölle auf Stahl und Aluminium noch gar nicht abgeschafft, berichtet MSN. Der von der EU und den USA vereinbarte „Waffenstillstand“ diesbezüglich läuft Anfang 2025 aus.
Auch der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) blickt diesbezüglich „mit etwas Anspannung“ auf Trumps zweite Amtszeit. „Importzölle auf europäische und chinesische Produkte sehen wir kritisch. Die Welt braucht weniger und nicht mehr Handelsbeschränkungen“, betont BGA-Präsident Dirk Jandura zum Ausgang der US-Wahl. „Ein amerikanischer Präsident kann und darf nie nur und ausschließlich ‚America first‘ sein.“
Ein Handelskrieg mit den USA?
Die geplanten Zollerhöhungen der USA könnten zu einem stärkeren Handelskonflikt führen und den Außenhandel damit weiter belasten. Schon einfache Spannungen haben wirtschaftliche Folgen, Volkswirte der Berenberg-Bank erklärten laut dpa, dass sie aufgrund dessen ihre Wachstumsprognose für 2025 für Deutschland (derzeit 0,5 Prozent) um etwa 0,2 Prozentpunkte senken würden. Doch im Falle von höheren Zöllen sind die Antwort gleichwertige Gegenzölle. Wie sich das auf die deutsche Wirtschaft auswirken könnte, errechnete das IW in einer Simulation: Deutschland würde über eine weitere vierjährige Amtszeit Trumps ein BIP-Verlust von mehr als 127 Milliarden Euro drohen. „Erhöhen beide Seiten den Importzoll aufgrund eines Handelskrieges gar auf 20 Prozent, würde das die deutsche Wirtschaft 180 Milliarden Euro kosten“, heißt es. Das BIP würde dann nach Trumps Amtszeit 1,5 Prozent niedriger ausfallen.
Das ifo-Zentrum für Außenwirtschaft rät, auch weitere wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen zu nutzen, etwa das Anti-Coercion-Instrument. Zudem sei auch die Zusammenarbeit der EU mit einzelnen US-Staaten eine Möglichkeit. Der BGA hofft indes auf eine Fortsetzung der traditionell guten transatlantischen Beziehungen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen scheint hier auf eine friedliche Lösung bedacht. Sie betonte in Kombination mit einer Gratulation zu Trumps Wahlsieg auf X (ehemals Twitter) die starke Partnerschaft zwischen beiden Ländern und rief dazu auf, gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda zu arbeiten.
Michael Link, Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit der Bundesregierung, warnte davor, in Panik zu verfallen „Wir haben bei den US-Wahlen mit einem absolut offenen Rennen gerechnet“, zitiert die Tagesschau den FDP-Politiker aus einem Gespräch mit der FAZ. „Entsprechend haben wir uns auf beide möglichen Szenarien intensiv vorbereitet – innerhalb der Bundesregierung, mit unseren EU- und NATO-Partnern und natürlich auch mit der EU-Kommission.“ Die EU wolle in Verhandlungen beispielsweise auch verdeutlichen, dass Europa und Amerika bestimmte gleiche Interessen haben – etwa in Fragen der Energie- oder China-Politik, heißt es bei MSN.
Verschlechterung der weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit
Unter Trump befürchtet das IfW auch eine Demontage der Welthandelsorganisation WTO und damit ebenfalls ein Absinken des realen Bruttoinlandsprodukts. In der EU könnte es um gut 0,5 Prozent sinken, heißt es in einer Vorab-Analyse. Deutschland wäre davon sogar noch stärker betroffen – das BIP würde um 3,2 Prozent zurückgehen, in den USA wäre es etwas weniger (minus 2,2 Prozent). Am stärksten träfe es China (minus 6 Prozent).
„Die EU und insbesondere Deutschland würden erheblich unter einem Zusammenbruch der WTO oder einer Aufspaltung der Weltwirtschaft in feindliche Blöcke leiden. Die Auswirkungen auf das reale BIP sind deutlich größer als einseitige protektionistische Maßnahmen der USA, bis zu zwei- bis viermal so hoch“, so Julian Hinz, Koautor dieser IfW-Studie. Er mahnt, dass die EU nun in höchster Priorität die Welthandelsordnung verteidigen und die WTO stärken müsse.
Produktion könnte sich in die USA verschieben
Die strenge Zollpolitik könnte auch dazu führen, dass sich die Produktionsstätten in die Vereinigten Staaten verlagern, so Achim Wambach vom ZEW: „Europa profitiert von offenen Märkten. Trump dagegen will höhere Zölle einführen und in den USA die Steuern für Unternehmen senken. Das verschärft Europas Wirtschaftsprobleme, da sich europäische Unternehmen noch stärker genötigt sehen, in den USA zu produzieren, statt fertige Produkte dorthin zu liefern.“ Es sei jetzt geboten, dass Deutschland und die EU den hiesigen Standort stärken. „Nur ein dynamischer Binnenmarkt ist ein Garant dafür, nicht zwischen den Wirtschaftsblöcken USA und China zerrieben zu werden“, so der Handelsexperte.
Änderungen am Aktienmarkt – Bitcoin erreicht Höchststand
An den Aktienmärkten wird es nun zu deutlichen Kursbewegungen kommen, meldet das Handelsblatt mit Verweis auf Robin Brooks, Ökonom beim Washingtoner Thinktank Brookings. Der deutsche Autohandel leidet unter den angedrohten Strafzöllen, hier gab es Verluste von bis zu 6 Prozent. Trump-Befürworter Elon Musk profitiert indes, die Aktien seines Elektroauto-Konzerns Tesla stiegen laut Spiegel um mehr als 14 Prozent.
Einen starken Kurssprung gab es auch bei der Kryptowährung Bitcoin, die mit einem Wert von über 75.000 US-Dollar auf dem höchsten Stand seit März ist. Trump hatte zuvor angekündigt, er wolle „aus Amerika die Welthauptstadt für Krypto und Bitcoin machen“, berichtet die Zeit.
Gesellschaftliche Folgen
Auch für unser demokratisches Verständnis und die Gesellschaft hat Trumps Wahlsieg potenziell Konsequenzen. Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien in Nordrhein-Westfalen, äußerte gegenüber WDRinfo die Vermutung, dass sich Populisten und Extremisten in anderen Ländern abgucken, wie in den USA der Wahlkampf geführt wurde und könnten die Methoden dann übernehmen: „Weil sie sagen: Es funktioniert ja selbst in einer so vitalen Demokratie wie in den USA“, erklärte der CDU-Politiker. „Nehmen wir das Bild der Medien als Lügenpresse: Das hat ganz massiv zugenommen, seit Donald Trump 2016 die politische Bühne betreten hat. Das ist ein Beispiel, was dann zu uns herübergeschwappt ist, weil es von vermeintlich ‚berufener Stelle‘ aus geäußert wurde. Das hat auch bei uns das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Medien verändert. Das muss uns Sorgen machen“, führt er zu den Folgen aus.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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