Der Zollstreit zwischen den USA und Europa konnte weder durch den Aufschub von Gegenzöllen seitens der EU noch durch den Versuch von Verhandlungen, für die EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič extra nach Washington gereist war, beigelegt werden. Am Mittwoch verkündete US-Präsident Donald Trump die geplante Einführung von Abgaben in Höhe von zusätzlich 25 Prozent auf die Einfuhr von Autos und Autoteilen aus der EU ab dem 3. April: „Wir werden die Länder dafür belangen, dass sie in unserem Land Geschäfte machen und uns unsere Arbeitsplätze, unseren Wohlstand wegnehmen“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den US-Präsidenten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bedauerte die Entscheidung der USA zutiefst. Zölle seien „schlecht für Unternehmen und schlechter für Verbraucher in den USA und der Europäischen Union“, erklärte die Politikerin. Die EU wolle weiterhin nach Verhandlungslösungen suchen, aber gleichzeitig die eigenen wirtschaftlichen Interessen wahren. „Als bedeutende Handelsmacht und starke Gemeinschaft von 27 Mitgliedstaaten werden wir gemeinsam unsere Arbeitnehmer, Unternehmen und Verbraucher in der gesamten Europäischen Union schützen“, so von der Leyen.
Die EU wird nun voraussichtlich zum 4. April die bereits angekündigten Gegenmaßnahmen einführen. Man rechne in der kommenden Woche zudem mit weiteren Zöllen auf EU-Produkte, so ein Sprecher der EU-Kommission laut der Deutschen Presseagentur (dpa). Auch auf diese müsse dann reagiert werden. „Die endgültige Liste der Produkte, auf die wir den Mitgliedstaaten vorschlagen werden, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wird sorgfältig ausgewählt werden“, sagte der Sprecher.
Schlechtes Handelsklima: Wirtschaft und Industrie warnen
Die Deutsche Industrie reagiert alarmiert auf die beiderseitigen Zollmaßnahmen und plädiert weiter für Verhandlungen. „Eine Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen vergrößert den durch die US-Maßnahmen verantworteten Schaden noch weiter“, warnt Wolfgang Niedermark vom Bundesverband der Deutschen Industrie.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) deklarierte die USA zur Problemregion. „Die wachsenden Handelsbarrieren und protektionistische Signale aus Washington bereiten unseren Unternehmen große Sorgen“, erläutert DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. 70 Prozent der Firmen befürchten demnach negative Auswirkungen durch die US-Handelspolitik. Noch im vergangenen Jahr seien die USA als Hoffnungsträger wahrgenommen worden, jetzt habe sich die Lage für die deutschen Unternehmen mit US-Geschäft mit Abstand am stärksten verschlechtert.
Clemens Fuest, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, rät der EU zu entschiedenen Gegenmaßnahmen. „Das könnte beispielsweise die Ankündigung einer Digitalsteuer sein, die US-Unternehmen hart treffen würde“, sagte der Ökonom der Augsburger Allgemeine. Er betont aber auch, wie wichtig Gespräche seien: „Bevor diese Gegenmaßnahmen ergriffen werden, sollte man jedoch Zeit für Verhandlungen einräumen“, so Fuest.
Boykott-Gedanke gegen US-Produkte wächst
Die EU hat die deutsche Bevölkerung bei ihrer politischen Vorgehensweise mehrheitlich auf ihrer Seite: Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) unterstützen die geplanten Gegenzölle, zeigen die Ergebnisse einer YouGov-Umfrage. Jede:r Zweite (53 Prozent) denkt, dass sich die EU in ihrer Handelsbeziehung zu den USA fair verhalten habe. Immerhin fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) rechnet mit Auswirkungen auf die Wirtschaft in der EU durch die US-Zölle.
Und diese politischen Streitigkeiten haben womöglich auch Folgen für den Konsum. Schon länger existiert die Bewegung BuyfromEU, die als Gegenmaßnahme zu den US-Zöllen zum Kauf von EU-Waren und zum Boykott von US-Produkten aufruft. Dieser Gedanke verfängt offenbar bereits bei einem größeren Teil der deutschen Verbraucher:innen, wie die dpa zu weiteren Ergebnissen der YouGov-Umfrage meldet: 53 Prozent der Befragten verneinten die Frage, ob sie aufgrund des Zollstreits weiterhin Produkte aus den USA kaufen wollen. Mehrheitlich begründeten sie den Boykott mit einer politischen Motivation und der Tatsache, dass sie nicht bereit seien, höhere Preise für US-Produkte zu zahlen. Ein Drittel (34 Prozent) wisse aber auch nicht, welche Waren tatsächlich aus den Vereinigten Staaten stammen, ein Fünftel (22 Prozent) hält solche Einzel-Boykotte für sinnlos.
Ob diese in der Praxis tatsächlich funktionieren würden, bleibt offen. Denn in der Theorie müsste auch auf digitale Dienstleistungen, etwa von Tech-Riesen wie Google, Amazon, Streaming-Dienste wie WOW oder Netflix sowie Meta-Dienste wie Instagram oder WhatsApp verzichtet werden.
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