Was droht, wenn die Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden?

Veröffentlicht: 30.01.2025
imgAktualisierung: 30.01.2025
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 3 Min.
30.01.2025
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ca. 3 Min.
Eine weiße Tastatur hat eine gelbe Taste mit einem Warnzeichen drauf
Violin / Depositphotos.com
Barrierefreiheit ist 2025 ein zentrales Thema im deutschen Recht. Viele Produkte und Dienstleistungen müssen barrierefrei gestaltet sein.


Barrierefreiheit ist nicht nur ein gesellschaftliches Anliegen, sondern wird durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auch gesetzlich verankert. Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen (worunter auch das Online-Shopping zählt) so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. Das Gesetz tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und verpflichtet bestimmte Unternehmen zur Umsetzung entsprechender Anforderungen. Doch was passiert, wenn Unternehmen die Anforderungen nicht rechtzeitig oder gar nicht umsetzen?

Marktüberwachung von Produkten

Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen nach dem 28. Juni 2025 nicht barrierefrei gestaltet haben, müssen damit rechnen, dass die Marktüberwachungsbehörden sich die betroffenen Produkte etwas genauer ansehen. Dies kann aufgrund einer Beschwerde, einem Hinweis oder proaktiv passieren. Generell gilt:

  • Produkte, die nach dem Stichtag neu auf den Markt kommen (also beispielsweise von der Produktionsstätte in die Lieferkette gelangen), dürfen nicht mehr verkauft werden, wenn sie nicht barrierefrei sind.
  • Bereits in Verkehr gebrachte Produkte dürfen noch abverkauft werden.

Kommt die Marktüberwachungsbehörde zu dem Ergebnis, dass das Produkt oder der Shop tatsächlich nicht die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt, so fordert sie den Wirtschaftsakteur in einem ersten Schritt dazu auf, die Konformität des Produkts oder Shops mit den Barrierefreiheitsanforderungen herzustellen. Kommt der Verantwortliche dieser Aufforderung nicht nach, hat die Marktüberwachungsbehörde verschiedene Mittel zur Auswahl, z. B. Verkaufsverbot, Rückruf oder Anordnung der Schließung des Online-Shops.

Voraussichtlich wird die Durchsetzung aber schrittweise erfolgen, mit dem Ziel, betroffene Unternehmen bei der Umsetzung zu unterstützen, statt sie zu sanktionieren.

Strafen und Bußgelder: Wie teuer kann es werden?

Das BFSG sieht bei Verstößen empfindliche Bußgelder von bis zu 100.000 Euro vor. Diese können verhängt werden, wenn Unternehmen die Barrierefreiheitsanforderungen nicht einhalten oder gegen behördliche Anordnungen verstoßen. Allerdings muss betont werden, dass es beim Thema Barrierefreiheit nicht um eine Bestrafung geht. Vielmehr haben Behörden die Aufgabe, Unternehmen zu sensibilisieren und sie in die Lage zu versetzen, notwendige Verbesserungen vorzunehmen. Es wird also nicht, schon gar nicht sofort, zu drastischen Strafen kommen, sondern zunächst auf Aufklärung und Unterstützung gesetzt. Ziel ist es nicht, Unternehmen durch Bußgelder wirtschaftlich zu ruinieren.

Beschwerden von Verbrauchern: Verbraucherrechte ernst nehmen

Ungeachtet dessen sind Verbraucherbeschwerden möglich. Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Recht, Verstöße gegen die Barrierefreiheitsvorgaben zu melden. Sie können sich an Marktaufsichtsbehörden oder Verbraucherzentralen wenden, die dann Prüfungen einleiten und gegebenenfalls Sanktionen verhängen.

Unternehmen riskieren durch solche Beschwerden nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch eine negative öffentliche Wahrnehmung, wenn Mängel publik werden. Gerade im digitalen Zeitalter können schlechte Bewertungen und negative Berichte in sozialen Medien schnell Verbreitung finden und langfristigen Schaden anrichten.

Abmahnungen durch Mitbewerber und Verbände

Auch Wettbewerber und Verbraucherschutzorganisationen haben die Möglichkeit, Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen auszusprechen. Fehlt die gesetzlich geforderte Barrierefreiheit, kann dies als unlautere geschäftliche Handlung gewertet werden. Das kann nicht nur Abmahnkosten, sondern auch Unterlassungsklagen nach sich ziehen.

Neben den finanziellen Sanktionen können Verstöße gegen die Barrierefreiheitsvorgaben Schaden am Image eines Unternehmens verursachen. Gerade in der heutigen Zeit, in der soziale Verantwortung immer wichtiger wird, sollten Unternehmen die positiven Effekte von Barrierefreiheit erkennen und umsetzen.

Wer sich bislang nicht mit dem Thema beschäftigt hat, sollte spätestens jetzt handeln, um rechtzeitig zum Stichtag am 28. Juni 2025 compliant zu sein und langfristig von den Vorteilen der Barrierefreiheit zu profitieren.

Alle Informationen rund um die Barrierefreiheit findest du auf unserer Themenseite Barrierefreiheit und in unserer umfangreichen Themenreihe:

  1. Muss meine Webseite bald barrierefrei sein?
  2. Wie muss der barrierefreie Online-Shop aussehen?
  3. Praxis: Wie setze ich die Barrierefreiheitsanforderungen um?
  4. Barrierefreier Online-Shop: Diese Hürden stellen sich im Alltag (Interview)
  5. Das sind die neuen Anforderungen an barrierefreie Produkte
  6. Erweiterte Rechtstexte und neue Informationspflichten

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 30.01.2025
img Letzte Aktualisierung: 30.01.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
5 Kommentare
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cf
04.02.2025

Antworten

Hallo, in dem verlinkten Artikel geht es um Produkte - die Barrierefreiheit gilt jedoch auch für den Onlineshop selbst und genau da sehe ich die Herausforderung. Reicht ein fehlendes Aria-Label oder Alt-Attribut eines Bildes irgendwo auf der Seite um sich eine Abmahnung einzufangen, oder wo ist die untere Grenze ab wann es mit Abmahnungen für den Shop losgeht?
sgeuenich
31.01.2025

Antworten

Hallo, bitte Produkte definieren. Was ist denn damit gemeint? Bestimmte Produktegruppen oder alles was der Markt hergibt? Danke
Redaktion
31.01.2025
Hallo, in diesem Artikel (der auch im letzten Abschnitt verlinkt wurde), sind wir auf diese Frage genauer eingegangen: Von iPhone bis Playstation: Das sind die neuen Anforderungen an barrierefreie Produkte
Liebe Grüße die Redaktion
cf
31.01.2025

Antworten

Die größte Frage dich mir dazu stelle: Welche GENAUEN Punkte müssen alle umgesetzt werden? Denn wenn es keine präzise Auflistung gibt, dann kann ja quasi aus jedem x-beliebigen Grund eine Abmahnung konstruiert werden.
Redaktion
31.01.2025
Hallo, in diesem Artikel (der auch im letzten Abschnitt verlinkt wurde), sind wir auf diese Frage genauer eingegangen: Von iPhone bis Playstation: Das sind die neuen Anforderungen an barrierefreie Produkte
Liebe Grüße die Redaktion