Die große Enttäuschung: Was können Online-Händler bei An- und Weiterverkauf gefälschter Markenware tun?

Veröffentlicht: 16.05.2013 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 15.05.2013

Einerseits wird die Schnäppchenjagd als Volkssport betrieben, andererseits gelten die bekannten Labels schon im Kindergarten als Statussymbol. Daher boomt der Online-Handel mit (preiswerter) Marken-Kleidung. Viele Händler sind überzeugt, Originalwaren, zum Beispiel von Lacoste & Co., zu verkaufen. Online-Händler können aus allen Wolken fallen, wenn die erste Abmahnung des Markeninhabers ins Haus flattert.

Klick Original - Plagiat

Wer einen Artikel als "Lacoste Polo-Shirt" anbietet, muss auch ein „echtes“ Lacoste Polo-Shirt liefern. Wurde mit dem Lieferanten ein Kaufvertrag über die Lieferung von Markenartikeln geschlossen und der Online-Händler erhält statt der Original-Produkte Fälschungen, handelt es sich dabei grundsätzlich um einen Rechtsmangel, der einem Sachmangel gleichgestellt wird.

Unter gefälschter Ware - und damit einer Markenverletzung - versteht man solche Artikel, die nicht legal hergestellt worden sind. Daneben stellt aber auch der Verkauf solcher Waren eine Markenverletzung dar, die zwar ganz legal hergestellt worden sind, die aber nicht für den Verkauf auf dem europäischen Markt bestimmt waren.

Der Verkauf ist also auch dann nicht mehr zulässig, wenn die Produkte – was häufig der Fall ist - gar nicht im europäischen Raum erworben worden sind, sondern beispielsweise (preiswert) bei Großhändlern in Asien.

Wird die Ware beim Lieferanten oder Großhändler unter Angabe eines Markennamens angeboten, muss der Online-Händler grundsätzlich nicht vorher nachfragen, ob tatsächlich ein Original verkauft wird. Dies ist selbstverständlich und eine Werbung mit „Originalware” kann sogar wettbewerbsrechtlich irreführend sein, da grundsätzlich jeder Händler zur Lieferung von Originalware verpflichtet ist.

Dennoch ist der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aber vollkommen unabhängig davon, ob der Abgemahnte von der Fälschung wusste oder nicht. Für die Frage, ob es sich um Originalmarkenware handelt, die für den europäischen Raum bestimmt war, ist grundsätzlich der Händler beweispflichtig. Ein "habe ich nicht gewusst" oder "ich dachte, es sei ein Original" hilft dem Online-Händler nicht, sich aus der Verantwortung zu ziehen.

Wie es sich in Fällen verhält, bei denen die Fälschung nahezu „ins Auge springt“ ist aber nicht abschließend zu sagen und bleibt stets im Einzelfall zu entscheiden.

Dem Händlerbund liegen bereits eine Vielzahl Abmahnungen in diesem Bereich vor. Insbesondere wurde die Verletzung der Marken Ed Hardy und Tommy Hilfiger abgemahnt, weil gefälschte Artikel verkauft wurden.

Im Falle einer Abmahnung stehen dem Online-Händler nur folgende Möglichkeiten zur Verfügung: entweder die Unterzeichnung der geforderten Unterlassungserklärung oder der Übergang in einen Rechtsstreit. Wird die Unterlassungserklärung unterzeichnet, dann besteht aber fortan ein großes Risiko beim Verkauf von Artikeln dieser Marke. In einem Rechtsstreit werden die Frage nach der Echtheit der Ware und die Verletzung etwaiger Prüfpflichten des Händlers beurteilt.

Die verkaufte Ware unterlag (auch) einer Vertriebsbeschränkung?

Eine Vertriebsbeschränkung kann nur dann wirksam sein, wenn sie direkt zwischen Online-Händler und Lieferanten bzw. Markenhersteller vereinbart wurde. Händler, die ihre Waren aber nicht über den Markenhersteller beziehen, sondern den Weg über einen Großhändler gehen, der ihnen keine Vertriebsbeschränkungen auferlegt, sind wohl auch nicht von einer Vertriebsbeschränkung betroffen.

Wer keine ausdrückliche Vertriebsbeschränkung mit einem Lieferanten vereinbart hat, kann diese derzeit wohl weiter verkaufen. Gerichtliche Entscheidungen zu diesem Punkt gibt es aber bisher nicht.

Welche Ansprüche hat der Händler gegenüber dem Großhändler?

Wurde ein Plagiat als „echte“ Ware verkauft, muss der Großhändler im Rahmen der Ersatzlieferung in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit das Original nachliefern (vgl. Landgericht Bochum, Urteil vom 10.02.2009, Az: 12 O 12/09).

Hat der Großhändler statt der vereinbarten Original-Produkte gefälschte Artikel verkauft, kann der Online-Händler seinen Lieferanten neben der Lieferung der Original-Produkte wegen Aufwendungsersatz in Anspruch nehmen.

Als ersatzfähige Aufwendungen zählen in diesem Fall auch entstandene Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, sämtliche weiteren durch die ordnungsgemäße Abwicklung des Gewährleistungsfalls entstehenden Kosten (z.B. Porto-, Telefon- und Ersatzbeschaffungs- kosten) sowie Gemeinkosten (z.B. Personal-, Lager- oder Maschinenkosten, wenn sie sich dem konkreten Nacherfüllungsvorgang zuordnen lassen, d.h. ohne den Gewährleistungsfall nicht angefallen wären).

Zudem kann auch ein entgangener Gewinn im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu erstatten sein. Dabei trifft den geschädigten Online-Händler gegenüber seinen Lieferanten eine Schadensminderungspflicht, d.h. der entgangene Gewinn (Schaden) muss beispielsweise durch anderweitigen Deckungskauf bzw. rechtzeitige Aufforderung zur Nachlieferung so gering wie möglich gehalten werden.

Klagen auf Schadenersatzansprüche gegen Lieferanten sind nicht immer erfolgreich, denn Unternehmen, die mit gefälschten Waren handeln, können kurzfristig von der Bildfläche verschwinden. Zudem ist die Durchsetzung der Rechte bei ausländischen Großhändlern oft schwierig.

Markenprodukte sollten nur von einem lizensierten Großhändler erfolgen, der einen serösen Eindruck macht. Schlau machen können sich Händler beispielsweise im Internet, wo regelmäßig Listen von „schwarzen Schafen“ der Branche veröffentlicht werden.

Fazit

Wer Plagiate an- und verkauft muss mit hohen Kostenforderungen der Markenrechtsinhaber rechnen. Zudem stehen neben einer strafrechtlichen Verfolgung auch die Ansprüche der verärgerten Kunden im Raum.

Bestehen Zweifel an der Echtheit der gelieferten Produkte, insbesondere schlechte Qualität oder auffallend geringer Preis ist Vorsicht geboten. Dann sollte genau geprüft werden, bei wem man seine Produkte gekauft hat, noch einmal beim Lieferanten oder gar Markenrechteinhaber nachgefragt werden. Weicht der Großhändler aus oder gibt an, die Ware selbst „vom Werk“ oder aus Asien zu importieren liegt eine Markenverletzung nahe und der Weiterverkauf der Artikel muss gestoppt werden.

Haben Sie ein Abmahnung erhalten, sollten Sie dringend einen Rechtsbeistand suchen, der den Sachverhalt prüft und das weitere rechtliche Vorgehen mit Ihnen abwägt.

 

 

 

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