Amazon räumt sich bei der Darstellung von Angeboten großen Spielraum ein: Die Daten, die der Händler beim Einstellen der Angebote eingibt, betrachtet Amazon dabei seit kurzem ganz offiziell lediglich als Vorschlag. Der Marktplatz selbst behält sich vor, die Darstellung zu optimieren. Das bedeutet in der Praxis, dass in der Beschreibung, obwohl der Händler Inhaber der Buy-Box ist, keine einzige seiner eingegebenen Daten zu finden ist (wir berichteten).

Wie uns nun durch einen Händler zugetragen wurde, besteht der Verdacht, dass Amazon eigenständig Artikelüberschriften ändert. Die ursprüngliche, seit Jahren verwendete, Überschrift lautet:

„Produkt X aus Material Y”

Die Überschrift wurde wie folgt verändert:

„Produkt X, 12 Stück”

Geliefert wird natürlich weiterhin nur ein Stück und nicht zwölf; der Kaufpreis blieb der gleiche (mehr dazu). Wie ist die Sache aber rechtlich zu bewerten?

Unzufriedene Kunden, schlechte Rezensionen

Die offensichtlichste Konsequenz sind natürlich unzufriedene Kunden. Hier sind aber nicht nur entsprechende, schlechte Rezensionen das Problem: Der Kunde hat mit dem Händler einen Kaufvertrag über die Lieferung von zwölf Stück abgeschlossen. Erhalten hat er allerdings nur eines. Das bedeutet, dass der Kunde hier einen Anspruch auf Erfüllung des Kaufvertrages hat.

Möglich wäre hier zwar eine Anfechtung wegen eines sogenannten Erklärungsirrtums nach § 119 BGB; problematisch an dieser Stelle ist aber, dass der Händler eben aufgrund des Prinzips bei Amazon Überwachungspflichten hat. Der Erklärungsirrtum zielt allerdings auf eine Konstellation ab, bei der der Händler ein Angebot erstellt, sich dabei vertippt und den Irrtum erst bemerkt, wenn der Kunde die Ware möchte.

Hinzu kommt noch, dass für den Fall, das beispielsweise in der Überschrift „12 Stück” und in der Beschreibung „ein Stück” steht, auch noch eine irreführende Werbung angenommen werden kann.

Überwachungspflichten der Händler

In der Vergangenheit haben sich bereits mehrere Gerichte mit den Überwachungspflichten der Händler auf Amazon auseinandergesetzt: Knackpunkt war hierbei vor allem das Prinzip des Anhängens. Produkte sollen im Katalog möglichst nur einmal gelistet werden. Verkauft ein anderer Händler das gleiche Produkt, so wird er als anderer Verkäufer mit auf der Angebotsseite gelistet. Das hat wiederum zur Folge, dass die einzelnen Händler kaum bis gar keinen Einfluss auf den Inhalt der Angebote haben. Haften müssen sie dennoch. Der Bundesgerichtshof hat sogar eindeutig festgestellt, dass der Händler auch dann haftet, wenn Änderungen ohne Ankündigung von einem Dritten vorgenommen werden (Urteil vom 3. März 2016, Az.: I ZR 140/14). Das bedeutet, dass der Händler eine Überwachungspflicht hat. In der Theorie soll er seine Angebote von Montag bis Freitag täglich kontrollieren. In der Praxis ist dieser Aufwand kaum zu bewältigen.

Werden bei den Produkten also Daten geändert, ist der Händler derjenige, der herhalten muss, wenn dabei gegen ein Gesetz verstoßen wird. Es kann also passieren, dass ein Händler für einen Fehler, den ein anderer gemacht hat, abgemahnt wird.

Was also tun?

Ob Amazon tatsächlich hinter den Änderungen der Produktbeschreibung steckt, oder nicht, ist zur Zeit nicht sicher. Sicher ist aber in jedem Fall, dass Händler eine Überwachungspflicht trifft.