Das Telekommunikationsgesetz, kurz TKG, soll den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation regeln, um flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten. Das wird beispielsweise dadurch erreicht, dass die Anbieter von Telekommunikationsdiensten bei der Bundesnetzagentur meldepflichtig sind.
Bescheid aus dem Jahr 2012
Laut dem Rechtsportal Juris hat die Bundesnetzagentur bereits am 02.07.2012 festgestellt, dass der Google-Dienst Gmail eben ein solcher Telekommunikationsdienst sein soll und daher meldepflichtig sei. Google sieht das anders. Hintergrund der Meinungsverschiedenheit ist die Definition der Telekommunikationsdienste. Laut § 3 Nr. 24 TKG sind Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen.
Keine eigenen Signale
Nach dem jahrelangen Streit ist es nun das Oberverwaltungsgericht Münster gewesen, welches sich zur Klärung dieser Frage an den Europäischen Gerichtshof gewandt hat. Dieser hat nun festgestellt: Die Bundesnetzagentur ist im Unrecht. Gmail ist kein Telekommunikationsdienst.
Eigenschaft eines Telekommunikationsdienst ist nämlich die Übertragung von Signalen. Google nutzt für seinen Dienst aber das Internet zur Signalübertragung. Das Unternehmen gibt zwar zu, auch selbst eine eigene Netzinfrastruktur zu betreiben; diese diene aber vor allem datenintensiven Diensten wie Youtube und der Google-Suche. Für Gmail hingegen sei diese Netzstruktur nicht notwendig, auch wenn sie teilweise mitgenutzt werde.
Dass für Gmail teilweise die eigens aufgebaute Netzinfrastruktur genutzt wird, schadet laut dem EuGH hier nicht, denn: Um ein Telekommunikationsdienst zu sein, müsste Gmail einen Internetzugang vermitteln, der ganz oder zumindest überwiegend der Übertragung von Signalen dient. Da Gmail das Google-Netz aber eben nicht überwiegend nutzt, kann es sich auch nicht um einen Telekommunikationsdienst handeln.
Für andere webbasierte Dienste – sogenannte Over-the-Top-Dienste (OTT) –, wie Whatsapp, bedeutet das erst einmal ein Aufatmen: Eine gegenteilige Entscheidung hätte nämlich auch für sie die Aufsicht durch die Bundesnetzagentur bedeutet.
Grundlegender Streit
Dieser Streit mag vielleicht erst einmal nur wie Bürokratie und Zuständigkeitsgezeter wirken; ist er aber so gar nicht: Klassischerweise sind Telekommunikationsdienste Dienste, die Signale übertragen – und zwar eigenständig. Allerdings verschwinden diese Dienste immer mehr aus unserem Alltag. So nutzt beispielsweise kaum mehr einer die klassische SMS. Stattdessen werden Dienste wie Telegram oder Whatsapp verwendet. Diese übertragen aber nicht selbst Signale, wie beispielsweise die Mobilfunkanbieter, sondern nutzen das Internet. Sie sind damit so gesehen unbeteiligte Dritte und damit keine Telekommunikationsdienste.
Wie IT-Rechtsanwalt Christopher Götz gegenüber der Süddeutschen zu Verstehen gibt, kann das zu praktischen Problemen führen. So können Behörden zur Ermittlung von Straftaten zwar via Gerichtsbeschluss einen Zugriff auf die SMS eines Verdächtigen erlangen; nicht jedoch auf dessen Whatsapp-Eingang. „Der Streit um die OTTs ist noch lange nicht beendet", wird der Rechtsanwalt dazu zitiert. Außerdem dürften die OTTs auch nur kurz aufatmen, denn die E-Privacy-Verordnung soll genau diese Dienste einer stärkeren Regulierung unterwerfen.
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Verstehe ich das richtig? Man will das frühere Fehlen einer Datenverschlüss elung bei WhatsApp, welches bis dato lautstark als Datenschutzleck angeprangert wurde, nun aushöhlen und sich per Gesetz durch eine Hintertür Zugang verschaffen?
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