Das sogenannte Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht bot in den letzten Tagen die Steilvorlage für frustrierte Verbraucher. Es prallen zwei Fronten aufeinander, denn Verbraucher werden in ihren Rechten beschnitten, um die Eventbranche finanziell zu unterstützen.
Bundestag beschließt Einschränkung der Verbraucherrechte
Nahezu jede erworbenen Eintrittskarte für Freizeitveranstaltungen konnte und kann aufgrund der aktuelle Lage nicht (mehr) eingelöst werden. Die Besitzer der Eintrittskarten waren nach dem eigentlich geltenden deutschen Recht berechtigt, die Erstattung des Eintrittspreises von dem jeweiligen Veranstalter zu verlangen, wenn das Event abgesagt oder verschoben wurde. Weil die Veranstalter aber mit einem erheblichen Liquiditätsabfluss konfrontiert wären, verweigerten sie bislang in vielen Fällen die Auszahlung des Geldes. So wurde beispielsweise Eventim für seinen Umgang mit den Erstattungen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen abgemahnt und nun sogar verklagt. Der Stress mit verärgerten Kunden war so natürlich vorprogarmmiert.
Die Veranstalter werden jedoch durch ein neues Gesetz berechtigt, den Inhabern der Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Der Gutschein kann dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine alternative Veranstaltung eingelöst werden. Der Inhaber des Gutscheins kann jedoch die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn ihm die Annahme des Gutscheins aufgrund seiner persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird.
Erstattung der Vorverkaufsgebühr oft verweigert
So weit so gut. Viele Leser berichten uns aber davon, dass man sich jedoch bei der Rückzahlung der Vorverkaufsgebühren schwer tue. Dies werde zum Teil dadurch begründet, dass die Vorverkaufsgebühr eine Gebühr sei, die der künftige Eventbesucher bereits in Anspruch genommen habe und sie deshalb nicht erstattungsfähig sei. Außerdem ist die Vorverkaufsgebühr als Teil des Verdienstes für die Vorverkaufsstelle bares Geld und sie hätte mit der kompletten Erstattung keinen Gewinn.
Das Gesetz beantwortet diese Frage jedoch recht eindeutig und komplett gegensätzlich in § 5: Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfassen. Hintergrund ist, dass der Inhaber eines Gutscheins durch die Annahme finanziell nicht schlechter stehen soll, als bei der bislang geltenden Rechtslage geschuldeten Rückzahlung. Für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen im Übrigen auch keine Kosten in Rechnung gestellt werden.
Weitere Fragen zur Gutschein-Lösung beantwortet das Bundesjustizministerium auch in einem offiziellen FAQ.
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vielen Dank für die hilfreichen Hinweise. Auch ich gehöre zu den "Gestraften", die offenbar dumm genug waren, Großveranstaltu ngen durch frühzeitigen Ticketkauf überhaupt erst zu ermöglichen und bekomme für einen Ticketkauf im Oktober 2019 nun einen nicht unerheblichen Gutschein ohne jede Entschuldigung, bitte um Verständnis usw. Der Gutschein von myticket im Auftrag von Global Concerts enthält trotz eingereichter Quittung keinerlei Gebühren- oder Kostengutschrif t, enthält auch lediglich die Erwähnung "Covid19" und keinerlei Aufklärung, wie mit dem Gutschein umzugehen ist. Man hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, ein eigenes Formular zu erstellen, es handelt sich um einen sehr spärlich angepassten normalen Kaufgutschein. Die Versand-Mail lautet sogar auf einen Ticketkauf. Der Gutschein entspricht also §5, Abs. 3 und 4, Ziff. 1 und 2 nicht. Ich habe nun zur Nachbesserung aufgefordert und bin gespannt, was kommt. Reservix z.B. hat auf seiner Seite bereits den rechtswidrigen Ausschluss der Gebührenerstatt ung vermerkt und verweist auf die irrige Meinung, es seien hierfür Leistungen seitens Reservix erbracht worden, die nicht zu erstatten sind. Dies aktuell, nachdem die Gesetzeslage wohl geklärt sein sollte. Es bleibt also spannend.
Mit besten Grüßen
Silvia G.
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Wie sieht es mit der Beweislast aus? Muss der Kunde lediglich das Ticket quasi im Tausch gegen Gutschein/Rücke rstattung vorzeigen oder abgeben? Oder kann der Ticketverkäufer eine Kaufbestätigung in Form einer Bestellbestätig ung oder Quittung verlangen?
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Hallo Mirjam,
bisher wissen wir nicht, wie die Praxis das in so einer Situation löst. Frag doch einfach mal beim Veranstalter oder Ticketagentur nach.
Viele Grüße
Die Redaktion
Die Frage bezieht sich auf Unternehmen die Tickets verkaufen aber im Gegensatz zu Eventim kein eindeutiges Branding auf dem Ticket haben, sodass nicht ersichtlich ist, wo das Ticket gekauft wurde.
Über eine Rückmeldung wäre ich sehr dankbar!
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sie schreiben da in einer Antwort:
Hallo Wuensche,
das ist wirklich ärgerlich und keine Seltenheit. Noch einmal: Eine Verschiebung einer Großveranstaltu ng müssen Sie grundsätzlich nicht hinnehmen. Möchten Sie die Karte zurückgegeben, können Sie Eintrittspreis und die Vorverkaufsgebü hren sowie die Versandkosten und weitere gezahlte Gebühren zurückverlangen.
Wieso soll für folgende erbrachten Leistungen das Geld zurückerstattet werden.
Systemgebühr = hier wurde die Karten im System des Veranstalters bearbeitet und vorgehalten
Versandgebühr = hier wurde die Leistung des versendens erbracht
Daher: Die Leistungen wurde im Gegensatz zur Veranstaltung doch erbracht.
Danke für eine Antwort
Ernst
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Antwort der Redaktion
Hallo Ernst,
ganz einfach: Weil Sie für eine Leistung bezahlt haben, die Ihnen nichts bringt.
Beispiel: Sie bestellen Fließen. Diese werden via Spedition auf Ihre Kosten geliefert. Beim Auspacken stellen Sie fest, dass es sich um die falsche Farbe handelt. Wollen Sie jetzt dennoch die Speditionsgebüh ren zahlen? Diese Leistung wurde ja immerhin korrekt erbracht ;)
Mit besten Grüßen
die Redaktion
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ich habe ticketonline.de aufgefordert, mir die verrechneten Gebühren und nicht nur den Ticketpreis zu erstatten.
Folgende Antwort habe ich erhalten:
"vielen Dank für Ihre Anfrage.
Gern erklären wir Ihnen, warum wir bei Veranstaltungsa bsagen oder -verlegungen den Ticketpreis, exklusive der Gebühren erstatten.
Die Gebühren bilden Leistungen ab, die Ticketonline im Zuge des Verkaufs der Tickets bereits vollständig erbracht hat. Für den Betrieb eines Onlineshops sind viele Prozesse und Abläufe nötig. Dazu gehört auch der Einsatz eines umfangreichen Ticketing Systems mit vielen Services zu Sicherheit, Leistungsfähigk eit und zum Schutz unserer Kunden. Mit den Gebühren wird ein Teil dieser Aufwände gedeckt. Daher können wir diese Gebühren nicht erstatten.
Wir hoffen auf Ihr Verständnis für diese Entscheidung."
Wie verhalte ich mich nun richtig?
Mfg
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Hallo,
tatsächlich müssen wir hier auch die kommenden Rechtsprechung abwarten. Wollen Sie schneller einen Erfolg verzeichnen, müssten Sie tatsächlich zum Rechtsanwalt gehen.
Viele Grüße
Die Redaktion
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vielen Dank für diesen erhellenden Artikel. Eine Sache ist aber unklar - bei mir zumindest:
Unter "Erstattung der Vorverkaufsgebü hr oft verweigert" schreiben Sie, "... dass man sich jedoch bei der Rückzahlung der Vorverkaufsgebü hren schwer tue." Im nächsten Abschnitt steht dann aber: "Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebü hren umfassen."
Wat denn nu? "Rückzahlung" oder "Gutschein"? Mein Konzertveransta lter hier in Mannheim schrieb mir zurück, die Erstattung der Vorverkaufsgebü hr (bei zwei Karten immerhin 8,40 €) beziehe sich "nur und ausschließlich" auf die Gutscheinregelu ng. Und da sie mir den Eintrittspreis erstatteten, sei eine Rückzahlung der Vorverkaufsgebü hr nicht vom neuen Gesetz abgedeckt.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Sache klarstellen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Alf Becker
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Hallo Alf Becker,
vielen Dank für das Feedback, gerne nehmen wir uns dem an: tatsächlich sieht die Gutscheinregelu ng die Gutschrift der kompletten VVK vor, die in Form des Gutscheins berücksichtigt werden muss. Entscheidet sich der Händler aus Kulanz für eine Erstattung wird er wohl auch eigene Bedingungen festlegen dürfen. Hierzu gibt es jedoch noch keine Rechtsprechung oä.
Viele Grüße!
Die Redaktion
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der Verkäufer Adticket verweigert die Zahlung der Vorkaufs- und Systemgebühren und verweist darauf, dass die gesetzliche Regelung nur für die Ausstellung eines Gutscheins gilt.
Es wurde von Adticket bereits eine Rückerstattung vorgenommen, jedoch die Vorverkaufs-und Systemgebühren sind einbehalten worden. Worauf kann ich mich bei meiner Forderung gegenüber Adticket beziehen.
Vielen Dank für eine Antwort.
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Hallo Wuensche,
das ist wirklich ärgerlich und keine Seltenheit. Noch einmal: Eine Verschiebung einer Großveranstaltu ng müssen Sie grundsätzlich nicht hinnehmen. Möchten Sie die Karte zurückgegeben, können Sie Eintrittspreis und die Vorverkaufsgebü hren sowie die Versandkosten und weitere gezahlte Gebühren zurückverlangen.
Dies wird auch durch das neue Gutscheingesetz gestützt, wo sich dies direkt im Wortlaut befindet:
“Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebü hren umfassen. Für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden.”
bmjv.de/.../...
Versuchen Sie es ruhig noch einmal und weisen auf diese eindeutige Rechtslage hin.
Beste Grüße!
Die Redaktion
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leider wird nicht explizit darauf eingegangen wie es sich mit der vvk Gebühr bei Erstattung des Kaufpreises verhält.
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Antwort der Redaktion
Hallo Matthias,
auch bei der Erstattung des Kaufpreises dürfen Sie auf die Erstattung der VVK-Gebühr pochen.
Mit besten Grüßen
die Redaktion
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