Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel oder Erotikartikel sind Produkte, die erwartungsgemäß bei einer Rücksendung wertlos für den Händler sind, wenn sie geöffnet oder gar benutzt wurden. Es leuchtet daher ein, die Rückgabe dieser online bestellten Gesundheits- und Hygieneartikel auszuschließen, denn ein erneuter Verkauf ist weder aus unternehmerischer Sicht noch aus gesundheitlichen Aspekten sinnvoll oder denkbar.
Siegelbruch führt zu Vernichtung der Waren
Für Kunden ist eine Anprobe (z. B. bei Unterwäsche) oder ein Austesten (z. B. bei Parfüms) vor der endgültigen Kaufentscheidung durchaus sinnvoll und notwendig. Im Geschäft stehen dafür Umkleidekabinen oder Tester zur Verfügung. Amazon will hier aktuell eine vergleichbare Situation schaffen und verschärft dazu die Situation für Händler. Kürzlich wies uns ein Leser darauf hin, dass Amazon seine Verpackungs- und Versiegelungsanforderungen für sogenannte hygienische und topische Produkte anpassen wird. „Ab April 2021 werden alle hygienischen oder topischen Produkte, die von Kunden zurückgesandt wurden, als nicht verkaufbar gekennzeichnet, wenn sie nicht über ein intaktes Werksiegel verfügen, um sicherzustellen, dass sie nagelneu und ungeöffnet sind oder nie von einem vorherigen Kunden verwendet wurden”, heißt es dazu in der Ankündigung im Seller-Central-Bereich.
Betroffen sein sollen von den neuen Verpackungs- und Versiegelungsanforderungen zum einen hygienische Produkte, „die am menschlichen Körper verwendet werden, einschließlich sensibler Bereiche (z. B. Mund, Augen, Genitalbereich) und an denen beim Zurücksenden noch Spuren (z. B. Speichel, Haare) haften könnten”. Als Beispiele nennt Amazon dafür Rasierapparate, Mundpflegeprodukte, Haut- und Nagelpflegesets, Massagegeräte und Sexspielzeug. Des weiteren fallen unter die neuen Standards sogenannte topische Produkte , also alle Produkte, die auf den Körper aufgetragen werden, z. B. Cremes, Schaum, Gels, Lotionen und Salben, die auf der Haut oder dem Mund verwendet werden.
Für betroffene Händler in dieser Produktsparte hat die Änderung, die ab 1. April 2021 gelten wird, weitreichende Folgen, denn sie müssen zum einen für eine Versiegelung nach den Amazon-Vorgaben sorgen (Beispiele für Siegel). Zum anderen schwebt über ihnen stets das Damoklesschwert des Siegelbruchs, der zur Remission oder Entsorgung führt – offenbar mit höheren Kosten beim Händler. Gelten soll die Maßnahme für FBA-Artikel.
Hygiene- und Gesundheitsschutz geht vor Händlerschutz
Dieses Vorgehen mag auf den ersten Blick durchaus einleuchtend erscheinen. Tatsächlich gehe es nicht um den Schutz der Händler vor dreisten Kunden, habe Amazon auf die Nachfrage des Amazon-Händlers mitgeteilt. Im Vordergrund stehe der Schutz der Käufer, die einwandfreie und unbedenkliche Produkte kaufen können sollen. Die Kunden werden daher auch nicht für die gebrochenen Siegel belangt, so das Feedback, das unserer Redaktion vorliegt.
Amazon schaut die Retouren bei Hygieneartikeln auf Bruch des Siegels an. Konsequenz ist dann nicht etwa, dass die Händler ihr Geld erstattet bekommen. Für diese Produkte muss dann vielmehr ein Remissions- oder Entsorgungsauftrag durch den Verkäufer gestellt werden. Amazon wird zwar weiterhin während der Warenrücksendungen den Schaden prüfen und Verkäufern, die Versand durch Amazon nutzen, erstatten, wenn der Artikel aufgrund eines von Amazon verursachten Schadens zurückgesendet wird, unabhängig davon, ob das Siegel nicht vorhanden ist oder beschädigt wurde, heißt es in der Ankündigung weiter.
„Was für eine Verschwendung, eine ökologische Katastrophe“
Für Händler hat die neue Richtlinie jedoch in den meisten Fällen weitreichende Folgen: „Wir können das Produkt dann nur noch wegschmeissen. Was für eine Verschwendung, eine ökologische Katastrophe. Und der Händler guckt weiterhin in die Röhre”, so die Meinung des Händlers zu den neuen Verpackungsrichtlinien. Wir haben Amazon zu den neuen Maßnahmen um Klarstellung und Feedback gebeten. Bislang haben wir auf unsere Anfrage jedoch keine Antwort erhalten.
Widerrufsrecht trotz Benutzung des Gesundheits- oder Hygieneartikels
Dem Verbraucher steht bei fast allen online abgeschlossenen Verträgen im Grundsatz ein Widerrufsrecht zu. Das ist weitestgehend unumstößlich. Der weitverbreitete Glaube, mit der Benutzung des Artikels sei ein Widerrufsrecht gänzlich ausgeschlossen, hält sich weiterhin standhaft. Man kann dem Gesetz nicht entnehmen, dass ein Widerrufsrecht generell ausgeschlossen sein soll, wenn der Artikel benutzt wurde. Erst, wenn gesetzlich spezielle Ausschluss- und Erlöschensgründe greifen, kann das Widerrufsrecht des Verbrauchers beseitigt werden. Und die gibt es zumindest theoretisch für versiegelte Gesundheits- und Hygieneartikel, wenn das Siegel entfernt wurde. Amazon geht jedoch offenbar ein Stück weiter und wird sich nicht auf diesen Erlöschensgrund berufen, sondern stets zugunsten des Kunden entscheiden. Auch bei gebrochenem Siegel erhält der Kunde sein Geld offenbar erstattet.
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Hallo Wolfang Schmolke,
vielen Dank für das Feedback. Genau die Verpackung ist jetzt der Knackpunkt, denn sobald die nun verpflichtende Versiegelung beschädigt wird, sind die Artikel nicht mehr verkaufsfähig.
Viele Grüße
Die Redaktion
Dass wir diese dann natürlich dennoch nicht mehr als Neuware verkaufen können, wenn diese vom Kunden ausgepackt war, lag und liegt aber auf der Hand. Da hat sich NICHTS geändert, es wird keineswegs in großem Still verkaufbare Ware vernichtet wird.
Neu ist einzig, dass Hygiene-Artikel bereits beim Einsenden in die Amazon-Lager zwingend ein solches Siegel haben müssen. Was eigentlich schon eine Selbstverständl ichkeit hätte sein sollen, aber - das können wir aus der Praxis bestätigen - nicht immer der Fall war.
Neu ist mit dieser Richtlinie einzig, dass Artikel, die OHNE Siegel in die Amazon Lager geschickt wurden, dann an einen Kunden und von dort zurück, auch dann als benutzt deklariert werden, wenn diese vom Kunden nicht geöffnet wurden. Weil dies mangels Siegel ja nicht nachweisbar ist.
Alles in allem ist das also eine sehr sinnvolle Regelung, die die Standards auf Amazon professioneller macht.
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